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CDU-Chef Merz schließt Zusammenarbeit mit AfD auf Kommunalebene nicht mehr aus

In den Umfragen steht die AfD derzeit gut da und verkleinert den Abstand zur Union. Sachsens Ministerpräsident Kretschmer sucht nach Erklärungen - sein Parteichef äußert sich zum Verhältnis der beiden Parteien.

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Der CDU-Vorsitzende Merz kann sich eine Zusammenarbeit mit der AfD unter bestimmten Voraussetzungen vorstellen.
Der CDU-Vorsitzende Merz kann sich eine Zusammenarbeit mit der AfD unter bestimmten Voraussetzungen vorstellen. © dpa (2)

Berlin. Die AfD liegt in einer Insa-Umfrage bundesweit bei 22 Prozent und damit nur noch vier Prozentpunkte hinter der Union. Insa-Chef Hermann Binkert sagte der "Bild am Sonntag: "Das ist der höchste Wert, den wir je für diese Partei gemessen haben." Damit legte die AfD in der wöchentlichen Insa-Umfrage um zwei Punkte zu. In den Erhebungen anderer Meinungsforschungsinstitute hatte die AfD zuletzt ebenfalls bei 20 Prozent gelegen. CDU/CSU kommen bei Insa auf 26 Prozent (minus 1 Punkt) und damit auf Platz eins in der Gunst der Befragten.

Bei den anderen großen Parteien ergaben sich in der Umfrage keine Änderungen: Die SPD kommt auf 18 Prozent, die Grünen liegen bei 14 Prozent, die FDP bei 7 Prozent und die Linke bei 5 Prozent.

Wahlumfragen sind generell immer mit Unsicherheiten behaftet. So erschweren nachlassende Parteibindungen und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen den Meinungsforschungsinstituten die Gewichtung der erhobenen Daten. Insa gibt für seine jüngste Umfrage eine statistische Fehlertoleranz von 2,9 Prozentpunkten an. Grundsätzlich spiegeln Umfragen nur das Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen für den Wahlausgang.

AfD-Umfrage: Folgen für Wirtschaft im Osten?

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz lehnt ein Verbot der im März 2021 vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuften AfD ab. "Parteiverbote haben noch nie dazu geführt, dass man ein politisches Problem löst", sagte der CDU/CSU-Fraktionschef am Sonntag im ZDF-Sommerinterview. Einen entsprechenden Vorschlag des CDU-Bundestagsabgeordneten Marko Wanderwitz nannte er "eine Einzelmeinung in der Bundestagsfraktion, die wir nicht teilen".

Merz bekräftigte erneut, dass die Union nicht mit der AfD kooperieren werde. Er beschränkte dies aber auf "gesetzgebende Körperschaften" und "Regierungsbildungen". Kommunalpolitik sei etwas anderes als Landes- und Bundespolitik. Wenn jetzt in Thüringen ein Landrat und in Sachsen-Anhalt ein Bürgermeister von der AfD gewählt worden sei, dann seien das demokratische Wahlen. "Das haben wir doch zu akzeptieren. Und natürlich muss in den Kommunalparlamenten dann auch nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet."

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer bewertet diese Ergebnisse als Kritik an der Arbeit der Bundesregierung. "Diese Umfrageergebnisse sind eine Aufforderung der Bevölkerung an die Bundesregierung, den Kurs zu wechseln", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag.

Kritik gebe es vor allem bei den Themen Asylpolitik, Energiewende, Gebäudeenergiegesetz und dem Krieg in der Ukraine. "Zwölf Monate mit hoher Inflation, zwei Quartale Rezession und vermehrte Hiobsbotschaften über Investitionsverlagerungen und Kostensteigerungen - diese Spirale muss durchbrochen werden."

Angesichts der AfD-Werte mahnte Außenministerin Annalena Baerbock mehr Einigkeit in der Ampel-Koalition an. "In Zeiten der Verunsicherung wie jetzt durch den russischen Angriffskrieg haben es populistische Parteien immer einfacher. Durch monatelange öffentlich geführte Auseinandersetzungen innerhalb der Koalition dürfen wir es ihnen nicht noch leichter machen", sagte die Grünen-Politikerin den Zeitungen der Mediengruppe Bayern (Samstag).

Unterdessen beobachtet der Vorsitzende des CDU-Sozialflügels, Karl-Josef Laumann, eine zunehmende Entfremdung der Wähler von den politischen Parteien. "Wir spiegeln natürlich in der politischen Repräsentanz von Abgeordneten, von Führungspersonal in der Bevölkerung nicht mehr die soziologischen Schichten unserer Bevölkerung ab", sagte er in einem am Samstag gesendeten Interview des Deutschlandfunks. Das sei ein großes Problem. "Und das hat auf Dauer auch Konsequenzen für die Akzeptanz vom gesamten Politiksystem bis hin zur parlamentarisch repräsentativen Demokratie", sagte Laumann. Er ist Gesundheitsminister in Nordrhein-Westfalen und Bundeschef der Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA).

Unternehmer- und Wirtschaftsverbände in Ostdeutschland warnten mit Blick auf mögliche AfD-Wahlerfolge vor Folgen für die heimische Wirtschaft. Der Landeschef des Verbandes der Familienunternehmer in Sachsen, Christian Haase, sagte dem "Tagesspiegel": "Die AfD würde unserem Wirtschaftsstandort massiv schaden." Dieter Bauhaus, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt, sagte, bei Thüringer Unternehmen sei die Sorge über einen Erfolg der AfD weit verbreitet - "vor allem bei der Verknüpfung mit rechtsextremem, nationalsozialistischem und völkischem Gedankengut". In Brandenburg, Thüringen und Sachsen werden im nächsten Jahr neue Landtage gewählt.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD im März 2021 als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Diese Einstufung, die den Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln erlaubt, hatte das Kölner Verwaltungsgericht im März 2022 bestätigt. Die AfD legte Berufung ein. Das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster ist noch nicht abgeschlossen. (dpa)