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Karl-May-Stiftung reaktiviert den alten Museumschef

Renè Wagner soll die Wogen glätten. Doch in der Museumsbelegschaft rumort es weiter. In sechs Wochen gibt es die große Tagung.

Von Peter Redlich
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Renè Wagner führt übergangsweise das Karl-May-Museum. Der Stiftungsvorstand hat ihn eingesetzt.
Renè Wagner führt übergangsweise das Karl-May-Museum. Der Stiftungsvorstand hat ihn eingesetzt. © Alexander Schröter

Radebeul.  Eigentlich sollte am Dienstagvormittag das Kriegsbeil begraben werden. Der Vorstand der Karl-May-Stiftung wollte sich mit der Belegschaft des Radebeuler Museums treffen und einen Ausweg aus der Krise suchen.

Die Krise entwickelte sich in den letzten Tagen, nachdem der bisherige Museumschef Christian Wacker gekündigt hatte. Mit seiner offiziell bekanntgegebenen Kündigung verschickte Wacker öffentlich eine Begründung zu seinem Weggang. Darin warf er dem Vorstand der Stiftung vor, ihn zu wenig in die Beratungen zu den Neubauplänen einbezogen zu haben. Außerdem kritisierte er, dass beinahe drei Jahre nichts zur Finanzierung des Neubaus Karl-May-Museum vorangegangen sei. Selbst Mobbing warf er einzelnen Vorständen vor. Seitens des Vorstands wiederum gab es Kritik an der Kritik, die – so die Vorstandssicht – nicht öffentlich ausgetragen werden sollte.

Die Belegschaft des Museums stellte sich daraufhin geschlossen hinter ihren bisherigen Museumschef und sagte, dass sie den Vorstand der Stiftung nicht mehr anerkennen würde. Allerdings ist genau dieser Vorstand, die Stiftung überhaupt, der Träger des Museums, also der Arbeitgeber der derzeit 19 Mitarbeiter.

Mit Überraschungsgast

Am Dienstagvormittag um elf Uhr trafen sich also die Stiftungschefs – Radebeuls OB Bert Wendsche (parteilos), der Radebeuler Rechtsanwalt Klaus Voigt, Ralf Harder aus Hohenstein-Ernstthal und Thomas Grübner aus Dresden – mit der Belegschaft im Karl-May-Museum. Ein Überraschungsgast war noch dabei: René Wagner, der Ende 2013 geschasste Chef des Museums.

Kurz vor dem Wochenende, so erfuhr die SZ, ist Wagner von den Stiftungsvorständen gefragt worden, ob er übergangsweise das Museum wieder führen würde. Wagner ließ sich breitschlagen, obwohl ihn genau ein Teil dieser Stiftungsleute vor reichlich sechs Jahren gegen seinen Willen abberufen hatte.

Am Dienstagnachmittag veröffentlichte dann der Stiftungsvorstand eine Pressemitteilung. Darin hieß es: „Vorstand und Kuratorium hatten in ihren Sitzungen am 12. und 13. Mai 2020 entschieden, die im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Abgang von Herrn Dr. Wacker als Geschäftsführer von Karl-May-Stiftung und Karl-May-Museum gGmbH öffentlich erhobenen massiven Vorhaltungen vorbehaltlos aufzuklären und erst auf dieser Grundlage dann personelle Veränderungen im Vorstand vorzunehmen. Dem soll die nächste planmäßige Kuratoriumssitzung am 27. Juni 2020 dienen.“

Inzwischen hatte der verbliebene vierköpfige Vorstand in seiner Sitzung am 12. Mai für diese Übergangszeit Bert Wendsche als Vorsitzenden bestimmt. Parallel wurde in einer weiteren Vorstandssitzung am Dienstagmorgen René Wagner einstimmig zum Interimsgeschäftsführer bestellt, so die Information.

Damit sei eine Person gewonnen worden, die jahrelang selbst die Geschicke des Karl-May-Museums geleitet hat, die weiterhin gut in der Karl-May-Szene und im Kuratorium vernetzt ist und die Karl May in all seiner Vielfalt genau kennt, so der ebenfalls interimsmäßig die Stiftung führende Vorsitzende Bert Wendsche.

Herr Wagner habe sich bereit erklärt, diese Position bis zum 30. Juni unentgeltlich zu übernehmen, heißt es weiter in der Pressemitteilung. Er unterstütze damit zugleich das Karl-May-Museum in einer vor allem auch durch Corona wirtschaftlich schwierigen Zeit. Zugleich sei Christian Wacker als Geschäftsführer abberufen worden.

Die Abberufung ist Wacker am Dienstag in Radebeul übergeben worden. Zugleich, so erfuhr die SZ, soll ihm vom Stiftungsvorstand eine Unterlassungserklärung überreicht worden sein. Der Kern dieser: Er darf seine Kritik an der Stiftung und dessen Vorstand nicht mehr weiter behaupten und verbreiten.

René Wagner selbst sagte auf Nachfrage der SZ, was er denn jetzt bewirken könne: „Wir müssen einen Konsens finden. Ich habe mich mehr als die Hälfte meines Arbeitslebens für dieses Museum und Karl May eingesetzt. Ich will jetzt nicht zusehen, wie das den Bach runtergeht.“ Wagner soll vor allem zwei Dinge in den nächsten Wochen bewältigen. Zum einen braucht die Stiftung im Museum einen Mann, der als Geschäftsführer zeichnungsberechtigt ist, dem es erlaubt ist, Bankvollmachten zu unterschreiben. Es geht um ordnungsgemäße Abschlüsse der Museumsjahre 2018 und 2019, sagt Wagner.

Was aber mindestens genauso wichtig ist – es müssen die Wogen zwischen dem Stiftungsvorstand und der Belegschaft geglättet werden. „Von der jetzigen Belegschaft kenne ich maximal die Hälfte“, sagt der ehemalige und wieder engagierte Museumsleiter. Wacker hatte junge Leute eingestellt und ein modernes Museumsmanagement, mit vielen gemeinsamen Gesprächen und auch neuen Auftritten des Museums, eingeführt.

Aus der Belegschaft allerdings erfuhr die SZ, dass sie mit der Blitzlösung René Wagner nicht einverstanden sei. Kein schönes Treffen, hieß es. Wagner sei bei der Zusammenkunft eher hilflos aufgetreten. Am Dienstagabend wollte sich die Belegschaft in einem gemeinsamen Schreiben an das Kuratorium der Karl-May-Stiftung – der die Aufsicht hat – wenden.

Grundstückskauf wackelt wieder

Ob es in dem Schreiben auch weitere Vorschläge zum künftigen Vorgehen gibt, blieb bei Redaktionsschluss noch offen.

René Wagner wolle jetzt nicht täglich an seinem Interimsarbeitsplatz erscheinen, sondern Termine zu Themen ausmachen, sagte er der SZ.

Stiftungschef Bert Wendsche sagte zu den Beweggründen, auf die Schnelle den alten Direktor wieder zu installieren: „Mit René Wagner und seiner Reputation in der Karl-May-Szene wollen wir einen gemeinsamen Weg finden – auch mit der Belegschaft des Museums.“

Wie dieser Weg aus der Krise des Karl-May-Museums und der Stiftung als Träger aussehen soll, das könnte dann aus einer ganztägigen Beratung am 27. Juni mit dem Kuratorium hervorgehen.

An diesem Mittwoch ist allerdings das Thema Grundstückskauf an der Meißner Straße für den Neubau des Karl-May-Museums erneut auf den Stadtratstischen. Teile des Rates hatten sich gegen den fast eine Million Euro teuren Kauf gewandt. OB Wendsche hatte dazu bereits gesagt, dass mit dem Scheitern des Kaufes das ganze Neubauprojekt aussichtslos sei.

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