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Sachsens Grüne treten mit Spitzentrio bei der Landtagswahl an

Die sächsischen Grünen haben am Samstag in Chemnitz die Weichen für die Landtagswahl im Herbst gestellt. Ein Spitzentrio führt die Partei im Wahlkampf an.

Von Thilo Alexe
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Die sächsischen Bündnisgrünen gehen mit einem Spitzentrio in die Landtagswahl am 1. September.
Die sächsischen Bündnisgrünen gehen mit einem Spitzentrio in die Landtagswahl am 1. September. © dpa/Sebastian Willnow

Spannend wird es bei Platz acht. Drei Grüne wollen ihn, der Gewinner gehört ziemlich sicher dem nächsten Landtag an. Landeschefin Marie Müser kandidiert, der unlängst in den Landtag nachgerückte Markus Scholz und der vogtländische Kommunalpolitiker Olaf Horlbeck. Setzt sich die Chefin durch? Müser spricht beim Parteitag in Chemnitz vom Strukturwandel. Sie habe beobachtet, dass sich Menschen in den Kohleregionen mit dem Abbauausstieg abgefunden hätten - abgefunden ohne Akzeptanz. Es gelte Transparenz und Teilhabe dagegenzusetzen, sonst „bröckelt das demokratische Miteinander“.

Der mittelsächsische Pädagoge Scholz warnt temporeich vor der Abwanderung von Fachkräften, falls die AfD die Wahl gewinnt. Er beschwört Vielfalt, engagiert sich für die „queere Community“, drängt auf gute medizinische Versorgung und mahnt: „Wir müssen verständlicher reden, damit wir Menschen erreichen.“ Horlbeck zeigt sich solidarisch mit der Ukraine und will das Handwerk stärken. Scholz gewinnt. Mit einer Stimme liegt er über dem Quorum von 59 nötigen Ja-Voten, das sind 51,7 Prozent.

Hinter den Personalien stehen nicht unbedingt politische Richtungsentscheidungen. Es geht neben Atmosphärischem um Regionalproporz. Die Grünen sind sich einig: Sie wollen weiterregieren, auch mit der ungeliebten CDU. Ko-Landeschefin Christin Furtenbacher wirft der sächsischen Union in ihrer Rede zwar vor, dass in der Vernunftehe die Vernunft verloren gehe. Doch im Leitantrag gibt die Partei das Ziel aus, „dass Sachsen auch nach der Landtagswahl 2024 eine stabile demokratische Regierungsmehrheit hat“. Nach jetzigem Stand läuft das auf eine Fortsetzung der schwarz-grün-roten Koalition hinaus.

Darauf weisen auch Personalentscheidungen aus dem vergangenen Jahr hin. Für das Spitzentrio aus den Kabinettsmitgliedern Katja Meier, Wolfram Günther und Fraktionschefin Franziska Schubert hat der Landesparteirat die ersten drei Plätze quasi reserviert. Der Parteitag bestätigt alle drei mit viel Applaus und dem Spitzenwert von knapp 93 Prozent für Maier.

Die an der Basis beliebte Justizministerin weist auf grüne Erfolge wie das Gleichstellungsgesetz und den Ausbau der Bürgerbeteiligung hin. Und sie stichelt gegen CDU-Regierungschef Michael Kretschmer. Sie spricht von einem Ministerpräsidenten, der aus „Angst vor der Zukunft nur Lösungen aus der Vergangenheit parat“ habe.

Kritik am Koalitionspartner kommt auch vom Vizeministerpräsidenten Günther. Der Umweltminister hebt zunächst die Förderung erneuerbarer Energien mit einer Viertelmilliarde Euro hervor – ohne seine Partei undenkbar. Die Grünen agierten mit Haltung, auch in schwierigen Zeiten: "Wir können Krise." Die CDU richte ihren Kompass an der politischen Stimmung aus. Günther nennt den Streit ums Agrarstrukturgesetz mit der Union nicht, meint aber genau den.

Die Lausitzerin Schubert, die wegen ihrer Schwangerschaft in einem vorab gedrehten Video zu den Delegierten spricht, beschreibt die Herausforderung für die Grünen. „Wir haben uns alles erkämpft“, sagt die Finanzpolitikerin. Doch habe sie auch die Fähigkeit, Brücken zu CDU und SPD zu schlagen.

Gesetzt sind zudem die Plätze vier bis sieben. Sie gehen an die Abgeordneten Valentin Lippmann aus Dresden und die Leipziger Wahlkreissiegerinnen Claudia Maicher und Christin Melcher. Die erste „Neue“ auf der Liste ist die Chemnitzerin Coretta Storz, die ihr Engagement für Geflüchtete hervorhebt. Zuvor hat der Parteitag Reformen bei der Bezahlkarte für Asylbewerber angemahnt, sie soll bundesweit gelten, Auszahlungen sollen nicht limitiert werden. Den noch aussichtsreichen zehnten Platz erreicht Paul Löser, 23-jähriger Stadtrat aus Sebnitz.

Derzeit stellen die Grünen zwölf Abgeordnete. Fünf haben sich nicht mehr für die Liste beworben. Womöglich ein Zeichen dafür, wie aufreibend der Job in einer kleinen Regierungsfraktion sein kann. Regieren wollen die Grünen aber weiterhin. Wirtschaftsminister Robert Habeck sagt in einem Grußvideo, es müsse darum gehen, „weiter in Regierungsverantwortung“ zu agieren. Die Rolle der Partei sei es, „die Mitte zu halten“.