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Ärger am Promnitzer Elbdamm

Sieben Jahre nach der Flut könnte der Ort einen besseren Hochwasserschutz bekommen. Doch die Anwohner sind skeptisch.

Von Stefan Lehmann
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Daniel Kühne (mit Sohn Daniel), Maria Rossi, Charlotte Diehm und Waldemar Kowolik (v.l.n.r.) leben am Elbdamm in Promnitz. Der soll saniert werden. Doch dafür muss die Gemeinde in die Grundstücke eingreifen. Das sorgt für Skepsis.
Daniel Kühne (mit Sohn Daniel), Maria Rossi, Charlotte Diehm und Waldemar Kowolik (v.l.n.r.) leben am Elbdamm in Promnitz. Der soll saniert werden. Doch dafür muss die Gemeinde in die Grundstücke eingreifen. Das sorgt für Skepsis. © Sebastian Schultz

Zeithain. Mit einer solchen Reaktion hatte auch der Bürgermeister nicht gerechnet, das gibt er am Ende des Anwohnergesprächs in Promnitz offen zu. Eigentlich waren Ralf Hänsel und weitere Vertreter der Gemeinde Zeithain Mitte Mai in den Ort gekommen, um eine gute Nachricht zu verkünden: Nach bald sieben Jahren könnte die Straße Am Elbdamm endlich wieder befestigt werden, die beim Hochwasser 2013 zerstört worden war. 

Doch statt Freude erntet der Bürgermeister an diesem Tag bestenfalls Skepsis, teilweise offene Ablehnung. Anwohner Daniel Kühne erklärt später, warum. "Es geht schon jahrelang so. Jedesmal heißt es, bald wird gebaut. Passiert ist aber nichts." 

Kosten haben sich mehr als verdoppelt

2013 war der Deich in Promnitz zerstört worden, das Wasser strömte quer zur Fließrichtung zwischen den Häusern durch. Die Straße wurde dabei völlig zerstört. Nach dem Hochwasser ließ die Landestalsperrenverwaltung den Deich mit einer Spundwand notsichern. Die Straße aber blieb eine Schotterpiste. "Wir haben immer gesagt: Das ist eine gewidmete Straße, die auch wieder befestigt und und beleuchtet gehört", erklärt Zeithains Bürgeramtsleiter Holger Koßwig.

Doch die Absprachen mit anderen Behörden verzögerten das Vorhaben. Nach Maßgabe der Wasserbehörde dürfe nur noch am Deich gebaut werden, nicht im Deich. Die Pläne mussten überarbeitet werden - und das Projekt wurde teurer: statt der ursprünglich einkalkulierten 200.000 Euro rechnet die Gemeinde jetzt mit Kosten von alles in allem 420.000 Euro. Mittlerweile ist auch für diese höhere Summe das Fördergeld bewilligt. 

Lehren aus dem jüngsten Hochwasser

Geplant ist dabei nicht nur, die Straße wieder zu befestigen. Gleichzeitig will die Gemeinde auch den Hochwasserschutz verbessern, indem noch eine 40 Zentimeter höhere Kante eingebaut wird, "wohl wissend, dass der Ort sowieso überflutet wird", betont Holger Koßwig. Es geht bei diesem Teil der Maßnahme in erster Linie darum, das Wasser zu lenken - damit es nicht mehr zwischen den Häusern durchfließt. 

Das Mäuerchen ist auch eine Lehre aus 2013: Damals fehlten vor Ort die Sandsäcke. Die notwendigen Helfer stünden erst bei Hochwasser-Stufe IV zur Verfügung, so Koßwig. "Dann ist Promnitz aber schon abgeschnitten." Mit dem stationären Schutz spart sich die Gemeinde die Ressourcen - und kann sie im Katastrophenfall an anderer Stelle einsetzen.

Müssen Terrassen und Balkone weichen?

Was den Anwohnern beim Treffen mit den Gemeindevertretern sauer aufstößt, ist der Kompromiss, den die Gemeinde eingehen musste, um die Sanierung durchführen zu können. Denn eben weil nicht im, sondern nur am Deich gebaut werden darf, müsste für die Baumaßnahme in die Grundstücke der Anwohner eingegriffen werden. Eine Sache, die vielen von ihnen Bauchschmerzen bereitet. Richtung Elbe haben viele von ihnen Terrassen, Balkone oder kleine Gärten angelegt. Anwohner Daniel Kühne fürchtet beispielsweise um seinen Hintereingang. Ein Nachbar glaubt, dass die Mauer das Hochwasserproblem auf seinem Grundstück eher verschärfen würde. 

Manche Anwohner haben bis kurz vor die Grundstücksgrenze Terrassen oder Balkone gebaut - und sorgen sich jetzt darum, dass diese weg müssen. Die Gemeinde versucht, die Bedenken zu zerstreuen. 
Manche Anwohner haben bis kurz vor die Grundstücksgrenze Terrassen oder Balkone gebaut - und sorgen sich jetzt darum, dass diese weg müssen. Die Gemeinde versucht, die Bedenken zu zerstreuen.  © Sebastian Schultz
Der Hintereingang zu Daniel Kühnes Grundstück. Er will den zweiten Zugang behalten, vielen Nachbarn geht es ähnlich. Die Gemeinde hofft, in Einzelgesprächen Lösungen zu finden.
Der Hintereingang zu Daniel Kühnes Grundstück. Er will den zweiten Zugang behalten, vielen Nachbarn geht es ähnlich. Die Gemeinde hofft, in Einzelgesprächen Lösungen zu finden. © Sebastian Schultz

Die Krux: Damit die Gemeinde bauen kann, benötigt sie das Einverständnis aller betroffenen Promnitzer. "Wir sind hier, um dafür zu werben", erklärte Bürgermeister Ralf Hänsel bei der kleinen Einwohnerversammlung. Den Kompromiss habe man mit Müh und Not ausgehandelt, die LTV  deutlich gemacht, dass dies ihr letztes Wort in der Sache sei. "Es muss allen klar sein, dass es nur zusammen geht. Wenn einer ausschert, dann stirbt die Maßnahme." Auch das kommt nicht bei jedem Promnitzer gut an. Man fühle sich unter Druck gesetzt, sagt einer. 

Zeithains Bürgeramtsleiter versucht auf SZ-Nachfrage, die Bedenken der Anwohner zu zerstreuen. Es sei nicht Absicht der Gemeinde, derart in die Grundstücke einzugreifen, dass etwas weggerissen werden muss. Man wolle sich diesbezüglich noch individuell mit jedem der acht betroffenen Hausbesitzer abstimmen. Eventuelle Zusatzkosten, die das verursachen könnte, seien schon einkalkuliert. 

Gemeinde will Einzelgespräche führen

Klar ist aber schon jetzt, dass der Elberadweg auch nach den Bauarbeiten nicht über den Deich führen wird. Die gültigen Bestimmungen ließen das nicht zu. Auch das ist ein Ärgernis aus Sicht der Anwohner. Es komme immer wieder vor, dass Radtouristen den Weg zur Fähre nicht finden, sagt Daniel Kühne. "Wir werden regelmäßig gefragt, weil die Radfahrer an der anderen Seite des Orts lang geschickt werden und von dort die Elbe nicht sehen." In diesem Punkt widerspricht Zeithains Bürgeramtsleiter. "Die Fähre ist sehr gut ausgeschildert." Er vermutet, dass sich in erster Linie diejenigen Radfahrer verfahren, die noch den alten Fährzugang kennen. 

Ob die Promnitzer tatsächlich alle mitziehen, ist offen. Beim Anwohnergespräch fand sich zunächst nur ein lauter Fürsprecher, andere fragten sich, ob das Geld nicht besser für andere Dinge ausgegeben werden sollte. Der Weg zum Fähranleger beispielsweise sei in schlechtem Zustand, sagt Waldemar Kowolik. "Dort sind auf wenigen Metern fünf verschiedene Beläge verbaut." Kowolik glaubt nicht so recht daran, dass am Ende jeder Anwohner zustimmt. Die Gemeinde wird noch Einiges an Überzeugungsarbeit leisten müssen.

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