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Cannabis-Pläne sorgen für geteiltes Echo in Sachsen

Die Ampel-Regierung will, dass in Deutschland schon bald ganz legal gekifft werden darf. In Sachsen sind Ärzte alarmiert - Produzenten begrüßen die Regeln hingegen.

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In Deutschland wird es nur eine Legalisierung light für Cannabis geben.
In Deutschland wird es nur eine Legalisierung light für Cannabis geben. © Clara Margais/dpa (Archiv/Symbolfoto)

Ebersbach/Berlin. Der Präsident der sächsischen Landesärztekammer hat die geplante schrittweise Cannabis-Legalisierung der Bundesregierung scharf kritisiert. "Die seitens des Bundesgesundheitsministers und des Landwirtschaftsministers vorgelegten Vorstellungen zur Legalisierung von Cannabis verkennen erstens die gesundheitlichen und bildungspolitischen Gefahren, wie auch die Lebenswirklichkeit", sagte Erik Bodendieck am Donnerstag auf Anfrage.

Bodendieck zufolge leiste die Diskussion einer weiteren Verharmlosung der Droge Vorschub und werde keinesfalls zu einer Eindämmung des Gebrauchs führen. Seiner Meinung nach werde der Schwarzmarkt nicht ausreichend und nachhaltig bekämpft. Zudem sei schon jetzt der Behandlungsbedarf in Praxen und Kliniken wachsend. "Welche Strategien es dagegen gibt, ist nicht ersichtlich", kritisierte Bodendieck.

Anders sieht es bei Produzenten aus: Das sächsische Unternehmen Demecan hat die geplante schrittweise Cannabis-Legalisierung der Bundesregierung begrüßt. Es sei positiv, dass nun Pläne vorlägen, sagte Co-Gründer Constantin von der Groeben am Mittwoch auf dpa-Anfrage zu den von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Agrarminister Cem Özdemir vorgestellten Plänen.

Das Start-up mit seiner Produktionsstätte im sächsischen Ebersbach ist aktuell eines von drei Unternehmen in Deutschland, die im Auftrag des Staates Cannabis herstellen. Die anderen beiden sind in kanadischer Hand und haben Produktionsstätten in Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.

Unternehmer von der Groeben sagte, gut sei vor allem, dass es jetzt einen Zeitplan gebe, an dem die beiden Gesetzentwürfe vorliegen sollten - Ende April und nach der Sommerpause. Dies gebe dem Unternehmen mehr Planungssicherheit. Laut von der Groeben bleibt jedoch zu klären, woher das Cannabis für Vereine kommen soll.

Demecan begrüßt Cannabis-Pläne - aber fordert deutsche Produktion

"Die Wertschöpfung muss in Deutschland stattfinden und wir brauchen hier ein klares Bekenntnis der Politik zu Deutschland als Produktionsstandort für Cannabis", sagte von der Groeben. Ziel bei der Legalisierung müsse sein, Gesundheitsschutz und Jugendschutz zu gewährleisten. Dies gehe nur über eine qualitätsgeprüfte Produktion, die kontrolliert und überwacht werde. Aus Sicht von von der Groeben sollte dies ausschließlich in zertifizierten Anlagen in Deutschland passieren.

Demecan produziert derzeit nach eigenen Angaben eine Tonne Cannabis im Jahr für den medizinischen Markt. Allerdings könne das Unternehmen bereits heute die doppelte Menge produzieren, so von der Groeben. Perspektivisch könne die Jahresproduktion auf bis zu 20 Tonnen erweitert werden.

Sachsens Justizministerin Katja Meier begrüßte das Eckpunktepapier der Bundesregierung zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene als einen wichtigen Schritt in Richtung einer zeitgemäßeren Drogenpolitik. Die vorgeschlagenen Regelungen würden den Gesundheits- und Jugendschutz in den Vordergrund stellen und dazu beitragen, den Schwarzmarkt für Cannabis zu bekämpfen. Besonders wichtig sei jedoch, dass ein wirksamer Jugendschutz gewährleistet und auf Prävention geachtet werde. Die Stufenweise Vorgehensweise, die strikten Regelungen und die vorgeschriebene Evaluation seien zentrale Punkte. Eine fachliche Bewertung aus strafrechtlicher Sicht sei jedoch noch nicht möglich, da konkrete Vorschläge abgewartet werden müssten.

Die Leipziger Bundestagsabgeordnete Paula Piechotta (Grüne) begrüßte den Ampel-Plan ebenfalls. "Endlich liegen umsetzbare Eckpunkte für eine moderne und pragmatische Cannabis-Regulierung vor", sagte die Grünen-Politikerin. Ohne den Druck von Grünen und FDP im Haushaltsausschuss wäre dies nicht möglich gewesen. "Mit der angestrebten Legalisierung des Eigenanbaus entziehen wir den Drogendealern eine wichtige Grundlage, schützen vor gepanschtem Gras, stärken den Jugendschutz und entlasten die Polizei."

Eigenanbau und Cannabis-Clubs: Ampel plant "Legalisierung light"

Die Pläne zur Cannabis-Legalisierung sehen vor, dass in Deutschland künftig der Besitz von maximal 25 Gramm Cannabis und der Eigenanbau von höchstens drei Pflanzen straffrei sein sollen. Außerdem will die Bundesregierung den Anbau und die Abgabe der Droge in speziellen Vereinen ermöglichen. Der ursprünglich geplante freie Verkauf von Cannabis für Erwachsene in Fachgeschäften soll erst in einem zweiten Schritt und zunächst in Modellregionen mit wissenschaftlicher Begleitung erprobt werden.

Lauterbach und Özdemir verteidigten grundsätzlich die Legalisierungspläne und bekräftigten die Argumentation der Regierung, wonach mit dem Vorhaben der Schwarzmarkt zurückgedrängt und der Kriminalität der Boden entzogen werden solle. "Niemand soll mehr bei Dealern kaufen müssen, ohne zu wissen, was man sich da einhandelt", sagte Özdemir. Lauterbach sprach von einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene "in klaren Grenzen (...) flankiert durch Präventionsmaßnahmen für Jugendliche". Die bisherige Cannabis-Politik sei gescheitert.

Die nun präsentierten neuen Eckpunkte für das Legalisierungsvorhaben sind ein weiterer Zwischenschritt. Noch im April soll als nächstes ein erster konkreter Gesetzentwurf zur Regelung von Besitz, Eigenanbau und Vereinen - den sogenannten Cannabis-Social-Clubs - vorgelegt werden. Dieser müsste nach Abstimmung in der Regierung und Kabinettsbeschluss später noch durch Bundestag und Bundesrat.

  • Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis bleibt straffrei, eine solche Menge darf auch in der Öffentlichkeit mitgeführt werden.
  • Maximal drei "weibliche blühende Pflanzen" sind im Eigenanbau erlaubt - geschützt vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche.
  • "Nicht-gewinnorientierte" Vereine mit maximal 500 Mitgliedern dürfen gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und nur an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben. Das Mindestalter ist 18 Jahre. Die Clubs müssen Jugendschutz-, Sucht- und Präventionsbeauftragte benennen und dürfen nicht für sich Werbung machen. Eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen ist verboten.
  • Maximal dürfen pro Club-Mitglied 25 Gramm Cannabis pro Tag und maximal 50 Gramm pro Monat abgegeben werden. Unter 21-Jährige bekommen maximal 30 Gramm pro Monat, zudem soll für sie eine Obergrenze beim Wirkstoffgehalt festgelegt werden. Die Kosten sollen über die Mitgliedsbeiträge gedeckt werden, gegebenenfalls kommt ein zusätzlicher Betrag je abgegebenes Gramm dazu.
  • In den Vereinsräumen darf nicht konsumiert werden, auch Alkoholausschank ist verboten. Zudem gilt ein Mindestabstand für die Clubs zu Schulen und Kitas.
  • In der Öffentlichkeit ist der Konsum nahe Schulen oder Kitas verboten. In Fußgängerzonen darf bis 20 Uhr nicht gekifft werden.
  • Frühere Verurteilungen wegen Besitzes oder Eigenanbaus bis 25 Gramm oder maximal drei Pflanzen können auf Antrag aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden.
  • Minderjährige, die mit Cannabis erwischt werden, müssen an Interventions- und Präventionsprogrammen teilnehmen.
  • In einem zweiten Schritt sollen in Kreisen und Städten mehrerer Bundesländer in Modellprojekten "kommerzielle Lieferketten" ausprobiert werden, von der Produktion über den Vertrieb bis zum Verkauf von Cannabis in Fachgeschäften. Die Projekte werden wissenschaftlich begleitet, sind auf fünf Jahre befristet und auf die Einwohner dieser Kommunen beschränkt.
  • Diese zweite Säule der geplanten Legalisierung ist aber "voraussichtlich weiterhin notifizierungspflichtig", wie es von der Bundesregierung heißt. Das bedeutet, dass wohl die EU mitreden darf und damit im Moment unklar ist, ob daraus am Ende etwas wird.

In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP noch verabredet, die "kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften" einzuführen. Lauterbach hatte dazu bereits im Herbst Vorschläge vorgelegt. Von Anfang an gab es aber Bedenken, dass die Pläne an internationalem und EU-Recht scheitern könnten. (dpa)