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Sachsen-Bashing? So simpel ist es nicht

Mit seiner Kritik am Tagesspiegel macht es sich Bautzens OB zu einfach – dabei wäre er gerade jetzt als Moderator gefragt, sagt SZ-Redaktionsleiter Ulli Schönbach.

Von Ulli Schönbach
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© SZ/Uwe Soeder

Ein Oberbürgermeister muss für seine Stadt einstehen. Daher ist nachvollziehbar, dass sich Alexander Ahrens zur Berichterstattung im Tagesspiegel positioniert. Allzu einseitig sind aus seiner Sicht zwei Texte ausgefallen, die das Blatt in den vergangenen Tagen veröffentlicht hat. "Bautzen brown under" und „komplett im Arsch“, wie die Grünen-Stadträtin Annalena Schmidt vor einigen Wochen twitterte - so einfach ist es eben nicht. 

Ein Oberbürgermeister sollte aber auch einen klaren Blick für die Probleme vor seiner Rathaustür haben. Unverkennbar nutzen Rechtsradikale, Reichsbürger und Schwurbelheinis aller Art die Corona-Krise für sich aus. Unverkennbar ist Bautzen ein Zentrum dieser Szenerie. Alles nur Sachsen-Bashing, wie Ahrens behauptet - so simpel ist es eben auch nicht.

Kritikern seiner Position hält Ahrens gerne vor: Eine Demokratie müsse auch unbequeme Meinungen aushalten. An sich selbst legt er da offenbar andere Maßstäbe an. Ende Juni wollte er bei einer rechtspopulistischen Kundgebung in Bautzen ein Grußwort halten. Durchaus mit Distanz, wie er betont.

Unnötige Brachial-Rhetorik

Als er dafür kritisiert wurde, war das für ihn nicht weniger als: Verteufelung, das Gegenteil von Meinungsfreiheit, Zensur. Auf die Berichte im Tagesspiegel reagiert er ebenfalls mit Brachial-Rhetorik: Rassismus gegen Sachsen.

Auffällig ist: An anderer Stelle lässt Bautzens OB solche Klarheit vermissen. Ähnlich deutliche Worte in Richtung jener, die Verschwörungstheorien verbreiten oder mit rechtsextremen Symbolen demonstrieren, hört man von ihm kaum. 

Dafür legte er am Wochenende im Streit mit dem Tagesspiegel nach: Auf seiner offiziellen Facebook-Seite veröffentlichte er ein anonymes Schreiben. Zur Sache selbst trägt der Text wenig bei. Der unbekannte Autor nutzt die Bühne, die ihm Ahrens bietet, für persönliche Angriffe gegen den Tagesspiegel-Journalisten und die Grünen-Stadträtin. Den Anstand, zu seiner wortgewaltigen Polemik auch zu stehen, hat er nicht.

Doch nicht nur deshalb ist das Schreiben ein Problem: Die Gräben in Bautzen sind tief. In einer solchen Situation ist Sachlichkeit gefragt, Coolness und die Fähigkeit, Brücken zu bauen. Mit dem Verteilen anonymer Vorwürfe schadet Alexander Ahrens seiner Glaubwürdigkeit. Dabei wäre er gerade jetzt als Moderator gefragt. 

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