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Putzen in Coronazeiten der große Renner

Sven Laudel machte sich mit seinem Reinigungsunternehmen vor gut einem Jahr selbständig. Bereut hat es der Großenhainer bis heute nicht.

Von Catharina Karlshaus
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Sven Laudel bei der Arbeit: Mit seiner Firma für Gebäudereinigung kommt der Großenhainer zuweilen hoch hinaus. Hier putzt er die oberste Glasfront im Qualifizierungszentrum Riesa.
Sven Laudel bei der Arbeit: Mit seiner Firma für Gebäudereinigung kommt der Großenhainer zuweilen hoch hinaus. Hier putzt er die oberste Glasfront im Qualifizierungszentrum Riesa. © Foto: privat

Großenhain. Um seinen Durchblick dürfte ihn gerade jetzt so mancher Politiker beneiden. Klar, unverstellt und - je nach Auftraggeber - eine gute Sicht in die Ferne. Dazu noch mit Seilen gefeit vorm Abstürzen, aber dennoch in jeder Hinsicht beweglich und vor allem relativ unbeschwert arbeiten könnend. In Corona-Zeiten wie diesen schon fast ein Grund zum in die Hände klatschen - aber die hat Sven Laudel an diesem Morgen gerade nicht frei. Der 39-jährige Großenhainer arbeitet seit früh um sieben gemeinsam mit Marcel Braun und Konrad Mattusch in luftiger Höhe. 20 Meter trennen den Jungunternehmer vom festen Erdboden. 

Allerdings: einen ängstlichen Eindruck erweckt Sven Laudel dabei nicht. Der Familienvater, der sich zum 1. März 2019 mit seiner Firma für Gebäudereinigung selbstständig gemacht hatte, scheint in jeglicher Hinsicht nicht risikoscheu zu sein. Während er vor einem Jahr zugegebenermaßen schon mit Bauchkribbeln in das eigenverantwortliche wirtschaftliche Dasein gestartet sei, gebe es an diesem Tag nun wirklich keinen Grund zur Besorgnis. 

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Die Arbeit an der obersten Glasfront-Fassade des Qualifizierungszentrums Riesa mache sogar großen Spaß. Nicht unbedingt auf jedem der 1.250 Quadratmetern verschmutzter Fläche. „Aber zum großen Teil schon. Die Vielfalt meiner inzwischen ganz unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche ist riesig. Deshalb habe ich den Schritt in die Selbstständigkeit auch nicht bereut“, bekennt Sven Laudel.

 Voll seien die Auftragsbücher, in denen sich Hochhäuser in Leipzig ebenso wieder- fänden wie Schulen, Gebäude der öffentlichen Verwaltung, Kindereinrichtungen, Autohäuser, die Justizvollzugsanstalt Zeithain oder private Haushalte. 

Was ursprünglich mit dem Röderstädter als Ein-Mann-Betrieb begonnen hat, ist inzwischen auf ein Unternehmen mit neun Mitarbeitern angewachsen. Längst gelten seine Dienste im Auftrag der Pflegekassen für Senioren als fester Bestandteil im Portfolio - und wirtschaftlich sichere Bank für Sven Laudel selbst.

Eine, für die er besonders zu Beginn der Coronakrise sehr dankbar gewesen wäre. „Als Stück für Stück das Leben immer mehr zurückgefahren worden ist und viele Industriezweige ihre Arbeit eingestellt haben, bekam ich schon ein wenig Angst, wie es wohl bei mir weitergehen würde“, gibt Sven Laudel unumwunden zu. 

Er macht keinen Hehl daraus, dass er bei der Ausübung seines Berufes natürlich Kontakt mit anderen Menschen haben, ihre Arbeitsplätze oder gar eigenen vier Wände betreten müsse. Nebeneffekte eines professionellen Reinigungsunternehmens, die in Coronazeiten wie diesen gänzlich unerwünscht seien. 

Dass die regelmäßige Säuberung beispielsweise von Schulen wegfalle, sei natürlich für das weibliche Personal ein harter finanzieller Einschnitt. "Das bedauere ich sehr und hoffe im Interesse aller, dass sich die Situation bald wieder normalisiert", erklärt Sven Laudel. 

Umso größer wäre nach gut einer Woche der immer mehr werdenden Beschränkungen dann die Überraschung gewesen, dass die Einschnitte letztlich nicht ganz so groß gewesen seien wie zunächst befürchtet. Ob es nur daran lag, dass die Menschen plötzlich den Blick auf ihren zwangsläufig auserwählten Aufenthaltsort - das eigene Zuhause - legten? Oder Unternehmen, deren Tätigkeit aufgrund der hoch ansteckenden Viruserkrankung ruhen musste, sich spontan für eine  Runderneuerung statt üblicher Produktion entschieden hatten? 

Sven Laudel zuckt nur lächelnd die Schultern. Denn wie dem auch sei. Gerade in den vergangenen Wochen habe sein Laden so richtig gebrummt. Besonders das Putzen von Wintergärten wäre der große Renner gewesen. Dass er dabei mit Mundschutz in den eigenen vier Wänden seiner Auftraggeber vorstellig würde, sei selbstverständlich. Gerade jetzt seiner Arbeit nachgehen zu dürfen, sei momentan ein großes Geschenk. Mit Maske im Gesicht oder in luftiger Höhe - Hauptsache zum vermeintlichen Durchblick verhelfen können. 

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