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Weibliche Doppelspitze für die Linke

Die neuen Parteivorsitzenden der Linken sollen Susanne Hennig-Wellsow und Janine Wissler werden. Doch noch müssen sie auf ihr neues Amt waren.

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Susanne Hennig-Wellsow (l) und Janine Wissler sollen bald die Spitze der Linken werden.
Susanne Hennig-Wellsow (l) und Janine Wissler sollen bald die Spitze der Linken werden. © dpa

Berlin. An der Spitze der Linken werden künftig aller Voraussicht nach Thüringens Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow und die Linksfraktionschefin im hessischen Landtag, Janine Wissler, stehen. Ihre Wahl und damit die Ablösung der bisherigen Linke-Chefs Katja Kipping und Bernd Riexinger war eigentlich für diesen Freitag vorgesehen. Nun muss das designierte neue Führungsduo warten, weil der Parteitag der Linken wegen Corona erneut verschoben wurde.

Deshalb sucht auch die Linke, genau wie die CDU, Möglichkeiten für die geplante Neuwahl ihrer Parteiführung. „Ich hätte sehr gerne an diesem Wochenende den Staffelstab an die neue Parteispitze überreicht. Aber aus Verantwortung gegenüber dem Infektionsschutz und gegenüber unseren Delegierten mussten wir das absagen“, sagte Noch-Parteichefin Katja Kipping am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. „Natürlich werde ich das jetzt mit voller Energie weitermachen, bis eine neue Spitze gewählt ist.“ Die Partei sei aber gut beraten, gemeinsam eine schnellstmögliche Lösung für die Staffelstabübergabe zu finden.

Der Parteitag war wegen Corona schon einmal von Juni auf Ende Oktober verschoben worden. Der geplante Neustart für die Partei vor dem Superwahljahr 2021 mit mehreren Landtagswahlen und der Bundestagswahl verzögert sich damit. Die Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger, die schon acht Jahre im Amt sind, führen die Linke zunächst weiter. Die designierten Nachfolgerinnen, die Linksfraktionschefin im hessischen Landtag, Janine Wissler, und Thüringens Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow, sollen die Führung übernehmen, sobald Neuwahlen möglich sind. 

Alles wichtige zu den beiden Politikerinnen: 

Susanne Hennig-Wellsow: Die mit dem Strauß

In Thüringen ist Susanne Hennig-Wellsow schon seit Jahren neben Ministerpräsident Bodo Ramelow das Gesicht der Linken. Im Februar wurde die Frau mit der blonden Kurzhaarfrisur auch bundesweit bekannt - indem sie Thüringens Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) nach dessen Wahl mit Stimmen der AfD einen Blumenstrauß vor die Füße warf.

Die 42-Jährige, eigentlich aus Mecklenburg-Vorpommern, startete nach dem Pädagogik-Studium in Erfurt 2001 als Mitarbeiterin der linken Landtagsfraktion in die Politik. Heute steht sie sowohl an der Spitze der Fraktion als auch des Landesverbands.

Mit Ramelow, der gern präsidial auftritt, gibt es eine Arbeitsteilung. Hennig-Wellsow ist die, die ihm den Rücken frei hält, sich um die Partei kümmert und eher im Hintergrund agiert. Mit ihrer pragmatischen, zielorientierten und burschikosen Art hatte sie maßgeblichen Anteil daran, dass 2014 in Erfurt das bundesweit erste Bündnis von Linke, SPD und Grünen zustande kam.

Ergebnisorientiert ist die frühere Eisschnellläuferin schon immer: Sie sei 14 Jahre ihres Lebens im Kreis gelaufen, sagte die ehemalige Leistungssportlerin einmal. „Aber auch im Kreis laufen bedeutet: schneller zu werden und ein Ziel zu finden.“ Künftig will sie ihre Bahnen gern in Berlin ziehen. Hennig-Wellsow lebt mit ihrer Familie in Erfurt. Sie ist verheiratet und hat ein Kind.

Janine Wissler: schlagfertig und gut vernetzt

Die Fraktionsvorsitzende der Linken im hessischen Landtag gilt als rhetorisches Ausnahmetalent - durchaus in der Lage, in jeder Talkshow zu punkten. Die 39-Jährige argumentiert kämpferisch und pointiert, wirkt aber selten verbissen oder persönlich beleidigend. Sie gilt als gut vernetzt. Vizechefin der Bundespartei ist sie schon.

Wissler gehört zu den Frauen, die Drohmails mit der Unterschrift „NSU 2.0“ erhalten haben. Ihre Daten waren zuvor von einem Polizeirechner in einem Wiesbadener Revier abgerufen worden.

Wissler stieg sowohl in Partei als auch im Parlament rasch auf. Mit 26 Jahren zog sie das erste Mal in den Landtag ein. Erst vier Jahre später schloss sie ihr Politik-Studium in Frankfurt am Main ab. Seit 2007 ist sie Mitglied des Bundesvorstands. 2014 wurde sie mit dem besten Ergebnis zu einer der stellvertretenden Vorsitzenden der Linken gewählt.

Auf ihrer ersten Demonstration war Wissler bereits mit 14 Jahren - aus Protest gegen Frankreichs Atomtests in der Südsee. Später engagierte sie sich in globalisierungskritischen Bewegungen und Bündnissen gegen Krieg, Sozialabbau und Neonazis, etwa im Netzwerk Marx 21 oder bei Attac.

Die Frau mit den langen dunklen Haaren ist eine der Gründerinnen der hessischen Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG), die 2004/2005 aus Protest gegen die Agenda-Politik der rot-grünen Bundesregierung entstand und 2007 in der Linken aufging.

Wissler mag die Berge, ist Mitglied im Deutschen Alpenverein und gehört dem Landtags-Fanclub des Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt an. (dpa)