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"Da ist nichts aus China": Warum die Nachfrage nach Pyramiden, Schwibbögen und Co. in Ullersdorf ungebrochen ist

Pyramiden, Schwibbögen, Räuchermännel: Seit 33 Jahren verkauft Christine Schwarzak erzgebirgische Volkskunst in Ullersdorf. Warum die Nachfrage nach wie vor sehr groß ist und wie es mit ihrem Geschäft weitergeht.

Von Verena Belzer
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Christine Schwarzak führt im Radeberger Ortsteil Ullersdorf einen Fachhandel für erzgebirgische Volkskunst.
Christine Schwarzak führt im Radeberger Ortsteil Ullersdorf einen Fachhandel für erzgebirgische Volkskunst. © Marion Doering

Ullersdorf. Bis zum Weihnachtsfest sind es noch etliche Wochen - und doch ist der Trubel in Christine Schwarzaks Geschäft bereits im Oktober enorm. Hier ein Anrufer, der sich nach einer Engel-Reparatur erkundigt, da ein Ehepaar von der Ostsee, das schon mehrmals in Ullersdorf eingekauft hat und auch dieses Mal wieder einige Figuren mit an die See nimmt. "Bis morgen", sagen sie zum Abschied. Sie wollen mit einer Freundin am nächsten Tag noch einmal vorbeikommen. Eine Kundin fragt nach der neuesten Sonderedition eines ganz speziellen Herstellers aus Seiffen, eine andere nimmt noch spontan ein Holz-Männel mit E-Gitarre als Geschenk mit.

Was ist es, das ihren Laden so beliebt macht? Christine Schwarzak überlegt einen Moment. "Ich denke, es ist die fachliche Beratung", sagt sie. "Und ein bisschen freundlich muss man ja auch sein, nicht so griesgrämig." Es folgt ein kleiner Schwatz darüber, dass dies in Sachsen ja nicht überall der Fall ist. Dann klingelt schon wieder das Telefon. Der nächste Kunde.

Mit dem Trabi ins Erzgebirge

Christine Schwarzak ist gelernte Fotolaborantin, später arbeitete sie noch zu DDR-Zeiten stundenweise in der Hortküche in Ullersdorf. Nach der Wende machte sie sich selbstständig. Erst mit Fotozubehör und Spiel- und Schreibwaren, doch schon kurze Zeit darauf erweiterte sie ihr Sortiment um erzgebirgische Volkskunst. "Weil das etwas Schönes ist", sagt sie. "Wir hatten zu Hause auch immer Engel und Pyramiden."

Die Seiffener Kirche als Teil einer Pyramide.
Die Seiffener Kirche als Teil einer Pyramide. © Marion Doering
Tausende Artikel hat Christine Schwarzak in ihrem Sortiment, hergestellt von knapp 300 Produzenten.
Tausende Artikel hat Christine Schwarzak in ihrem Sortiment, hergestellt von knapp 300 Produzenten. © Marion Doering
Nicht nur für Weihnachten: Hier ist Osterdekoration zu sehen.
Nicht nur für Weihnachten: Hier ist Osterdekoration zu sehen. © Marion Doering
Schneemänner in allen Größen.
Schneemänner in allen Größen. © Marion Doering
Filigrane Teelichtlaternen.
Filigrane Teelichtlaternen. © Marion Doering
Ein dreidimensionaler Schwibbogen.
Ein dreidimensionaler Schwibbogen. © Marion Doering

Mit dem Trabi fuhr sie ins Erzgebirge, um mit den Herstellern zu sprechen. "Da hatte ich schon ein bisschen Angst", erinnert sie sich. "Mit dem Trabi wusste man ja nie, ob der durchhält." Anfangs wollten die Produzenten ihr die Ware zu den üblichen Preisen verkaufen, die auch jeder Endkunde bezahlte. "Doch dann haben sie langsam ein echtes Händlerwesen aufgebaut und gemerkt, dass das Vorteile hat."

Seitdem fährt Christine Schwarzak mindestens alle drei Wochen von Ullersdorf nach Seiffen und deckt sich mit frischer Ware ein, die sie vorab bestellt hat. Vor Ort wird nur noch eingeladen. Ab Oktober steigt die Nachfrage derart rasant, dass sie jeden Mittwoch den Weg auf sich nimmt, dann hat der Laden zu. An allen anderen Werktagen, auch samstags, ist ihr Geschäft hingegen geöffnet.

Viele Hersteller hören altersbedingt auf

Heute führt sie fast 300 Hersteller und bietet in ihrem Geschäft tausende Artikel an. Eine genaue Zahl kann sie gar nicht sagen. Kunden, die sich einmal für einen bestimmten Hersteller entschieden haben, bleiben in aller Regel diesem treu. Und sammeln. "Für viele ist das eine Sammelleidenschaft", sagt die 67-Jährige. "Und die Hersteller bringen immer neue Editionen und Sondereditionen in kleinen Stückzahlen heraus. Das hat sich alles sehr professionalisiert."

Und dennoch: Christine Schwarzak hat auch einen anderen Trend wahrgenommen. "Es gibt schon viele Hersteller, die hören altersbedingt auf", erzählt sie. "Weil sie keinen Nachfolger gefunden haben." Es gebe durchaus Lehrlinge, die in Seiffen den Beruf des Spielzeugmachers lernen, sagt sie. "Aber vielleicht kommen einfach zu wenige nach."

Auch Herrnhuter Sterne sind sehr gut nachgefragt

Sie selbst kann sich über mangelnde Nachfrage alles andere als beschweren. Auch die Krisen der vergangenen Jahre hat sich gut überstanden. "Viele Leute, die einmal bei mir waren, kommen wieder." Das freue sie. Die Kunden schätzten das große Sortiment und vor allem die Qualität. Die meisten kämen aus der Region. Aus Radeberg, Pirna, Radebeul, Dresden. "Das ist Tradition, das ist Brauchtum." Da würden die Leute auch gerne ein bisschen mehr Geld ausgeben. "Da ist nichts aus China, alles handgemacht. Das ist etwas von Wert."

Sehr gut gefragt seien auch die Herrnhuter Sterne. Außerdem verkauft Christine Schwarzak das ganze Sortiment drum herum: Räuchermännel, Teelichtlaternen, Ganzjahresfiguren, Räucherkerzen, Fensterbilder, Baumschmuck. Und Schreibwaren führt sie auch.

Drei Jahre will Christine Schwarzak noch weitermachen

Das Geschäft läuft gut, es hält die 67-Jährige fit. "Ich bin ja auch ständig am Rennen. In den Keller, auf den Boden." Ruhe finde sie in ihrem Garten, das sei ihr Ausgleich. Doch wie geht es weiter? Drei Jahre wolle sie auf jeden Fall noch machen, wenn es die Gesundheit zulasse, sagt sie. Dann müsse sie langsam überlegen, das Geschäft vielleicht in andere Hände zu geben. "Irgendwann muss jeder mal aufhören."

Aus der Familie wird es niemand übernehmen, aber Christine Schwarzak wäre es sehr recht, wenn sich eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger fände. Jemand, der die Tradition der erzgebirgischen Volkskunst in Ullersdorf erfolgreich fortführt.

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