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Bundesrat stimmt sächsischer Telegram-Initiative zu

Die Länderkammer hat Sachsens Initiative zugestimmt. Hass und Hetze sollen eingedämmt werden - ein persönliches Anliegen für Michael Kretschmer.

Von Thilo Alexe
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Der Messengerdienst Telegram ist in den Fokus der Bundespolitik geraten.
Der Messengerdienst Telegram ist in den Fokus der Bundespolitik geraten. © dpa

Berlin/Dresden. Der Bundesrat hat einer sächsische Initiative zugestimmt, die ein entschiedenes Vorgehen gegen rechtswidrige Inhalte in multifunktionalen Messengerdiensten wie beispielsweise Telegram fordert. Das teilte Sachsens Medienminister Oliver Schenk am Freitag mit.

Im März befasste sich der Bundesrat erstmals mit der sächsischen Initiative. Verschlüsselte Messengerdienste werden nach Ansicht der Staatsregierung "zunehmend für die Verbreitung von strafbaren Inhalten, Verschwörungstheorien und Aufrufen zur Gewalt genutzt", heißt in der Begründung des Antrages. Es komme verstärkt zu Angriffen auf "Personen, die politische Verantwortung wahrnehmen oder sonst im gesamtgesellschaftlichen Interesse in der Öffentlichkeit stehen. Diese Angriffe haben regelmäßig ihren Ausgangspunkt in den sozialen Netzwerken." Bei der Einbringung mahnte Staatskanzleichef Schenk denn auch: "Wer Straftaten begeht, darf sich der Verantwortung nicht entziehen können."

Das Votum der Länderkammer hat empfehlenden Charakter. Der Bundesrat, heißt es im Beschlusstext, "erachtet es für sinnvoll", dass Messengerdienste "von den Regularien des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes erfasst sind". Außerdem erkennt der Rat an, dass Bund und Strafverfolgungsbehörden bereits Schritte unternehmen und auf das Löschen rechtswidriger Inhalte drängen.

Weiterer Punkt: Sachsen drängt in seinem Antrag darauf, dass rasche Strafverfolgung auch dann möglich ist, wenn die Betreiber, ein Teil des Telegram-Entwicklerteams arbeitet offenbar in Dubai, ihren Sitz außerhalb der Europäischen Union (EU) haben und sie strafbare Inhalte wie zum Beispiel Mordaufrufe nicht löschen. Der Bund solle sich bei den Verhandlungen mit der EU für einen gesamteuropäischen Rahmen einsetzen. Bereits im Februar hatte Regierungschef Kretschmer eine europäische Lösung für Telegram angemahnt. Wenn die EU mit knapp 500 Millionen potenziellen Nutzern "einen gemeinsamen Antritt macht", werde sich auch diese Plattform "unseren rechtsstaatlichen Regeln" unterwerfen.

Persönliches Anliegen für Michael Kretschmer

Die Emotionalität des Ministerpräsidenten ist noch gut in Erinnerung. Es war Anfang Dezember spätabends im ZDF, als Michael Kretschmer die Regulierung des Messengerdienstes Telegram verlangte. In der Talkshow von Maybrit Illner forderte der Christdemokrat den damals noch designierten FDP-Justizminister Marco Buschmann zum Handeln auf. In extremistischen und radikalen Gruppen mit bis zu 80.000 Mitgliedern sammelten sich Coronaleugner und formulierten "bösartigste Propaganda". Kretschmer: "Wir müssen da etwas tun."

Buschmann reagierte kühl und mahnte den Sachsen, zunächst die niedrige Impfquote im Freistaat zu verbessern. Dann wurde es laut. "Reißen Sie sich am Riemen", appellierte der Liberale schließlich an Kretschmer. Versandet ist das Anliegen allerdings nicht. Womöglich auch deshalb, weil wenige Tage später ZDF-Recherchen via Telegram geschmiedete und gegen Kretschmer gerichtete Mordphantasien offen legten.

Im Februar hatte Staatskanzleichef Oliver Schenk (CDU) daraufhin eine Bundesratsinitiative angekündigt. Ziel sei es, Messengerdienste wie Telegram "unter den Anwendungsbereich des Netzwerksdurchsetzungsgesetzes zu stellen". Das regelt den Umgang mit rechtswidrigen Inhalten etwa auf sozialen Netzwerken wie Facebook, Messengerdienste sind bislang davon ausgenommen.

Die Bundesregierung ist ebenfalls aktiv geworden. Auf AfD-Anfrage teilte sie Mitte März mit, dass sie in Kontakt mit Telegram stehe und unter anderem Gespräche mit der Geschäftsleitung geführt habe. Ziel der Regierung sei es, "dass auch Telegram die in Deutschland geltenden Gesetze einhält".

Der Ukraine-Krieg beeinflusst auch dieses Thema. Russische Oppositionelle aber auch ukrainische Politiker nutzen Telegram. Der Antrag betont daher die Rolle von Messengerdiensten für Zivilgesellschaften. Im Zusammenhang mit dem aktuellen Krieg seien sie "wichtige Kommunikationswege, um auch Falschinformationen wirkungsvoll entgegentreten zu können". Schenk konstatierte im Märzplenum, es bleibe "eine gewisse Ambivalenz".

Anmerkung: In einer ersten Fassung war von vier Bundestagsausschüssen die Rede, es sind aber sechs.