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Projekt "Schulbook": Radeberger Schüler bauen eigenen Laptop

Schüler des Radeberger Humboldt-Gymnasiums haben einen eigenen Laptop gebaut. Das Besondere daran: Er ist bezahlbar, nachbaubar, reparierbar - und vor allem voll funktionstüchtig.

Von Verena Belzer
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Stolz auf ihren selbst gebauten Laptop: Quentin Boswank (von links), Oliver Ringel, Raphael Reißmann, Leni Trepte, GTA-Leiter Robert Ringel, Toni Schnelle und Annika Reißmann
Stolz auf ihren selbst gebauten Laptop: Quentin Boswank (von links), Oliver Ringel, Raphael Reißmann, Leni Trepte, GTA-Leiter Robert Ringel, Toni Schnelle und Annika Reißmann © Marion Doering

Radeberg. Wer kann von sich behaupten, schon mal einen eigenen Laptop gebaut zu haben? Nicht viele wahrscheinlich. Angemacht, ausgemacht, mal etwas installiert, ein Update gemacht vielleicht - aber gebaut?

Sechs Schülerinnen und Schüler des Radeberger Humboldt-Gymnasium haben genau das fertiggebracht: Sie haben einen funktionstüchtigen Laptop Marke Eigenbau kreiert. Im Ganztagsangebot mit dem Projektnamen "Schulbook" haben sie sich seit Anfang des Schuljahres zusammengesetzt und Schritt für Schritt etwas entwickelt, an dessen Ende nun ein fertiger Rechner steht. 1.900 Gramm leicht, 35 Zentimeter lang, 24 Zentimeter breit. Etwas, auf das sie stolz sein können.

Und etwas, das auch andere fasziniert und begeistert. Gemeinsam mit Robert Ringel, der das Ganztagsangebot leitet, dürfen die sechs Schüler ihr Projekt bei der Langen Nacht der Wissenschaften an der HTW in Dresden präsentieren. Die findet am Freitag, 30. Juni, ab 18 Uhr statt.

Bezahlbar, stabil, leicht und reparierbar

Das Besondere an dem "Schulbook" ist, dass es im Prinzip jeder nachbauen kann. Alle Komponenten und Bauteile samt Bauanleitung werden vom Projektteam auf der weltweit agierenden, offenen Plattform "Github" veröffentlicht - man braucht noch nicht einmal Spezialwerkzeug dafür.

"Wir wollten etwas bauen, das bezahlbar, stabil, leicht und reparierbar sein sollte", erklärt Robert Ringel. "Also haben wir am Anfang einen Projektplan aufgestellt."

In den folgenden Wochen testeten die Schülerinnen und Schüler, die die 6., 7., 9., 10. und 12. Klasse besuchen, allerlei verschiedene Kabel, Materialien oder Stecker.

"Rückschläge gab es einige", berichtet Quentin Bosbank, der die 9. Klasse besucht. "Ich habe Stunden damit verbracht, die richtigen Kabel zu finden. Schließlich musste alles in das Gehäuse passen."

Auch das Gehäuse selbst wurde mehrfach neu konzipiert, sodass es schließlich allen Anforderungen genügte. Anders als bei herkömmlichen Laptops ist es aus Holz. "Dieses Material konnten wir selbst bearbeiten, es ist recyclebar und haltbar", erklärt Toni Schnelle aus der 10. Klasse.

Der Materialpreis des Laptops liegt bei 250 Euro

Jeder Schüler hatte unterschiedliche Aufgaben - je nach Kenntnisstand. Manche programmierten den Rechner, manche setzten Briefe auf, die an mögliche Sponsoren verschickt werden sollten. Denn eines war klar: Ein bisschen Geld würde es schon kosten, den Laptop so fertigzustellen, dass er am Ende wirklich funktioniert und noch dazu praktisch ist.

Vom Dresdner IT-Unternehmen Itaricon kamen so 500 Euro in die Kasse, die HTW Dresden stellte den sogenannten Raspberry Pi, einen Einplatinencomputer in der Größe einer Kreditkarte. Und schließlich unterstütze auch der Förderverein des Humboldt-Gymnasiums das Projekt mit 200 Euro.

Die Materialkosten des funktionstüchtigen "Schulbook" belaufen sich nun auf etwa 250 Euro - damit ist es drastisch günstiger als ein handelsüblicher Laptop von bekannten amerikanischen Tech-Unternehmen.

So sieht das "Schulbook" von innen aus - in der Mitte sieht man die Powerbank, rechts oben den Raspberry Pi. Das Gehäuse ist aus Holz.
So sieht das "Schulbook" von innen aus - in der Mitte sieht man die Powerbank, rechts oben den Raspberry Pi. Das Gehäuse ist aus Holz. © Marion Doering

Projekt schult themenübergreifendes Denken

"Wir haben im Grunde interdisziplinär gearbeitet", berichtet Robert Ringel, selbst Lehrkraft und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät Informatik/Mathematik HTW Dresden. "Ein bisschen Maschinenbau, ein bisschen Elektro-Technik, aber auch Design und BWL."

Gerade diese fächerübergreifende Herangehensweise an Themen vermisse er oft im schulischen Lehrplan, sagt Ringel. "Die Kinder lernen bei so einem Projekt auch themenübergreifendes Denken, was ihnen sicherlich später mal helfen wird. Denn wo gibt es schon die reine Lehre?"

Ringel selbst hatte in den vergangenen Jahren Lego-Robotik als Ganztagsangebot geleitet, nun hatte er einmal Lust auf etwas ganz Neues. "Im Grunde wollte ich das schon immer mal versuchen, einen eigenen Laptop zu bauen."

Bauteile sind austauschbar

Und auch die Schüler sind begeistert. Sie haben monatelang ihre Zeit in diesen kleinen, tragbaren Computer investiert - und sind jetzt zu Recht stolz auf das Resultat. Ihr "Schulbook" funktioniert, es passt in jeden Rucksack, es ist leicht. Für schulische Anwendungen reicht der Laptop vollkommen aus.

Und wenn die Batterie oder irgendein anderes Bauteil kaputtgehen sollte, kann man es einfach ersetzen - und muss den Laptop nicht gleich wegwerfen und einen neuen kaufen.

"Ich habe bei dem Projekt gelernt, nicht aufzugeben", erzählt Raphael Reißmann aus der 6. Klasse. "Und an das Unmögliche zu glauben." Leni Trepte aus der 7. Klasse berichtet, wie spannend sie es fand, zu erkennen, wie komplex so ein Gerät eigentlich ist. "Was da alles dahinter steckt! Vor allem, damit alles funktioniert und dann auch noch in eine so kleine Holzkiste passt."

Der große Traum der Schüler ist es nun, dass möglichst viele andere Schüler ihr "Schulbook" nachbauen - damit sie einen eigenen Laptop haben, aber auch um zu lernen. "Allein durch den Prozess des Nachbaus würden Kinder irre viel lernen", ist sich Robert Ringel sicher.

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