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Die Last mit den Altlasten

In Neugersdorf sind immer noch Schadstoffe von der Textilindustrie im Grundwasser. Einige Einwohner sollten deshalb kein Brunnenwasser nutzen.

Von Romy Altmann-Kuehr
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Gießen mit Wasser aus dem Brunnen? In Neugersdorf ist das nicht überall eine gute Idee. Denn es gibt Schadstoffe im Grundwasser.
Gießen mit Wasser aus dem Brunnen? In Neugersdorf ist das nicht überall eine gute Idee. Denn es gibt Schadstoffe im Grundwasser. © dpa/Symbolfoto

In Neugersdorf hat die Textilindustrie, die einst Tausende Menschen im Oberland ernährte und die mit der Wende zu Beginn der 1990er Jahre wegbrach, bis heute Spuren hinterlassen. Das Grundwasser ist nach wie vor belastet mit Schadstoffen, die von den ehemaligen Textilbetrieben stammen. Das geht aus dem aktuellen Regionalplan-Entwurf hervor. Der Regionalplan beschreibt die Entwicklung der Oberlausitz für ungefähr die nächsten zehn Jahre und setzt Ziele, was in der Region erreicht werden soll. 

Demnach gibt es im Südkreis noch zwei Standorte mit problematischen Grundwasserwerten. Zum einen in Hirschfelde, dort rührt das vom früheren Kraftwerk her. Der Stadtteil Neugersdorf, so stellt der Regionalplan fest, ist wegen der zahlreichen ehemaligen Industriestandorte und Altdeponien ebenfalls betroffen. Belastungen im Grundwasser sind nachgewiesen worden.

Besonders im südwestlichen Stadtgebiet sind deutliche Grundwasserschäden festgestellt worden. Der Regionalplan stuft das Areal deshalb als Grundwasserschadensgebiet ein. Das bedeutet: das Grundwasser steht unter Beobachtung, wird regelmäßig geprüft und die Schadstoffe sollen beseitigt werden. 

Doch was bedeutet das für die Menschen vor Ort? Was hat das belastete Grundwasser für Auswirkungen? Und wie kann es wieder ins Lot kommen?

In welchem Bereich gibt es belastetes Grundwasser?

Das westliche Stadtgebiet von Neugersdorf wurde im Regionalplan als sogenanntes Grundwassersanierungsgebiet ausgewiesen. Hier bestehe ausdrücklich Handlungsbedarf. In diesem Bereich gab es besonders viele ehemalige Industriestandorte.

Der Schwerpunkt konzentriert sich auf die Flächen der ehemaligen Textilreinigung und Reißerei Neugersdorf, teilt das Umweltamt beim Landkreis Görlitz auf Nachfrage mit. Dort befindet sich heute die Zittauer Bildungsgesellschaft (Zibi) mit dem Ausbildungszentrum an der Hauptstraße. 

Womit ist das Grundwasser belastet?

Hauptsächlich sind es sogenannte LHKW, die im Grundwasser noch vorhanden sind. Das bedeutet: leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe, im Einzelnen vor allem  Trichlorethen und Tetrachlorethen, informiert das Umweltamt auf Nachfrage der SZ. Diese Stoffe wurden bei der Textilreinigung eingesetzt. LHKW sind aber auch Bestandteil  zum Beispiel in Lösungsmitteln. Die Stoffe gelten als giftig und auch krebserregend. 

Was wird dagegen getan?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Sanierung. Am Standort der ehemaligen Textilreinigung in Neugersdorf wird kontaminiertes Grundwasser zutage gefördert und über eine Filteranlage geklärt, erläutert das Umweltamt, das für die Sanierung der Altlasten zuständig ist. Anschließend können die getrennten Schadstoffe ordnungsgemäß entsorgt und das gereinigte Wasser abgeleitet werden. Zeitweise wurde zusätzlich eine Bodenluftabsaugung betrieben. Dabei wurden die Ausgasungen der Schadstoffe in die Bodenluft abgesaugt und die abgesaugte Luft dann mittels Aktivkohlefilter gereinigt, erklärt das Umweltamt. 

Derzeit gibt es in Neugersdorf auch eine Messstelle an der ehemaligen Chemischen Reinigung.  Dort wird das Grundwasser mehrmals im Jahr überprüft. Generell werden die Grundwassermessstellen neu angelegt oder auch bestehende Brunnen genutzt. 

Im Zuge der Regionalplanung, die gerade überarbeitet wird, soll die Lage in Neugersdorf erneut geprüft und bewertet werden. Das Umweltamt hofft, dass sich die Werte inzwischen verbessert haben und das dann im neuen Regionalplan auch bereits ausgewiesen werden kann. 

Wann werden die Altlasten verschwunden sein?

Ob die Schadstoffe komplett aus dem Grundwasser verschwinden, ist unklar. Das sei nicht in allen Fällen vollständig möglich, teilt das Umweltamt des Landkreises mit. Grundsätzlich wird bei der Altlastensanierung auf einen bestimmten Zielwert hingearbeitet.

Dieser Wert leitet sich unter anderem daraus ab, was die technischen Möglichkeiten hergeben, um Grundwasser oder Böden zu säubern - und daran, wie die sogenannten Schutzgüter, also Grundwasser oder Boden, genutzt werden. Restbelastungen mit Schadstoffen sind erlaubt, wenn es keine negativen Auswirkungen gibt. Wichtig ist zum Beispiel die Frage: Muss Trinkwasserqualität erreicht werden? Das ist in Neugersdorf nicht der Fall. Eine Restbelastung darf deshalb bleiben. 

Hat die Belastung Auswirkungen auf's Trinkwasser?

Das Trinkwasser ist von der Grundwasserbelastung nicht berührt, heißt es auf Nachfrage vom Wasserversorger Sowag. Die Sowag gewinnt ihr Trinkwasser, mit dem sie die Abnehmer versorgt, nicht aus diesem betreffenden Grundwasserfeld in Neugersdorf, erklärt Andrea Patsch von der Sowag. Das Wasser kommt für die Neugersdorfer aus einem Gebiet in Oberoderwitz. 

Allerdings sollen im westlichen Stadtgebiet von Neugersdorf keine Hausbrunnen genutzt werden, teilt das Landratsamt mit. "Auch, wenn das Brunnenwasser nicht zur Trinkwasserversorgung dient", heißt es vom Umweltamt. Bedeutet: den Garten mit Brunnenwasser gießen empfiehlt sich hier nicht. Im restlichen Gebiet von Neugersdorf seien laut Auskunft von der Umweltbehörde keine Einschränkungen durch kontaminiertes Grundwasser bekannt.

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