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Wie Unternehmer um Mitarbeiter bangen

In vielen Firmen der Region arbeiten Kollegen aus Tschechien. Ab Donnerstag dürfen sie nicht mehr pendeln. Ein Werksleiter sagt, was das jetzt bedeutet.

Von Jana Ulbrich
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Über diesen Grenzübergang in Neugersdorf durften Pendler aus Tschechien bisher noch ein- und ausreisen. Ab Donnerstag geht das nicht mehr.
Über diesen Grenzübergang in Neugersdorf durften Pendler aus Tschechien bisher noch ein- und ausreisen. Ab Donnerstag geht das nicht mehr. © Matthias Weber/photoweber.de

Axel Köppe weiß an diesem Dienstag nicht mehr, wo ihm der Kopf steht. Der Werksleiter des Leutersdorfer Textilherstellers Cord und Velveton hat es erst am Morgen erfahren: Ab Donnerstag dürfen nun auch die 13 Mitarbeiter aus Tschechien nicht mehr zur Arbeit über die Grenze kommen.

Die Kollegen aus Polen haben sich schon vorige Woche verabschiedet. "Die mussten wir alle kündigen", sagt Köppe. Ein Teil der hiesigen Mitarbeiter fehlt ebenfalls. Die Kolleginnen und Kollegen bauen Überstunden ab, nehmen Urlaub oder lassen sich unbezahlt freistellen für die Kinderbetreuung zu Hause. "Die Corona-Krise hat uns erreicht, auch ohne dass jemand krank ist", sagt der Werksleiter leise. 

Was das für das Unternehmen bedeutet, ahnt er bereits: "Lange halten wir das nicht mehr durch." Ein Teil der Maschinen in den beiden Leutersdorfer Werken und am Standort in Seifhennersdorf stehen bereits still, weil die Mitarbeiter, die sie bedienen können, nicht da sind. 

"Die Firma arbeitet noch, aber mehr recht als schlecht", sagt Axel Köppe. "Die laufenden Aufträge könnten nicht mehr termingerecht abgearbeitet werden. Da haben wir jetzt schon ganz massive Probleme." Cord und Velveton stellt vor allem Stoffe für Arbeitsschutzbekleidung für die Industrie und das Handwerk her. Das ist zurzeit aber  nicht lebenswichtig. Und deswegen dürfen die Mitarbeiter ihre Kinder auch nicht in die Kita-Notbetreuung bringen.  "Wenn wir Arztkittel oder Atemschutzmasken machen würden, wäre das etwas anderes", erklärt der Werksleiter.

Auf Wohnungssuche für die Tschechen

Jetzt muss er sich um die Kollegen aus Tschechien kümmern. "Wir überlegen gerade, ob wir ihnen Ferienwohnungen besorgen, da dürften ja jetzt viele leerstehen", sagt er. "Dann könnten die Kollegen, die das wollen und können, in Deutschland bleiben und weiterarbeiten.

Von den tschechischen Mitarbeitern weiß der Werksleiter, dass sie in Tschechien sehr schlecht behandelt werden. "Eine Kollegin hat mir erzählt, dass sie jetzt sogar von den Nachbarn gemieden wird, weil alle denken würden, dass sie das Virus aus Deutschland einschleppen." Auch die tschechische Regierung gehe massiv gegen die Pendler vor. 

"Für die Kollegen hat das ganz schlimme Folgen, wenn sie jetzt plötzlich zu Hause bleiben müssen", weiß Köppe. "Sie bekommen in Tschechien nicht so schnell finanzielle Unterstützung. Sie stehen vor einem Nichts. Und das betrifft ja nicht nur unsere 13 Kollegen, das werden Hunderte dramatische Einzelschicksale."

Axel Köppe sorgt sich auch um die Mitarbeiter, die jetzt unbezahlt zu Hause bleiben müssen, um die Kinder zu betreuen. "Was nützt denn der angekündigte Kindergeldzuschuss, wenn sie keinen Lohn bekommen und ihr Arbeitsplatz gefährdet ist?" Der Werksleiter wirkt niedergeschlagen. "Ich weiß nicht, wo das noch hinführt. Ehrlich nicht", sagt er.

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