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Auch Bautzens Freie Wähler in der Krise?

Im sächsischen Landesverband der Partei rumort es heftig. Warum das die Basis im Landkreis Bautzen ziemlich kalt lässt.

Von Tilo Berger
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Der Bischofswerdaer Oberbürgermeister Holm Große leitet den Kreisverband Bautzen der Freien Wähler. Auswirkungen der Turbulenzen in der Landespartei auf die Arbeit vor Ort befürchtet er nicht.
Der Bischofswerdaer Oberbürgermeister Holm Große leitet den Kreisverband Bautzen der Freien Wähler. Auswirkungen der Turbulenzen in der Landespartei auf die Arbeit vor Ort befürchtet er nicht. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Drei von vier Vorstandsmitgliedern treten zurück. Gegenseitige Verleumdungen und Beleidigungen sind an der Tagesordnung. Engagierte Mitglieder geben reihenweise ihre Parteibücher zurück. In den Streit um die politische Ausrichtung schaltet sich der Bundesvorsitzende ein.

Wenn in einer Partei solche Dinge in kürzester Zeit passieren, passt das Wort Krise. Doch von all dem, was derzeit im sächsischen Landesverband der Freien Wähler passiert, lässt sich der Bautzener Kreisvorsitzende Holm Große nicht anstecken.

Freie Wähler sind nicht gleich Freie Wähler

Große? War er nicht jahrelang der Landesvorsitzende und das Aushängeschild der Freien Wähler in Sachsen? Das war er - aber nicht Holm, sondern Steffen. Beide sind miteinander weder verwandt noch verschwägert, erklärt der Bischofswerdaer Oberbürgermeister Holm Große. Und noch eine Verwechslungsgefahr löst der Bautzener Kreisvorsitzende auf: Freie Wähler sind nicht gleich Freie Wähler.

Es gibt nämlich in Sachsen eine Doppelstruktur. Da ist zum einen der 1992/93 gegründete Landesverband Freie Wähler Sachsen, ein eingetragener Verein von Parteilosen. Zum anderen gibt es die 2011 durch sieben Personen gegründete Landesvereinigung Freie Wähler Sachsen als Partei.

Diese Doppelstruktur hat ihren Grund im sächsischen Wahlrecht. Anfang des vergangenen Jahrzehnts fühlten sich die Freien Wähler im Freistaat stark genug, um mit eigenen Abgeordneten in den Landtag einzuziehen. Doch zur Wahl fürs Landesparlament dürfen sich nur Parteien stellen, keine Vereine oder Wählervereinigungen. Also gründete sich neben dem Landesverband Freie Wähler als Verein auch noch die gleichnamige Partei.

In den Landtag schaffte sie es nicht. 2014 holten die Freien Wähler 1,6 Prozent der Stimmen, 2019 waren es immerhin 3,4 Prozent. Aber für einen Einzug ins Parlament sind mindestens fünf Prozent der Stimmen notwendig.

Keine Rücktritte oder Spaltungen im Kreisverband

"Auseinandergebrochen ist jetzt die Parteienstruktur, nicht der Landesverband", erklärt Holm Große. "Unser Kreisverband ist nicht in der Partei, nur wenige einzelne Mitglieder aus dem Landkreis Bautzen gehören dieser an." Für die Verbandsarbeit im Landkreis hätten die Turbulenzen in der Landespartei "keine unmittelbaren Auswirkungen", erklärt Große. "Als Verein konzentrieren wir uns ausschließlich auf die Sacharbeit für die Menschen hier vor Ort. Es geht uns um kommunale Sachpolitik ohne Parteibuch." Darin seien sich alle Mitglieder des Kreisverbandes einig. Und anders als in der Landespartei gebe es im Kreisverband auch keinerlei Rücktritte, Spaltungsversuche oder Ähnliches.

Mitglieder des Kreisverbandes sind aktuell sieben Ortsgruppen und zehn Einzelpersonen. 2019 waren es eine Ortsgruppe und drei Einzelmitglieder weniger. Ortsgruppen haben die Freien Wähler im Landkreis Bautzen in Bernsdorf, Göda, Hoyerswerda, Kamenz, Lauta, Lohsa und Wittichenau. In diesen Orten befinden sich auch die Hochburgen der Vereinigung. So stellen die Freien Wähler in Göda sieben von 16 Gemeinderäten, im Kamenzer Stadtrat bildet die Wählervereinigung neben der AfD die größte Fraktion.

Sachliche Arbeit im Bautzener Kreistag

Neun Abgeordnete sitzen für den Verein Freie Wähler im Bautzener Kreistag, darunter neben Holm Große auch Margit Boden, Bürgermeisterin von Haselbachtal, und Roland Dantz, Oberbürgermeister von Kamenz. Geführt wird die Fraktion vom Hoyerswerdaer Juristen Dirk Nasdala, der auf sachliche statt polternde Worte setzt. Er und Dantz sehen es beispielsweise als Erfolg an, im vergangenen Jahr gemeinsam mit CDU, FDP und SPD im Bautzener Kreistag eine Lösung für den Schulstandort Großröhrsdorf/Radeberg auf den Weg gebracht zu haben. Im Westen des Landkreises steigen die Schülerzahlen - deshalb beschloss der Kreistag auf seiner letzten Sitzung des vergangenen Jahres, dass das Gymnasium in Radeberg erweitert wird.

Nasdala ist einer der wenigen, die sowohl der sächsischen Landespartei als auch dem Kreisverband Bautzen angehören. Die Turbulenzen in Dresden haben auf die Arbeit der Kreistagsfraktion "keine Auswirkung", sagt er. "Wir sind parteiunabhängig." Die Situation in der Landespartei sieht er "als Chance zur besseren Aufstellung im Zusammenwirken mit der Basis aller Freien Wähler im von der Partei unabhängigen Landesverband".

Holm Große zufolge komme für die meisten Vereinsmitglieder nie eine Parteizugehörigkeit in Betracht; der Bischofswerdaer Oberbürgermeister bezieht sich da selbst mit ein. Gleichwohl erscheint es dem Kreisvorsitzenden wichtig, mit dem Landesverband in Kontakt zu bleiben. "Zum Ob und Wie führen wir Diskussionen in unserem Kreisverband und dessen Vorstand."

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