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So will Reichenbach raus aus den Schulden

Die Stadt hat eine der höchsten Pro-Kopf-Verschuldungen im Freistaat. Eine Studie, die jetzt im Stadtrat vorgestellt wurde, zeigt mögliche Lösungen auf.

Von Constanze Junghanß
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Beim Bau der Häuser an der Schul- und Mittelstraße 1995 nahm Reichenbach einen Kredit in Höhe von rund 22 Millionen D-Mark auf. Das Geld ist noch lange nicht abbezahlt.
Beim Bau der Häuser an der Schul- und Mittelstraße 1995 nahm Reichenbach einen Kredit in Höhe von rund 22 Millionen D-Mark auf. Das Geld ist noch lange nicht abbezahlt. © Constanze Junghanß

Etwa 50 Seiten stark ist das Gutachten zu Reichenbachs Haushalt. Die Stadt hatte die mehr als 10.000 Euro teure Studie an die Rechtsanwalts- und Steuerkanzlei Petersen, Hardraht Pruggmayer in Auftrag gegeben, damit die Experten eine finanzielle Bestandsaufnahme machen und Möglichkeiten zeigen, wie Reichenbach aus der Schuldenfalle rauskommt.

Klaus Hardraht, ehemaliger sächsischer Innenminister, stellte die Analyse jetzt im Stadtrat vor. Nicht nur rund sieben Millionen Euro sind immer noch an Krediten vom städtebaulichen Projekt „Schulstraße“ offen. Das ist die „Papageiensiedlung“. Da wurden 1995 mehrere moderne Wohnblocks gebaut. Die Stadt hatte dafür einen etwa 22 Millionen D-Mark hohen Kredit aufgenommen. Zwischendurch gab es immer wieder Leerstand. Heute sind die Wohnungen vor allem bei jungen Familien beliebt. Es herrscht wenig Leerstand.

Es gibt aber auch noch einen zweiten großen Posten, wie Hardraht klarstellte: „Bei der Eingemeindung von Sohland 2014 kam noch ein Riesenbetrag an Schulden dazu“, sagte er. Knapp vier Millionen Euro waren das durch eine Kläranlage für das Abwasser. Insgesamt kommt Reichenbach damit auf eine der höchsten Pro-Kopf-Verschuldungen im Freistaat: Fast 2.800 Euro. Als Vergleichssumme nannte Hardraht den Durchschnitt der Pro-Kopf Verschuldung sachsenweit: „Da sind das 710 Euro.“

Mit dem Schuldenberg sind keine großen Sprünge machbar. Ein Bauhof fehlt. Verwaltung und Rathaus sind chronisch unterbesetzt, die Mitarbeiter haben nicht mal Zeit für notwendige Fachfortbildungen. Auch das wurde von Hardraht so eingeschätzt. Nichtsdestotrotz sei Reichenbach nicht gefährdet, „so lange die Kredite noch laufen“, stellte er klar. Ideale Option sei, so machte der Experte deutlich, eine Eingemeindung von Königshain und Vierkirchen.

Dadurch könnten die Zuweisungen vom Freistaat, die jede Gemeinde nach Einwohnerzahlen aufgeschlüsselt erhält, um insgesamt eine halbe Millionen Euro steigen. Bei Vierkirchen sind das 300.000 Euro, bei Königshain 200.000 Euro etwa. Aber: Weder Vierkirchen noch Königshain haben aktuell Ambitionen, so eine Gemeindeehe mit Reichenbach einzugehen. Das hätten die Vorgespräche mit den Bürgermeistern beider Orte so ergeben. Der Vierkirchener Gemeinderat positionierte sich zudem erst kürzlich erneut für die Eigenständigkeit – trotz eigener Haushaltsprobleme.

Gewerbesteuer soll nicht angehoben werden

Während Vierkirchen die Gewerbesteuer anhob, brauchen das die Unternehmen in Reichenbach nicht zu befürchten. Hardraht jedenfalls sagte, eine Anhebung sei auf keinen Fall günstig. Grund dafür: Die Stadt gehörte sachsenweit zu den Spitzenreitern mit ihrem Gewerbesteuersatz in Höhe von 400 von hundert, Stand 2018.

Doch wo soll dann Geld herkommen? Absolute Klarheit brachte da die Studie vorerst nicht. Vielmehr ging es um mögliche Optionen, die ausprobiert werden könnten – ohne Garantie auf hundertprozentigen Erfolg allerdings. Bei den Abwasserschulden durch die Eingemeindung der Rotsteingemeinde soll nun im Nachgang ein so genannter Entschuldungsantrag beim Freistaat gestellt werden. Warum das damals nicht passierte, bleibt offen. Bürgermeisterin Carina Dittrich wird diesen Antrag stellen, wie sie der SZ auf Nachfrage bestätigt.

Auch der Millionenkredit Schulstraße soll mit Unterstützung des Landes bereinigt werden. Kommunen mit besonders schlechter Finanzlage könnten zumindest versuchen, einen entsprechenden Antrag beim Freistaat einzureichen. Landrat und Ministerpräsident sollen dabei helfen, schlug Klaus Hardraht vor. Auch der Kohlefonds könnte eine Rolle spielen. Jedenfalls sollten Anträge zur möglichen finanziellen Unterstützung schnell auf den Weg gebracht werden. Ob das was bringt, wird die Zeit zeigen. Notwendig seien außerdem Investitionen in die Infrastruktur, damit sich Gewerbe ansiedelt und Reichenbach damit auf höhere Einnahmen hoffen kann. 

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