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Wilsdruffer Foto-Schätze

Der Artur-Kühne-Verein hat 30 000 Negative digitalisiert. Darunter sind wichtige Zeitdokumente, die jetzt gezeigt werden.

Von Maik Brückner
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Jürgen Stumpf, Chef des Wilsdruffer Artur-Kühne-Vereins, ist überglücklich: Der Wilsdruffer Bildjournalist Erhardt Freund hat seinem Verein einen Teil seines Negativarchivs überlassen.
Jürgen Stumpf, Chef des Wilsdruffer Artur-Kühne-Vereins, ist überglücklich: Der Wilsdruffer Bildjournalist Erhardt Freund hat seinem Verein einen Teil seines Negativarchivs überlassen. © Karl-Ludwig Oberthür

Jürgen Stumpf greift in den Kasten, der vor ihm steht, und zieht eine etwas vergilbte Papiertasche heraus. Darin stecken Negative. Obwohl er nicht auf Anhieb sagen kann, was darauf abgebildet ist, würden ihm ein paar Minuten reichen, um das mithilfe seines Laptops herauszufinden.

Doch nicht nur diese Negative sind in einer Datenbank erfasst, sondern auch die, die in den anderen Papiertaschen stecken. Das so zu organisieren, war eine Sisyphusarbeit. Diese habe sich aber gelohnt, sagt der Wilsdruffer, der dem Artur-Kühne-Verein seit dessen Gründung 1992 vorsteht. „Das was wir hier vor uns haben, ist ein Schatz“, sagt der 73-Jährige. Und das ist keine Übertreibung. Denn diese Negative sind wertvoll, viele sind Zeitdokumente.

„Wir haben rund 30 000 Negative“, sagt Stumpf. Aufgenommen wurden sie von Erhardt Freund. Der Wilsdruffer Bildjournalist, der über viele Jahre auch für die Sächsische Zeitung tätig war, hat alles Mögliche fotografiert. Freund war bei Tierschauen, dokumentierte Boxwettkämpfe und Erste-Mai-Aufmärsche, und begleitete mit seiner Kamera den Bau und Abriss von Gebäuden.

Neues Heimatbuch entsteht

Letztlich half das Landesamt für Denkmalpflege. Die Denkmalschützer überließen den Wilsdruffern einen Leuchttisch. Mit Unterstützung von Volker Nacke, der in Wilsdruff mit seiner Firma Cicero & Konkordanz Satz-Grafik-Druck tätig ist, gelang es dem Verein, die Negative schneller zu digitalisieren. Zu viert und fünft traf man sich dazu. „Zwei Vereinsmitglieder packten die Negative aus und legten sie auf. Volker Nacke fotografierte sie, eine oder zwei Vereinsmitglieder packte sie wieder ein.“

Damit die Fotos auch genutzt werden können, mussten sie geordnet und mit Schlagworten erfasst werden. „Das geht am besten mit einer Datenbank“, sagt Stumpf und lächelt. Als promovierter Elektrotechniker, der 20 Jahre beim Informationstechnologie-Anbieter Robotron gearbeitet hat, kennt er sich damit bestens aus. Er legte eine Datenbank an, in der nicht nur die Negativgröße und der Bildinhalt erfasst wurden, sondern auch Schlagworte für eine spätere Nutzung im Buch. Außerdem gibt es zu jedem Negativ noch eine Nummer und ein kleines Vorschaubild. Wenn man drauf klickt, erscheint das Foto groß.

Das Großartige an diesen Fotos ist, dass es noch Zeitzeugen gibt, sagt Stumpf. Sie können dem Verein helfen, zu Informationen zu kommen. Um die „abschöpfen“ zu können, entschied sich der Vorstand, ausgewählte Fotos den Bürgern zu zeigen. Im Herbst fand der erste Lichtbildervortrag statt. Die Resonanz war sehr gut, sagt Stumpf. 60 Wilsdruffer waren der Einladung gefolgt. „Darunter waren nicht nur die Älteren, sondern auch Junge.“ Es dauerte nicht lange, und Alt und Jung kamen ins Gespräch. Das genau war auch gewollt und soll nun wiederholt werden. Der Verein hat weitere Fotos herausgesucht. Diese werden am 26. Februar, 19 Uhr, im früheren Gasthaus Kupferpfanne gezeigt. Vereinschef Sumpf hofft, dass wieder viele Wilsdruffer der Einladung folgen werden. „Leider passen nur 60 Leute in den Raum.“

Hilfe aus Dresden

Wer sich für frühere Fotos aus der Wilsdruffer Kernstadt interessiert, wird bei ihm fündig. Und so kam auch Jürgen Stumpf zu den Negativen. Denn sein Verein beschäftigt sich vor allem mit Heimatgeschichte. Die Heimatforscher legten eine Buchreihe auf, in der sie die Entwicklung der Stadt von der ersten Besiedlung bis zur heutigen Zeit nachzeichnen.

Die ersten beiden Bände sind bereits erschienen. „Wir arbeiten am dritten Band“, sagt Sumpf. Dieser beschäftigt sich mit Wilsdruff in den Jahren zwischen dem Zweiten Weltkrieg und der politischen Wende. Den Heimatforschern war klar, wer ihnen bei der Illustration helfen könne. „Wilsdruff ist überschaubar, man kennt sich“, sagt Stumpf. Er nahm Kontakt zum Bildjournalisten auf. Man traf sich ein paar Mal und einigte sich schließlich. „Erhardt Freund war bereit, uns seine Negative zu überlassen.“ 1 081 Fotomappen wechselten im April 2017 ihren Besitzer. Nach und nach brachte Erhardt Freund Kisten voller Negative zum Verein. Die Hobbyhistoriker erkannten nach der ersten Sichtung schnell, dass diese sehr wertvoll waren. Aber dieser Schatz musste erst gehoben werden, die Negative mussten digitalisiert werden. Doch schon schnell merkten sie, dass es ewig dauern würde, alle 30 000 Negative zu bearbeiten. Und mit dem Dia-Scanner war das nicht anders.

Wilsdruffs früherer Bürgermeister Arndt Steinbach (re.) im Dezember 1992 kurz vor der Exhumierung der auf dem Marktplatz bestatteten sowjetischen Soldaten. (Fotos: Erhardt Freund/Sammlung A.-Kühne-Verein)
Wilsdruffs früherer Bürgermeister Arndt Steinbach (re.) im Dezember 1992 kurz vor der Exhumierung der auf dem Marktplatz bestatteten sowjetischen Soldaten. (Fotos: Erhardt Freund/Sammlung A.-Kühne-Verein)
Wilsdruff besaß ein einst sehr beliebtes Luftbad. Das Bad öffnete 1988 zum letzten Mal, 2007 wurde es abgerissen. Das Foto entstand Anfang der 1960er-Jahre.
Wilsdruff besaß ein einst sehr beliebtes Luftbad. Das Bad öffnete 1988 zum letzten Mal, 2007 wurde es abgerissen. Das Foto entstand Anfang der 1960er-Jahre.
Der Markt war schon zu DDR-Zeit der Dreh- und Angelpunkt des öffentlichen Personennahverkehrs in Wilsdruff. Damals waren aber noch ganz andere Busse im Einsatz.
Der Markt war schon zu DDR-Zeit der Dreh- und Angelpunkt des öffentlichen Personennahverkehrs in Wilsdruff. Damals waren aber noch ganz andere Busse im Einsatz.
Heute geht es am Kampftag der Arbeiter recht ruhig zu. Vor mehr als 60 Jahren war das noch anders. Auch in Wilsdruff gab es eine Maidemonstration.
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Die Polizei, dein Freund und Helfer. Ostern 1974 zeigten diese Volkspolizisten auf der Autobahn bei Wilsdruff, dass das keine Phrase war.
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