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Ein Rathaus unter Quarantäne

Wegen drei Corona- und 13 Verdachtsfällen muss die Stadtverwaltung Pulsnitz die Arbeit einstellen. Für die Bürgermeisterin eine unhaltbare Situation.

Von Reiner Hanke
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Im Pulsnitzer Rathaus haben sich mehrere Angestellte mit Corona infiziert. Chefsekretärin Christiane Steffen wurde noch nicht positiv getestet.
Im Pulsnitzer Rathaus haben sich mehrere Angestellte mit Corona infiziert. Chefsekretärin Christiane Steffen wurde noch nicht positiv getestet. © Matthias Schumann

Pulsnitz. Chefsekretärin Christiane Steffen tritt am Dienstag mit Mundschutz vor die Pulsnitzer Rathaustür. Die bleibt für jegliche Besucher zu. Ein neues Schild müsse noch angebracht werden, dass auf die aktuelle Corona-Situation in der Behörde hinweise. "Am Dienstagmorgen war ich mit weiteren rund zehn Mitarbeitern in Bautzen zum Corona-Test", berichtet Christiane Steffen.

Schon seit Wochen hat die Stadt Pulsnitz heftige Personalprobleme wegen Krankheiten und Mutterschutz. Nun muss die Verwaltung vorerst komplett geschlossen bleiben, wegen Covid-19-Infektionen unter Mitarbeitern. Drei sind bereits positiv getestet. Bürgerbesuche im Rathaus sind jetzt auch nicht mehr in Ausnahmefällen nach Vereinbarung möglich.

„Corona hat Pulsnitz erreicht!“, stellt Bürgermeisterin Barbara Lüke fest. Den Anfang machte Ende der Vorwoche eine Mitarbeiterin. Seitdem spitzt sich die Situation zu. Die Frau sei mit Kreislaufproblemen auf dem Wettinplatz ins Straucheln geraten. Kreislaufschwierigkeiten gehörten durchaus zu den Corona-Symptomen, so Barbara Lüke. Die Mitarbeiterin sei dann als erste positiv getestet worden. Die Bürgermeisterin selbst war Ersthelferin: „Ich war zufällig in der Nähe.“ Deshalb ist die Rathauschefin jetzt auch daheim in Quarantäne - bis Ende April. Sie wolle die Amtsgeschäfte von zu Hause aus führen.

In Bautzen getestet

Eine Vielzahl von Mitarbeitern seien nun vom Gesundheitsamt bereits kontaktiert worden. Christiane Steffen war mit rund zehn Kolleginnen und Kollegen am Dienstag in Bautzen. Proben wurden aus Mund und Nase entnommen. Außerdem musste sie über ihre Kontakte berichten. Die konkreten Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit der Verwaltung werden erst im Verlaufe der Woche genau zu ermessen sein, schätzt Barbara Lüke ein.

„Zwischenzeitlich sind 16 Stadtangestellte in Quarantäne oder erkrankt.“ Die Rathauschefin betont dabei, dass sich auch ein Teil außerhalb der Verwaltung angesteckt habe. Letztlich würden sich die Fälle dann wie hier beim Arbeitgeber konzentrieren.

Wenn sie alle Meldungen über positiv getestete Pulsnitzer hinzunehme, die aus anderen Teilen der Stadt in der Verwaltung ankommen, könne sie sagen, dass das Virus Pulsnitz erfasst habe. Die Bürgermeisterin spricht noch einen Fall an aus der Kita-Notbetreuung an. Ein Elternteil hatte das Virus, ohne zunächst darüber Bescheid zu wissen. Eine kritische Situation. Das Kind sei natürlich jetzt in Quarantäne: „Die Mitarbeiter der Einrichtung wurden mit negativem Ergebnis getestet. Infektionen haben nicht stattgefunden“, so Barbara Lüke erleichtert: „Wir sind also mit einem blauen Auge davon gekommen.“

Es zeige aber, wie  fragil die Situation ist, besonders auch in der Notbetreuung, und wie wichtig die Schutzmaßnahmen sind, die eine Ausbreitung des Virus verhindern sollen.

Verwaltung kaum noch arbeitsfähig

Im Rathaus solle trotz der angespanten Situation immer noch nicht die komplette Mannschaft auf Covid-19 getestet werden, rügt die Bürgermeisterin. Sie halte es für erforderlich. Bis alle bisherigen Ergebnisse vorliegen, müsse die Stadtverwaltung ausnahmslos geschlossen bleiben. Ist diese überhaupt noch erreichbar? Die Kämmerei sei jetzt ganz stillgelegt. So müssen auch Anträge zur Stundung von Elternbeiträgen  warten. Einzelne Mitarbeiter haben Kontaktsperren zu anderen Kollegen. Bis Mittwoch werde nur  eine Notbesetzung zur Verfügung stehen.

In dieser Krise räche sich die Personal-Sparpolitik zurückliegender Jahre, kritisiert Barbara Lüke. Im Grunde sei die Verwaltung nicht mehr arbeitsfähig: "Die Telefone sind zwar umgestellt, können aufgrund der personellen Situation aber nicht alle bedient werden." Anrufer sollten sich auf Wartezeiten einstellen. Auch wenn das Rathaus nicht leer ist, müssen Bürger damit rechnen, niemanden zu erreichen. 

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