SZ + Zittau
Merken

Wo es Ruhe, Ritter und Ruinen gibt

Am Rande der Böhmischen Schweiz liegen Geheimtipps, die sich gut erwandern lassen. Teil 2 unserer Serie "Grenzgänge".

Von Irmela Hennig
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Blick in die Böhmische Schweiz und aufs Lausitzer Bergland – vom Wanderweg am Tannenberg (Jedlová) bei Jiøetín ist die Aussicht atemberaubend schön.
Blick in die Böhmische Schweiz und aufs Lausitzer Bergland – vom Wanderweg am Tannenberg (Jedlová) bei Jiøetín ist die Aussicht atemberaubend schön. © Irmela Hennig

1. Der Traum vom Kreuz

Schweißtreibend ist der kurze, aber steil-steinige Aufstieg auf den Jiřetíner Kreuzberg. Keine hundert Meter sind es vom Fuß der Anlage mit den violett blühenden Rhododendren und den drei schlafenden Heiligen aus Stein zur Wallfahrtskapelle auf dem Gipfel. Vorbei geht es an elf kleinen Kapellen. Sie zeigen das Leiden und Sterben des biblischen Jesus. Tausende Besucher pilgern jedes Jahr hier hinauf, suchen innere Ruhe, Antwort auf Lebensfragen, beten um Heilung, Glück, Hilfe.

19.06.2020, mit Redakteurin Irmela Hennig, Teil 2, Kreuzweg in Jiretin pod Jedlouvo, © by Matthias Rietschel; 0172-3511011; Honorarfrei für Produkte von sächsische.de und Sächsischer Zeitung
19.06.2020, mit Redakteurin Irmela Hennig, Teil 2, Kreuzweg in Jiretin pod Jedlouvo, © by Matthias Rietschel; 0172-3511011; Honorarfrei für Produkte von sächsische.de und Sächsischer Zeitung © Matthias Rietschel

Im 18. Jahrhundert entstand dieser geistliche Ort. Sieben Brüder sollen damals die Georgentaler Heimat verlassen haben, weil sie nicht vom evangelischen zum katholischen Glauben wechseln wollten. Doch wegen eines Traumes und weil er sowieso krank war, wurde der jüngste der Männer zurückgeschickt, errichtete ein Kreuz auf dem heutigen Kreuzberg und wurde gesund. Das lockte andere Heilungssuchende an. Der Wallfahrtsort entstand.

Wer vom Marktplatz in Jiřetín pod Jedlovou (St. Georgenthal) mit kostenfreien Parkplätzen zu Fuß die etwa 500 Meter zum Kreuzweg läuft, kommt übrigens an einem Kuriosum vorbei. In einer Gartenmauer befindet sich ein zugemauertes Mundloch von einem der ältesten Stollen der Region – der Eingang zu einem Silberbergwerk.

© Gernot Grunwald

2. Vom Tannenberg zum Raubritternest

Schiller war hier? Nein – nur ein Denkmal erinnert seit 1905 auf dem Gipfel des Tannenberges, tschechisch Jedlová, an den Dichter und Dramatiker. Friedrich Schiller war nie hier. Das hat er gemein mit vielen Sachsen. Denn der Hausberg von Jiřetín pod Jedlovou ist ein typischer Geheimtipp. Dabei kann es die Aussicht vom Turm oder vom Wanderweg am Berghang locker mit der Sächsischen Schweiz aufnehmen und übertrifft das oft wolkenverhangene Riesengebirgspanorama um Längen.Die Böhmische Schweiz, das Lausitzer Bergland, die rauchenden Kühltürme des polnischen Kraftwerkes Turów, kleine Dörfer und große Städte liegen den Wanderern zu Füßen. Über einen grün markierten Weg, durch Wiesen und Wald geht es in einer knappen Stunde von Jiřetín auf 774 Meter Höhe.

© Jiri Stejska

Ein Hochseilgarten auf dem Gipfel ist nur am Wochenende geöffnet; es gibt ein Hotel mit Restaurant. Vom Berg führt ein rot markierter Wanderweg zur Burgruine Tolštejn (Tollenstein). Weil hier einst Raubritter ihr Unwesen trieben, zerstörten Heere des Oberlausitzer Sechsstädtebundes die Anlage 1337 erstmals. Heute gilt sie als eine der am besten erhaltenen Ruinen im Lausitzer Gebirge und hat sogar eine weiße, spukende Frau zu bieten sowie ein Restaurant. Über das idyllische Dörfchen Lesné (von der Straße geht ein Wiesentrampelpfad rechts ab) mit Umgebinde- und Holzhäusern führt der Weg zurück nach Jiřetín. Auch per Rad lassen sich Tannenberg und Ruine erkunden, aber besser über Teerstraßen.

3 In Krásná Lípas ältestem Bau

Als Tor zur Böhmischen Schweiz vermarktet sich das kleine Städtchen Krásná Lípa (Schönlinde) gern. Es hat denn auch ein Regionalmuseum und Infozentrum für das Wandergebiet zu bieten. Doch die Kleinstadt mit 3.500 Einwohnern ist weit mehr als der Eingang zu einem Naturparadies.Oft gut sanierte Umgebindehäuser, Villen im Jugendstil – einige leider recht marode, ein reichlich zehn Hektar großer Park samt Skulpturenkunst, eine prunkvolle Barockkirche und ein Mausoleum vom Ende des 19. Jahrhunderts lohnen den Rundgang. Einkehren können Besucher unter anderem in ein Brauerei-Gasthaus sowie von Donnerstag bis Sonntag in ein Ateliercafé unterhalb der Kirche. 

19.06.2020, mit Redakteurin Irmela Hennig, Teil 2, Kavarna u Frinda in Krasna Lipa, © by Matthias Rietschel; 0172-3511011; Honorarfrei für Produkte von sächsische.de und Sächsischer Zeitung
19.06.2020, mit Redakteurin Irmela Hennig, Teil 2, Kavarna u Frinda in Krasna Lipa, © by Matthias Rietschel; 0172-3511011; Honorarfrei für Produkte von sächsische.de und Sächsischer Zeitung © Matthias Rietschel

Und in die „Kavárna u Frinda“ am Marktplatz. Softeis, Kaffees, Kuchen und Torten gibt es in diesem Café, das sich im ältesten Gebäude Krásná Lípas befindet. Entstanden Anfang des 18. Jahrhunderts, sollen hier einst bedeutende Wundärzte gewohnt haben. Benannt wurde es nach dem Schönlinder Maler August Frind. Geöffnet ist das Café samt Garten von 9 bis 17 Uhr.Aus Richtung Jiřetín kommend, empfiehlt sich die Anfahrt nach Krásná Lípa über Rybnište. Ab dem Kulturni dům (Kulturhaus) gibt es bis kurz vor dem Zentrum links und rechts einige kostenlose Parkplätze.

4. Im Rumburker Haus der Heiligen Familie

Gelb-weiß gestrichene Wände, keine Verzierungen, keine Bildnisse – von der Straße aus betrachtet wirkt das ehemalige Kapuzinerkloster in Rumburk (Rumburg) richtig unscheinbar.Und doch kommen jährlich über 12.000 Besucher auf das Gelände. Darunter sind zunehmend Deutsche, wie Mitarbeiter vor Ort immer wieder gern betonen. Deswegen gibt es umfangreiche Informationen in dieser Sprache.

© Irmela Hennig

Der Grund für den Zuspruch: Das Gebäudeensemble mit Wurzeln im späten 17. Jahrhundert birgt hinter seinen schlichten Mauern ein Stück Italien. Oder besser, einen Nachbau dessen. Ab 1704 ließ der Diplomat und Landbesitzer Anton Florian, Fürst von Liechtenstein, hier eine Loretokapelle errichten. Das Original steht im italienischen Wallfahrtsort Loreto bei Ancona. Es ist ein Sakralbau, der das Haus der Heiligen Familie von Nazareth, also von Josef, Maria und Jesuskind, darstellen soll. Über 50 solcher Loretokapellen gibt es in Deutschland, um die acht sind es in Tschechien.

In Rumburk können sich Besucher zusätzlich einen Kreuzgang, eine Kirche (in der Weihnachtszeit mit Krippenausstellung), eine Wallfahrtskapelle und eine Heilige Stiege anschauen. Letztere erinnert an die Treppe im Palast des einstigen Jerusalemer Stadthalters Pontius Pilatus, die Jesus Christus hochstieg, um sein Todesurteil zu erfahren. Die Anlage in der Straße Třída 9. května 149/27 ist ganzjährig geöffnet. Derzeit empfiehlt es sich, einen Mund-Nasenschutz mitzubringen – er ist eigentlich Pflicht.

Mehr Nachrichten aus Löbau und Umland lesen Sie hier.

Mehr Nachrichten aus Zittau und Umland lesen Sie hier.