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Bundesgerichtshof: AfD-Politiker Maier als Richter nicht mehr tragbar

Den Richter Jens Maier wird es nicht mehr geben. Denn der sächsische AfD-Politiker darf nicht mehr in sein Amt zurück, urteilt der BGH. Und nicht nur das. Weiterer juristischer Ärger droht.

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Der frühere AfD-Abgeordnete Jens Maier ist aus dem Richterdienst entlassen worden. Das hat der Bundesgerichtshof jetzt bestätigt.
Der frühere AfD-Abgeordnete Jens Maier ist aus dem Richterdienst entlassen worden. Das hat der Bundesgerichtshof jetzt bestätigt. © dpa/Paul Zinken

Karlsruhe/Dresden. Der frühere AfD-Bundestagabgeordnete Jens Maier ist als Richter nicht mehr tragbar und muss in den vorzeitigen Ruhestand. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag und zog damit gleichzeitig Leitlinien ein, wie mit Richtern umzugehen ist, die sich politisch betätigen. Der 61-Jährige darf nun nicht mehr in seinem früheren Beruf arbeiten. Der zuständige Senat, das sogenannte Dienstgericht des Bundes, bestätigte damit ein Urteil des Leipziger Dienstgerichts für Richter. Die Kammer hatte Maier bereits im Dezember vergangenen Jahres in den Ruhestand geschickt. Zu Recht, befand nun der BGH und wies Maiers Revision zurück. Das Urteil aus Leipzig enthalte keine Rechtsfehler.

Es sei davon auszugehen, dass Maier in der Öffentlichkeit als nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes stehende Person wahrgenommen werde. Das sei aber unabdingbar für einen Richter, erklärte der Vorsitzende Richter am BGH. Dem Ex-Bundestagabgeordneten waren im Verfahren in Leipzig rassistische und abwertende Äußerungen über Jahre zur Last gelegt worden. So hatte er in Reden oder auf sozialen Netzwerken unter anderem einen Sohn des Tennisspielers Boris Becker rassistisch beleidigt und mit Blick auf den Holocaust von "Schuldkult" gesprochen. Zudem wurde Maier dem rechtsextremen und inzwischen aufgelösten sogenannten Flügel der AfD zugerechnet.

Grundlage des BGH-Verfahrens war Paragraf 31 des Richtergesetzes. Danach kann ein Richter in den Ruhestand geschickt werden, wenn "eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege" abgewendet werden muss. Im Falle einer politischen Tätigkeit eines Richters sei zu beurteilen, ob er sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewege, betonte der BGH-Senat. Maier aber habe sich in herausgehobener Stellung bei einer politischen Gruppierung betätigt, die die Grundlagen des demokratischen Verfassungsstaates ablehne und verächtlich mache. Die Öffentlichkeit habe das Vertrauen in Maier als unabhängigen und der Neutralität verpflichteten Richter verloren. Er sei auch nicht Opfer einer künstlichen Empörung und haltloser Anschuldigungen geworden, sondern wegen eigener Äußerungen in die Kritik geraten.

"Ein guter Tag für den Rechtsstaat"

Die Vertreter des Landes Sachsen begrüßten das Urteil. Vor Gericht hatten sie geltend gemacht, dass Maier mit seinen Äußerungen dem Ansehen der Justiz schwer geschadet habe. Zudem habe sich das beanstandete Verhalten seinerzeit außerhalb des Parlaments abgespielt. Damit greife auch nicht der Grundsatz, dass Abgeordnete eigentlich nicht verfolgt oder bestraft werden könnten wegen in Ausschüssen oder im Parlament getätigten Äußerungen.

Vertreter mehrerer sächsischer Parteien äußerten sich zum Verbot. "Jens Maier ist als Richter untragbar und darf nie wieder Recht sprechen. Das heutige Urteil ist ein guter Tag für den Rechtsstaat" sagt Sachsens stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hanka Kliese. Künftig könnten sich Gerichte an dem Fall orientieren und "gegen Verfassungsfeinde in der Justiz vorgehen".

Valentin Lippmann von den sächsischen Grünen wertet das Urteil als einen "großen Erfolg für die sächsische Justizministerin Katja Meier". Es sei richtig gewesen, die rechtsstaatlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Entlassung Meiers aus dem Justizdienst zu erzwingen. "Für Verfassungsfeinde ist auf der Richterbank kein Platz", so Lippmann.

Ministerin: Verfassungsfeinde dürfen kein Recht sprechen

Justizministerin Meier (Grüne) sieht mit der Entscheidung ihrem Antrag stattgegeben, Jens Maiers "zur Abwendung einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechtspflege" in den Ruhestand zu versetzen. Die Entscheidung sei bundesweit richtungsweisend. "Verfassungsfeinde dürfen in diesem Land kein Recht sprechen", so die Ministerin.

Maier war von 2017 bis 2021 Bundestagsabgeordneter für die AfD. Nachdem er bei der
Wahl sein Mandat verloren hatte, beantragte er die Rückkehr in die sächsische Justiz. Das Justizministerium wies ihm eine Stelle beim Amtsgericht Dippoldiswalde zu und beantragte zugleich die Versetzung in den Ruhestand. Ministerin Katja Meier begründete dies mit einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechtspflege.

Eine Richtertätigkeit des AfD-Mitglieds, das vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestuft worden ist, führe zu einem Ansehensverlust der sächsischen Justiz und der Rechtspflege bundesweit. Es bestehe die Gefahr, dass er ständig wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und von Verfahren ausgeschlossen werden könne, hieß es der Antragsschrift des Ministeriums.

Juristischer Streit geht dennoch weiter

Das Richterdienstgericht schloss sich dieser Argumentation an. Die Ruhestandsversetzung sei keine Strafe, sondern diene der Funktion der Rechtspflege. Die Öffentlichkeit müsse den Eindruck gewinnen, Maier werde sich bei Urteilen von falschen Motiven leiten lassen, urteilte das Gericht unter Bezugnahme auf ein Dutzend Kommentare Maiers in den sozialen Netzwerken.

Der 61-Jährige hatte sich zum Auftakt heftig gegen die Vorwürfe gewehrt. "Ich bin nicht der Teufel in Person", sagte er. Seine Äußerungen während seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter hätten nichts mit seiner Befähigung als Richter zu tun. Der AfD-Politiker, einst als Richter am Landgericht Dresden tätig, hatte sein Bundestagsmandat 2021 verloren und wollte in den Richterdienst zurück. Dies ist ihm nun verwehrt.

Der juristische Streit zwischen Maier und dem Land ist damit noch längst nicht beendet. Der sächsische Verfassungsschutz stuft Maier seit 2020 als rechtsextrem ein. Dagegen klagt der 61-Jährige in einem separaten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Dresden. Außerdem läuft derzeit eine Disziplinarklage gegen ihn. Darin geht es um die Entfernung Maiers aus dem Staatsdienst - und damit auch seine richterlichen Bezüge. (SZ/dpa)