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Haftstrafe für sächsischen Klimaaktivisten Decker in London bestätigt

Ein britisches Berufungsgericht hat die mehrjährige Haftstrafe für Marcus Decker bestätigt. Der Klimaaktivist aus dem Erzgebirge hatte eine Brücke in London blockiert. Wie er nach dem Urteil zu seinem Protest steht.

Von Angelina Sortino & Connor Endt
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Marcus Decker, der in Großbritannien lebt und mit einer Britin liiert ist, droht nach der Haftentlassung die sofortige Abschiebung nach Deutschland.
Marcus Decker, der in Großbritannien lebt und mit einer Britin liiert ist, droht nach der Haftentlassung die sofortige Abschiebung nach Deutschland. © Extinction Rebellion

Jetzt ist es offiziell: Der sächsische Klimaaktivist Marcus Decker muss für zwei Jahre und sieben Monate ins Gefängnis. Bereits im April hatte ein britisches Gericht den Aktivisten für eine Brückenblockade verurteilt. Der Aktivist Morgan Trowland, der ebenfalls bei der Blockade dabei war, erhielt sogar eine dreijährige Gefängnisstrafe. Gegen das Urteil hatten Decker und Trowland Berufung eingelegt. Diese wurde nun jedoch von einem britischen Berufungsgericht abgelehnt.

Das Urteil gegen die Mitglieder der Organisation "Just Stop Oil" sei "nicht übermäßig" und zudem im Sinne des Gesetzgebers, Demonstranten abzuschrecken, urteilten die drei Richterinnen. Damit bleiben die mehrjährigen Haftstrafen für Marcus Decker und Morgan Trowland bestehen. Ihr Anwalt sagte, es handele sich mit um die härtesten Strafen der britischen Geschichte für gewaltlosen Protest.

Die beiden Aktivisten Marcus Decker und Morgan Trowland hatten am 17. Oktober 2022 die Queen-Elizabeth-II.-Brücke am Rande von London erklommen und sich dort für 36 Stunden an Seilen gesichert. Die Brücke musste für etwa 41 Stunden gesperrt werden. Mit dieser Aktion protestierten die Beiden gegen die Vergabe weiterer Öl-und Gas-Lizenzen durch die britische Regierung.

Britische Regierung geht streng gegen Klimaschützer vor

Die Aktion habe "extreme Folgen" für zahlreiche Menschen gehabt, hieß es in der Begründung des Berufungsgerichts. Zu den Betroffenen der Brückenblockade gehören laut der Polizei von Essex unter anderem eine hochschwangere Frau, die dringend medizinische Hilfe benötigte. Eine weitere Person habe die Beerdigung ihres besten Freundes verpasst. Außerdem habe ein Kind, das spezielle Medikamente benötigt, diese nicht bekommen. Auch der finanzielle Schaden war groß: Ein Unternehmen beklagte Einnahmeverluste zwischen umgerechnet 185.000 und 195.000 Euro, ein anderes verlor insgesamt 27.000 Euro.

Zwar räumten die Richterinnen ein, dass es eine "lange und ehrenwerte Tradition des zivilen Ungehorsams aus Gewissensgründen" gebe und dass die Urteile viel härter ausfielen als Strafen für ähnliche Fälle in der Vergangenheit.

Doch entsprächen sie dem Geist eines neuen Gesetzes, mit dem die konservative Regierung radikale Protestformen vor allem von Klimaschützern verhindern will und das bis zu zehn Jahre Haft für Störungen der öffentlichen Ordnung vorsieht. Decker und Trowland waren unter den ersten Aktivisten, die nach der Gesetzesänderung verurteilt worden sind.

Gegenüber Sächsische.de erklärte Marcus Decker, der Schaden, den er den Betroffenen zugefügt habe, täte ihm leid. "Wir haben aus unserer Aktion gelernt, dass das nicht die beste Herangehensweise war." Deshalb wolle er künftig auf derartige Proteste und Blockaden verzichten.

Dennoch hält Decker es für nötig, weiterhin möglichst viele Menschen vor der Klimakatastrophe zu warnen und die britische Regierung zu einem nachhaltigeren Handeln aufzufordern.

"Das Schlimmste an der ganzen Sache ist, dass jeden Tag tausende Menschen sterben und keiner was dagegen macht." Zu wissen, dass jeden Tag aufgrund des Klimawandels vermeidbares Leid geschehe, sei für ihn schlimmer, als mehrere Jahre im Gefängnis zu sein.

Aktivist darf bis zu zehn Jahre nicht mehr einreisen

Als Verbrecher sieht sich der Klimaaktivist trotz seines Schuldspruches nicht. "Die eigentlichen Kriminellen sind die Regierungen und die Konzerne, die nach wie vor Milliarden Profite einstreichen." Der 34-Jährige habe das Gesetz nicht brechen wollen. Er habe aber auch keine andere Möglichkeit gesehen, um genug Aufmerksamkeit für sein Anliegen zu bekommen. "Die Medien berichten nur, wenn wir solche Störungen erzeugen."

Marcus Decker stammt ursprünglich aus Lugau im Erzgebirge und besitzt keine britische Staatsbürgerschaft. Ihm droht nun eine Abschiebung nach Deutschland. Denn nach britischem Recht können ausländische Straftäter, die im Vereinigten Königreich zu mehr als einem Jahr Gefängnis verurteilt worden sind, nach der Haft in ihr Heimatland zurückgeschickt werden.

Marcus Decker und seine Lebensgefährtin.
Marcus Decker und seine Lebensgefährtin. © Holly Cullen-Davies /privat

Das Urteil ist ein schwerer Schlag für den sächsischen Demonstranten. Seine Partnerin und seine beiden Stiefkinder leben in England. Seine Familie rechnet damit, dass er nach der Abschiebung im schlimmsten Fall bis zu zehn Jahre nicht mehr nach England einreisen darf.

Decker sagt, er fühle sich durch die lange Haft und eine mögliche Trennung von seiner Familie doppelt bestraft. Vor allem letzteres belastet ihn. "Eine Abschiebung wäre definitiv das schlimmste", sagt der 34-Jährige.

Um mit seiner Situation umgehen zu können, hat er eine Strategie entwickelt: "Ich gehe das ganze eher buddhistisch an. Es ist besser, wirklich einen Tag nach dem anderen zu nehmen."