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„Mich kocht keiner mehr weich“

Er ist der einzige parteilose Kandidat zur Bürgermeisterwahl in Heidenau. Das sieht Uwe Dreßler als sein Plus. Was er damit erreichen will.

Von Heike Sabel
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Uwe Dressler (parteilos) vor dem Rathaus in Heidenau. Der ehemalige CDU-Lokalpolitiker will sich für das Bürgermeisteramt in Heidenau bewerben.
Uwe Dressler (parteilos) vor dem Rathaus in Heidenau. Der ehemalige CDU-Lokalpolitiker will sich für das Bürgermeisteramt in Heidenau bewerben. © Daniel Schäfer

Die Heidenauer haben am 1. September die Wahl: Wer ist für die nächsten sieben Jahre ihr Bürgermeister? Zwei Frauen und zwei Männer bewerben sich um das Amt. Neben Amtsinhaber Jürgen Opitz (CDU) sind das Annette Denzer-Ruffani (FDP), Daniela Lobe (Linke) und Uwe Dreßler (parteilos). Mit allen Kandidaten führt die SZ Gespräche. Hier der Auftakt mit Uwe Dreßler.

Wie schwer war es, die Unterstützungsunterschriften für Ihre Kandidatur zu sammeln, Herr Dreßler?

Ich habe mein Netzwerk aktiviert, Zettel verteilt, eine Anzeige geschaltet. Zwei Wochen vor Ende der Frist gab es erst 21 Unterschriften. Aber dann kamen innerhalb von vier Tagen über 70 zusammen, am Ende waren es 96, 16 mehr als notwendig. Nur eine war ungültig, weil diejenige erst seit zwei Wochen in Heidenau wohnt.

Ihre Mitbewerber plakatieren schon fleißig. Wie viel werden sie in der Werbung investieren?

Ich werde mich am Plakatrummel nicht beteiligen. Vielleicht sorgt das ja für Aufmerksamkeit, indem sich die Leute fragen, wo ist denn der Vierte. Ich werde noch eine Postwurfsendung machen. Mehr als 3 000 bis 4 000 Euro investiere ich nicht.

Sie wohnen derzeit in Dresden. Wann ziehen Sie wieder nach Heidenau?

Ich bin nach meiner Scheidung nach Dresden gezogen und arbeite dort unter anderem für eine Bauträgergesellschaft. Wenn ich gewählt werde, ziehe ich zurück nach Großsedlitz, wo ich großgeworden bin.

Sie waren schon mal aktiv in der CDU und im Stadtrat, traten dann aus der Partei aus und tauchten ab. Warum?

Der Hauptgrund für den CDU-Austritt war die völlig verfehlte Flüchtlingspolitik. Für die Kommunalpolitik war der Gymnasiums-Anbau der Auslöser. Der ist zu teuer und noch immer nicht die Lösung des Problems, denn nach wie vor müssen Schüler und Lehrer in die Gleißberg-Grundschule.

Was wäre denn Ihre Lösung?

Es muss anders aussehen. Ich würde einen Architekten dransetzen. Ziel muss sein, dass alle Gymnasiasten Platz haben. Auch die Goethe-Schule muss erweitert werden.

Und die Finanzierung? An der scheiterte der Anbau ja viele Jahre, weil es keine Fördermittel gab…

Das muss man sich dann angucken. Kredite sind im Moment sehr günstig. Das findet sich, wenn man Visionen hat.

Warum sind Sie nun wieder in der Kommunalpolitik aufgetaucht?

Nach 29 Jahren CDU muss es einen Wandel geben.

Mit dem Wandel argumentieren auch Ihre Mitbewerberinnen von FDP und Linken. Was unterscheidet Sie?

Ich bin parteilos. Der Erfolg von Klaus-Peter Hanke in Pirna bestärkt mich. Pirna ist agiler, da ist mehr Demokratie.

Der Pirnaer Oberbürgermeister steht aber auch für die Freien Wähler…

Ich bin richtig parteilos. Mich kocht da niemand mehr weich.

War das der ausschlaggebende Grund für Ihre Kandidatur?

Ich bin überzeugt, als Parteiloser mehr bewegen zu können. Unter einem parteilosen Bürgermeister fühlen sich alle wohler, weil alle auch im Stadtrat mitbestimmen können. Einheitspartei hatten wir früher.

Aber Sie ändern ja als Bürgermeister nicht die Verhältnisse im Stadtrat …

Das nicht, aber den Umgang miteinander. Dazu gehört für mich auch, dass Tarifverträge auch für die städtischen Tochterunternehmen, wie die WVH, gelten. Und mehr Lächeln im Rathaus.

Stichwort Rathaus: Wie kann das ohne Verwaltungsausbildung klappen?

Das stimmt, ich bin kein Verwaltungsfachmann, aber ein guter Bürgermeister definiert sich nicht darüber. Es gibt gute und fachkompetente Leute in der Heidenauer Verwaltung.

Was definiert einen guten Bürgermeister?

Mit voller Kraft für die Einwohner da zu sein, die gewählten Verhältnisse zu akzeptieren und niemanden zu ignorieren. Hinter jeder Partei stehen Wähler mit klugen Köpfen, die sich mit ihrer Wahl etwas gedacht haben. Mit der Wirtschaft in der Stadt im Kontakt sein, vor allem mit Feuerwehr und Polizei sehr eng zusammenzuarbeiten. Das Wichtigste ist, immer nett und freundlich zu sein und zuzuhören und auch konsequent zu sein, wenn es Dinge gibt, die nun mal nicht gehen.

Zum geplanten Industriepark Oberelbe sagen Sie, man solle das nicht so schwarz sehen. Also doch ein Ja für das Großvorhaben?

Nein, es bleibt bei meinem kompletten Nein. Wir müssen statt des Industrieparkes auf den alten Flächen Firmen ansiedeln.

Die Flächen sind jedoch zu klein, wird argumentiert.

Dann können Pirna und Dohna die großen Flächen als Industriepark gestalten. Großsedlitz wird durch ihn zerstört. Deshalb muss das zurückgedreht werden.

Das heißt, Heidenau soll aus dem IPO-Zweckverband austreten?

Ich würde das als Bürgermeister versuchen, muss mich damit aber noch intensiver beschäftigen. Was die Einwohner am meisten stört, ist, dass sie nicht gefragt worden sind. Und wenn es nicht zu verhindern geht, dann muss sicher sein, dass Großsedlitz abgekoppelt wird, also absolutes Durchfahrtsverbot für Lkw.

In Sachen Familienfreundlichkeit wollen Sie Familien von Vereinsbeiträgen befreien. Die sind für die Vereine aber wichtig. Gleichzeitig wollen Sie die Vereine mehr unterstützen. Soll die Stadt dann die Beiträge zahlen oder wie stellen Sie sich das vor?

Darüber muss man nachdenken. Das kostet keine Millionen und Heidenau ist nicht arm. Deshalb sollten auch die Heidenauer Feste wieder von Heidenauer Vereinen organisiert werden. Ohne sie stirbt das Vereinsleben. Und nicht nur die Vereinsbeiträge, sondern auch die Schulspeisung sollte für diese Kinder und eigentlich alle frei sein. Ich habe da so meine Vision.

Ähnlich ist es mit den Wohnungen für sozial Schwache in Seniorenresidenzen. Wie wollen sie die privater Betreiber vom Verzicht auf Miete überzeugen?

Es muss dieses Angebot einfach geben. Und wenn es alle machen, ist die Last gleich verdient. Schließlich verdienen sich die Betreiber eine goldene Nase. Natürlich muss man diese reduzierten Wohnungen nach festen Kriterien vergeben, damit sie wirklich Bedürftige bekommen. Sicher ist das nicht für Heidenau allein zu machen und muss landes- bzw. bundesweit diskutiert werden. 

Sie erwähnen immer wieder Ihre Vision für Heidenau. Welche ist das?

Ich sehe ein Solar-Mehrzweckschwimmbad. Nicht eines wie überall, sondern eines, das durch bewegliche Module etwas Besonderes ist. Hinsichtlich der Energiebilanz und weil es im Winter wie Sommer genutzt werden, dann wird es durch das Hochklappen der Modulwände zum Freibad. Am Ende bringt es durch die Energie auch noch Geld, zum Beispiel für die kostenlose Schulspeisung. Ein Schwimmkraftwerk sozusagen. Manche sagen jetzt vielleicht, der Dreßler spinnt. Aber ohne Visionen ist ein Bürgermeister schon tot.

Ist ein Konkurs ein Plus an Erfahrung oder ein schwarzer Schatten?

Für den Konkurs gab es Ursachen. Ich habe einige Monate Hartz IV bezogen. Dadurch sehe ich manches aus einem anderen Blickwinkel, als wenn man immer volle Taschen und ein großes Auto hat.

Die Interviews mit den weiteren drei Kandidaten folgen. SZ-Forum mit den Kandidaten am Donnerstag, dem 15. August, 18 Uhr, in der Drogenmühle Heidenau.

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