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Komplett auf null runtergefahren

Corona zwingt auch die Großenhainer Schützenhaus-Eventgroup zum Stillstand. Chef Thomas Krause ärgert sich aber über etwas Anderes noch viel mehr.

Von Thomas Riemer
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Thomas Krause, Chef der Schützenhaus-Eventgroup in Großenhain: "Wir wollen eine Perspektive sehen", sagt er mit Blick auf vermeintliche Angebote aus der Politik.
Thomas Krause, Chef der Schützenhaus-Eventgroup in Großenhain: "Wir wollen eine Perspektive sehen", sagt er mit Blick auf vermeintliche Angebote aus der Politik. © Kristin Richter

Großenhain. Mückenschänke, Schützenhaus, Remontehalle, Schloss Schönfeld - die Besucherstühle sind verwaist. Ob das Großenhainer Naturerlebnisbad pünktlich am 15. Mai öffnen darf - großes Fragezeichen. "Wir sind im Stillstand seit dem 12. März", sagt Thomas Krause. An diesem Tag hat der Chef der Schützenhaus-Eventgroup sein Unternehmen "auf null runtergefahren". Inklusive von Aushilfen und Pauschalisten hat er sämtliche Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. 

"Die Gesundheit steht im Vordergrund, keine Frage", sagt Krause. Dass Gaststätten, Hotels auch nach den Corona-"Lockerungen" geschlossen bleiben müssen, habe ihn nicht überrascht. Besonders schmerzvoll: Auch Großveranstaltungen wie Konzerte und Festivals dürfen bis mindestens 31. August nicht über die Bühne gehen. Und davon hatte die Eventgroup wie in jedem Jahr einige geplant.

Normalerweise tummeln sich auf der Terrasse der Mückenschänke zu dieser Jahreszeit Dutzende Besucher, um ein Eis zu schlecken, sich bei Bier oder Kaffee zu treffen. Zum Gespräch mit der SZ holt Thomas Krause drei Stühle aus dem Lager, stellt sie im Halbkreis und mit gebotenem Abstand auf. "Für mich ist zurzeit jeden Tag Sonntag", sagt er mit nachdenklichem Blick in Richtung Stadtpark. 

Die Idylle trügt ein bisschen, denn der Schützenhaus-Wirt macht sich viele Gedanken um die Zukunft. Nicht nur die seines Unternehmens, sondern aller Betriebe der Gastro- und anderen Branchen. "Wir wollen eine Perspektive sehen", fordert er in Richtung Politik. Seine Kritik richtet sich da vor allem an die vermeintlichen "Unterstützungen", die in Aussicht gestellt wurden. Es könne doch wohl nicht sein, die Unternehmen jetzt mit Krediten abzuservieren. "Es ist abstrus, uns so etwas anzubieten", so Krauses Credo. Stattdessen müssten nach seinem Dafürhalten Zuschüsse in Form von Soforthilfen auch für größere Firmen her. Und das - bitteschön - für alle, also Einzelhändler und Dienstleister.

Thomas Krause hat ausgerechnet: Zur Überbrückung der Schließzeit muss er monatlich rund 20.000 Euro aufbringen. Seit vier Wochen hat er keine Einnahmen. Trotz frühzeitiger Antragstellung sei für seine Mitarbeiter noch kein Kurzarbeitergeld angekommen. "Eine untragbare Situation", kommentiert der 57-Jährige. Und er mag sich gar nicht vorstellen, wie es einigen Gastro-Kollegen anderswo, zum Beispiel in Dresden, geht, die zum Teil hohe Mieten für ihre Einrichtungen zahlen müssen. "Die stehen mit dem Rücken zur Wand", so seine Vermutung.

In den letzten Wochen musste Thomas Krause viele besorgte Anrufe beantworten. Zumeist waren es Stornierungen von Bestellungen. Seine Erfahrung: "Die Leute sind todunglücklich, wollten Jugendweihen, Schulabschluss feiern." Besonders schmerzen die Veranstaltungsverbote bis Ende August. "Junge Leute wollen doch ihre Jugend erleben. Das ist für diesen Sommer alles gekappt", so Krause. Sein Blick wirkt für einen kurzen Moment leer - und traurig.

Und doch glaubt er an eine Zukunft nach dem Coronavirus. Anders als Kollegen aus der Branche hat er einen Bring- oder Abholservice für Speisen von Anfang an verworfen. Von "Zwischenlösungen" hält er wenig. Eine Familienfeier mit 40 Personen auf zehn Vierer-Tische zu verteilen, sei nicht Sinn der Sache, sagt er schmunzelnd. "Hinter den Kulissen" bastelt Thomas Krause zusammen mit seinem Team an der Zeit nach dem Virus. Abgesagte Veranstaltungen in der Remontehalle sind - soweit möglich - in den Herbst oder ins nächste Jahr verlegt worden. Die Mitarbeiter werden wöchentlich über den aktuellen Stand informiert. "Es ist kein Stillstand bei uns. Denn wir müssen planen", sagt Thomas Krause.

Generell ist er ja eine Frohnatur und von Grund auf optimistisch. "Aber was man uns jetzt zumutet..." Krause beendet den Satz nicht. Die "Leere-Stühle-Aktion" vom Freitag vor der Dresdner Frauenkirche passt ins Bild. Sicher seien Hotels und Restaurants aus jetziger Sicht nicht unbedingt systemrelevante Zweige. "Wir wollen nicht jammern, aber wir wollen gehört werden", macht der Großenhainer klar. Und ergänzt nochmals: "Mit Krediten kann man das nicht lösen." Sein Ziel: Das Ganze überstehen, die Einrichtungen erhalten und die Mitarbeiter spüren lassen, dass ihnen geholfen wird. "Und das Wichtigste für mich: Es darf sich an dieser Situation niemand bereichern", sagt Thomas Krause. Sein Blick ist da wieder zur Sonne gerichtet.

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