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Rothenburg hat den jüngsten Bürgermeister im Kreis Görlitz

Mit 21 Jahren ist Philipp Eichler der jüngste Fleischermeister Sachsens gewesen, mit 24 wählten ihn die Rothenburger am Sonntag ins Rathaus. Über einen, der immer der Jüngste war.

Von Steffen Gerhardt
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Philipp Eichler will nicht nur die Weichen für eine Wiederbelebung der Bahnstrecke nach Rothenburg stellen, sondern auch für die künftige Stadtentwicklung als Bürgermeister.
Philipp Eichler will nicht nur die Weichen für eine Wiederbelebung der Bahnstrecke nach Rothenburg stellen, sondern auch für die künftige Stadtentwicklung als Bürgermeister. © Archiv/André Schulze

Sonntagabend im Café Central am Rothenburger Marktplatz. Der Gastraum ist gut gefüllt mit Menschen und mittendrin Bürgermeisterkandidat Philipp Eichler und seine Familie. "Wir haben unsere Freunde, Bekannten und Helfer eingeladen, um ihnen Danke zu sagen für ihre Unterstützung bei meinem Wahlkampf", erzählt Philipp Eichler.

Dass der Abend Jubel, Trubel und Heiterkeit bringen wird, war gegen 18 Uhr noch nicht abzusehen. Erst eineinhalb Stunden später steht fest: Philipp Eichler wird der neue Bürgermeister der Stadt Rothenburg. "Das war gerade in dem Moment, als ich im Keller Getränke für unserer Gäste holte. Auf einmal brachen alle in lautstarken Jubel aus." Also kam Eichler gerade im richtigen Moment mit dem Nachschub aus dem Keller, um auf seinen Wahlsieg anzustoßen.

Wunsch, die 51 Prozent knacken

Auch am Tag danach, als ihn der Alltag und die Arbeit in der Familienfleischerei wieder eingeholt hat, kann es der 24-Jährige noch nicht so richtig fassen, demnächst eine Kleinstadt mit 4.500 Einwohnern zu regieren. "Vor dem Wahltag habe ich mir gewünscht, wenn alles gut läuft, knackst du die 51 Prozent, aber dieser Gedanke blieb in meinem Kopf", erzählt der Fleischermeister. Dass es am Ende 68,1 Prozent der Wähler sind, die für ihn gestimmt haben, hat nicht nur ihn, sondern auch seine Familie überrascht. "Ich habe noch gar nicht auf mein Handy geschaut, wer mir alles gratuliert hat", sagte der Gewinner am Montagvormittag im Gespräch mit sächsische.de.

Die Amtsinhaberin tut es offiziell: "Ich gratuliere Herrn Eichler zu seinem souveränen Wahlsieg. Ich danke allen Bürgermeisterkandidaten, dass sie den Bürgern durch ihre Kandidatur erst eine Wahl in Rothenburg ermöglicht haben", sagt Heike Böhm gegenüber sächsische.de.

Amtswechsel am 1. August

Am 1. August beginnt seine Arbeit als hauptamtlicher Bürgermeister. Damit gibt Philipp Eichler seinen Job als Fleischermeister auf. Er löst Heike Böhm ab, die zwei Legislaturperioden, also 14 Jahre, die Bürgermeisterin der Kleinstadt war. Die Einführung in das Amt erfolgt durch ein Mitglied des Stadtrates. Die Verpflichtungserklärung soll öffentlich - im Rahmen des Sommerfestes am ersten Augustwochenende - abgegeben werden, erklärt Heike Böhm.

Dann kann der Rothenburger einen zweiten Rekord für sich verbuchen: Mit 24 Jahren ist er der momentan jüngste Bürgermeister im Landkreis Görlitz. Seinen ersten Rekord holte sich Eichler mit Erhalt seines Meisterbriefes als jüngster Fleischermeister in Sachsen im Jahr 2019. Damals war Philipp Eichler 21 Jahre jung.

Ganz unbeleckt geht der Fleischermeister seinen neuen Job nicht an. Zusammen mit seinem älteren Bruder Robert sitzen beide Eichlers in der CDU-Fraktion im Stadtrat. Bis 2008 war ihr Vater Christoph Eichler Stadtrat. Schaut man in die Familienchronik der Eichlers, dann war es der Urgroßvater von Philipp und Robert, Wilhelm Eichler, der dem Stadtparlament ebenfalls angehörte. Seit 245 Jahren ist die Fleischer-Familie mit Rothenburg verbunden. "Wir sind nicht nur eine Handwerkerfamilie, sondern auch eine politisch interessierte Familie, die das Leben in der Stadt mitgestaltet", bringt es Philipp Eichler auf den Punkt.

Nicht nur den Schinken, seinen Fleischerberuf hängt Philipp Eichler an den Nagel, wenn er ins Rathaus wechselt. Der Bürgermeisterjob ist ein Hauptamt. Eichler ist zudem Mitglied der Fleischer-Nationalmannschaft. Das soll so bleiben für ihn.
Nicht nur den Schinken, seinen Fleischerberuf hängt Philipp Eichler an den Nagel, wenn er ins Rathaus wechselt. Der Bürgermeisterjob ist ein Hauptamt. Eichler ist zudem Mitglied der Fleischer-Nationalmannschaft. Das soll so bleiben für ihn. © Archiv/André Schulze

Fußball, Chor und Kleinbahn

Diesem Anspruch will der jüngste Fleischer-Sprössling auch als Bürgermeister die kommenden sieben Jahre gerecht werden. Ob ihm dann noch die Zeit bleibt, seinen Hobbys in den Vereinen der Neißestadt nachzugehen, bleibt abzuwarten. Denn Philipp Eichler ist nicht nur Mitglied im Rothenburger Kleinbahnverein. Beim 1. Rothenburger Sportverein spielt er seit der Jugend Fußball und er singt im Männergesangsverein Rothenburg mit. "Ein Eichler sang immer im Chor mit, und diese Tradition möchte ich gern beibehalten", betont der vielseitige Fleischer. Die Nähe zu den Vereinen ist ihm auch als Bürgermeister wichtig, ergänzt er.

Zudem ist neben dem Sommerfestbeirat der Stadt auch noch die Fleischer-Nationalmannschaft, die bundesweit die besten Fleischer als Repräsentanten in sich vereint und die sich zu regelmäßigen Meisterschaften treffen. Die Europa- und Weltmeisterschaften hat Philipp Eichler bereits abgewählt. Sich darauf vorzubereiten, ist sehr aufwendig und zeitintensiv, sagt er. Aber Mitglied in diesem Gremium möchte Eichler schon bleiben. Auch, um dort sein Netzwerk weiter knüpfen zu können.

Philipp Eichler ist überzeugt, dass ohne gute Kontakte zum Landrat und zur Landesregierung in einer Kleinstadt wie Rothenburg nicht viel zu bewegen ist. Das Alter für so ein Amt spielt für ihn dabei keine Rolle: "Entscheidend ist doch das Engagement, mit dem man so etwas tut."