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AfD-Bundesparteitag: Chrupalla schwärmt von "Harmonie" im Vorstand

Jetzt mal schön auf dem Teppich bleiben, lautet die Warnung der Parteispitze an die Mitglieder der AfD. Gute Umfrageergebnisse seien keine Garantie für entsprechende Wahlergebnisse. Für die «Dexit»-Befürworter in der AfD gibt es einen kleinen Dämpfer.

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Tino Chrupalla und Alice Weidel beim AfD-Bundesparteitag in der Magdeburger Messe.
Tino Chrupalla und Alice Weidel beim AfD-Bundesparteitag in der Magdeburger Messe. © Carsten Koall/dpa

Magdeburg. Dass die AfD in Umfragen aktuell etwa doppelt so viel Zuspruch erhält wie bei der Bundestagswahl 2021, sorgt beim Bundesparteitag der Rechtspopulisten für gute Stimmung. Von der Parteispitze kommt in Magdeburg am Freitag dennoch die Ansage, nicht nachzulassen - vor allem mit Blick auf die Landtagswahlen im Osten.

Wohin die Reise der AfD in der Europapolitik gehen könnte, zeigte der sachsen-anhaltische Landeschef Martin Reichardt auf. Von diesem Parteitag solle das Signal ausgehen, "Europa wir kommen, um Deutschland zu retten", sagte der Bundestagsabgeordnete. Ziel müsse ein Europa souveräner Nationen, ein "Europa der Vaterländer" sein.

Ihre gestiegenen Umfragewerte hat die AfD nach Ansicht ihres Vorsitzenden Tino Chrupalla auch der neuen "Harmonie" in der Parteispitze zu verdanken. "Diese Harmonie werden wir auch in die nächsten Wahlkämpfe tragen", rief er bei der Eröffnung des Parteitages den rund 600 Delegierten zu und betonte gleichzeitig seine gute Zusammenarbeit mit der Co-Vorsitzenden Alice Weidel.

Die AfD dürfe sich aber auf den guten Werten nicht ausruhen, mahnte Chrupalla. Er verwies auf die kommenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen und sagte: "Nächstes Jahr können wir in Sachsen, Thüringen und Brandenburg stärkste Kraft werden." Die AfD müsse sich darauf vorbereiten, Regierungsverantwortung zu übernehmen. In bundesweiten Wählerumfragen erreichte die AfD zuletzt Werte zwischen 18 und 22 Prozent.

"Wir sollten aber nicht den Fehler begehen, uns auf die CDU als einzige Koalitionsoption festzulegen", sagte Chrupalla. Die AfD könne mit jeder Partei Koalitionen eingehen, die bereit sei, "Politik im Interesse der Bürger zu machen". Lediglich eine Koalition mit den Grünen schloss er aus. Die im Bundestag vertretenen Parteien haben ihrerseits alle Koalitionen mit der AfD ausgeschlossen.

Chrupalla warf Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor, dieser habe den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine als Vorwand für den von dessen Partei schon zuvor angestrebten Stopp der Importe von billigem Gas aus Russland benutzt. Die Sanktionen gegen Russland schadeten Deutschland mehr als Russland, fügte Chrupalla hinzu.

In den ersten Stunden ihres Parteitages beschäftigten sich die Delegierten vor allem mit Finanz- und Satzungsfragen. Im Bericht der Rechnungsprüfer ging es unter anderem um die Prüfung von Anzahl und Echtheit der Goldbarren, die sich im Besitz der Partei befinden. Während des Vortrags der Rechnungsprüfer wurde ein Bild eingeblendet, das mehrere Männer zeigt, die um einen Tisch herum sitzen, auf dem zahlreiche Barren liegen.

Wohl mehr als 100 Kandidaten für die Liste für die Europawahl

Parteichefin Weidel sprach sich vor dem Parteitag für einen Kompetenzrückgang der EU aus. "Wir sind für einen Kompetenzrückbau der EU, die so nicht funktioniert und sich immer weiter aufbläht. Und genau diese Frage wird auf dem Parteitag diskutiert", sagte die Co-Vorsitzende im ZDF-"Morgenmagazin". Nur der Nationalstaat sei das "richtige Gefäß für eine Demokratie", denn nur dort könne "eine gesellschaftliche Debatte geführt werden".

Obwohl die meisten AfD-Funktionäre entweder einen Rückbau hin zu einer Wirtschaftsunion oder einen Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union befürworten, drängen viele von ihnen auf die Kandidatenliste für die Europawahl im kommenden Juni. Aus Parteikreisen hieß es in Magdeburg, man rechne mit deutlich mehr als 100 Bewerbern. Als aussichtsreicher Kandidat für den Spitzenplatz gilt der Europaabgeordnete Maximilian Krah. Die Europawahlversammlung der Partei wird ab Samstag in der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt stattfinden. Sie ist für mindestens vier Tage angesetzt und wird am Sonntag unterbrochen bis zum darauffolgenden Freitag.

Einen kleinen Dämpfer gab es in Magdeburg für diejenigen in der AfD, die für einen "Dexit" - den Austritt Deutschlands aus der EU - plädieren. Die aktuelle AfD-Delegation gehört im Europäischen Parlament der Fraktion Identität und Demokratie (ID) an, so wie unter anderem auch die österreichische FPÖ und der französische Rassemblement National. Heftig diskutiert wurde nun über einen Vorschlag des Bundesvorstandes, dass sich die AfD auch der gleichnamigen Partei anschließen solle. "Die Mitglieder der ID-Partei erkennen die Rechte aller an, ihre in Europa einzigartigen spezifischen wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und territorialen Modelle zu verteidigen", hieß es in dem Antrag, der mit deutlicher Mehrheit angenommen wurde.

Dagegen hatte unter anderem der baden-württembergische Co-Landesvorsitzende Emil Sänze argumentiert. Er warnte unter Hinweis auf die ablehnende Haltung der AfD gegenüber der EU: "Wir verlieren unsere Glaubwürdigkeit."

Vor dem Parteitagsgelände wurden die Delegierten am Morgen von einigen Dutzend Demonstranten begrüßt. Diese trugen Transparente mit der Aufschrift "Omas gegen Rechts" und riefen: "Nationalismus raus aus den Köpfen." (dpa)