Medingen. Das Wetter an diesem Wochentag im Juli ist alles andere als sommerlich. Es ist kühl, stürmisch, graue Regenwolken ziehen übers Land. Auf der Hauptstraße in Medingen laufen zwei Wanderer zügig am örtlichen Gasthof und an der Kirche vorbei. Ein paar Minuten später, an der Röderbrücke, geht es für sie nicht mehr weiter.
Sie blicken auf die geschotterte Straße, die sich hier durch die Landschaft schlängelt, auf die Baustellenfahrzeuge, die rot-weißen Sicherungsbaken, mit denen eigentlich die Baustelle abgesperrt wird, die jedoch an diesem Tag am Straßenrand abgestellt sind.
Die beiden beratschlagen sich, schließlich geht es über ein Feld weiter in Richtung Ottendorf-Okrilla. Wenig später rattert ein junger Mann mit seinem Rad über die aufgerissene Straße, mit hochrotem Kopf passiert er die Brücke, gelegentlich sieht man auch Autos über die pistenartige Straße rumpeln.
Es ist nun rund einen Monat her, dass der Ausbau der Staatsstraße 177 an dieser Stelle offiziell gestartet ist.
30 Kilometer Umleitung wegen 1,2 Kilometern Vollsperrung
Im Ottendorfer Ortsteil Medingen ist es ruhig an diesem Vormittag. Was nicht nur an der Ferienzeit liegt. Denn seit Mitte Juni ist die S177 zwischen Ottendorf-Okrilla und dem Ortsteil Medingen auf einer Länge von rund 1,2 Kilometern gesperrt. Voll gesperrt.
Die Straße wird in diesem Abschnitt auf einer Fahrbahnbreite von 7,50 Metern ausgebaut, auch ein fahrbahnbegleitender Rad- und Gehweg wird in den kommenden Monaten entstehen. Bis Ende 2024 sollen die Arbeiten an dieser regional bedeutenden Straße dauern.
Das bedeutet für diejenigen, die von der Sperrung betroffen sind - also für Einwohner, Pendler und Gewerbetreibende - vor allem eines: Geduld zu haben. Die offizielle, recht weitläufige Umleitungsstrecke führt über Radeburg, Tauscha, Lausnitz nach Ottendorf-Okrilla. Rund 30 Kilometer sind das.
Mal eben zum Lieblingsbäcker in den Nachbarort, zum Arzt oder ins Freibad, all das ist jetzt mit größerem Aufwand und langen Umwegen verbunden.
Der Vorteil der Baumaßnahme: weniger Lärm
Fühlt man sich in dem rund 2.500 Einwohner zählenden Ottendorfer Ortsteil nun abgeschnitten vom Rest der Welt? "Nur ein ganz klein wenig", sagt ein älterer Mann, der mit seinem Hund unweit des Gewerbegebietes unterwegs ist. Ansonsten habe die Straßensperrung den Vorteil, dass es im Ort in den nächsten Monaten ruhiger werde, so der Rentner.
Eine junge Frau, die mit ihrem Wagen zu einer Einkaufstour aufbrechen will, erzählt, dass sie für sämtliche Fahrten in die nähere Umgebung viel mehr Zeit als sonst brauche. "Jede Fahrt muss ich genau planen", sagt sie.
Als die Straße vor mehr als anderthalb Monaten dicht gemacht wurde, sah man in Medingen "trotz umfassender Hinweise auf die Straßensperrung", so Ortsvorsteher René Edelmann, an manchen Tagen immer noch LKW durch den Ort kurven. Einige seien gar in den Baustellenbereich hinein gefahren, berichtet Edelmann.
Bei den mühevollen Wendemanövern sei die alte Röderbrücke etwas ramponiert worden - was jedoch zu verschmerzen ist, denn das über die Röder führende Bauwerk soll in diesem Jahr abgebaut und durch eine neue Brücke ersetzt werden.
Natürlich sei diese Straßensperrung eine Belastung für die Einwohner, so der Ortsvorsteher. Aber die Arbeiten an der S177, insbesondere der Ausbau des Geh- und Radweges zwischen den beiden Orten, seien schon lange geplant gewesen, "das alles ist einfach notwendig", erklärt Edelmann.
Auf Schleichwegen zum Medinger Bäcker Stephan
In zwei Etappen ist der Ausbau zwischen dem Ortsende von Medingen und der Kastanienstraße im Ottendorfer Ortsteil Cunnersdorf vorgesehen. In diesem Jahr soll von der Mitte der gesperrten Strecke bis zum Ende in Ottendorf-Okrilla gebaut werden.
Der Medinger Bäckermeister Karsten Stephan erzählt, dass einige seiner in Ottendorf wohnenden Kunden "auf Schleichwegen zu uns radeln". Feld- und Waldwege gebe es in der Region ja etliche.
Negative Auswirkungen auf seine Bäckerei habe die Sperrung der S177 aber keine. Und überhaupt: Es gebe in Medingen kaum Geschäfte, die meisten gehen zum Einkaufen immer nach Weixdorf oder Radeburg.
Mit anderen Worten: Das Leben dürfte in Medingen wohl weitergehen wie bisher. Oder? Das schon, meint der 57-jährige Karsten Stephan, der auch Ortschaftsratsmitglied ist. Allerdings gehe er davon aus, dass die Feldwege zwischen Medingen und Ottendorf-Okrilla in der nächsten Zeit häufiger von den Einheimischen frequentiert werden. Zu Fuß oder mit dem Rad.
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