Radeberg
Merken

S177-Baustelle in Medingen sorgt für Ärger bei Eisdielenbetreiber

Umsatzeinbußen von bis zu 70 Prozent wegen der gesperrten S177 in Medingen? Die Kunden des Giovanna-Eiscafés in Ottendorf bleiben aus. Der Betreiber fordert eine Entschädigung.

Von Siri Rokosch
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Das Eiscafe' Giovanna liegt direkt an der S177 in Ottendorf-Okrilla. Seitdem diese Straße nach Medingen gesperrt ist, verzeichnet der Inhaber massive Umsatzeinbrüche.
Das Eiscafe' Giovanna liegt direkt an der S177 in Ottendorf-Okrilla. Seitdem diese Straße nach Medingen gesperrt ist, verzeichnet der Inhaber massive Umsatzeinbrüche. © Marion Doering

Ottendorf-Okrilla. Michael Tegethoff, Geschäftsführer des Giovanna-Eiscafes in Ottendorf-Okrilla, ist ratlos: Seitdem an der Radeburger Straße, der S177, im Ottendorfer Ortsteil Medingen gebaut wird, sei sein Umsatz um bis zu 70 Prozent eingebrochen. Gäste, die bislang auf der Durchfahrt bei ihm anhielten, um ein Eis zu essen, würden nun wegbleiben - denn die Straße nach Medingen ist seit Mitte Juni gesperrt - eine Weiterfahrt unmöglich.

Und das soll auch so bleiben, denn die Arbeiten sollen erst Ende des kommenden Jahres abgeschlossen sein. Schriftlich forderte Michael Tegethoff, der auch das Café am Fasanenschlösschen in Moritzburg betreibt, eine Entschädigung vom Freistaat Sachsen.

"Ich kann die Leute verstehen, dass sie nicht kommen."

Der Kaufmann, der seine bis zu 24 Eissorten von einer Mitarbeiterin selbst herstellen lässt, könne die Menschen verstehen. Früher hätten die Autofahrer angehalten und sich ein Eis gegönnt, sagt Tegethoff. "Ich bin zwar Laie, doch frage ich mich, ob die Bauarbeiten nicht auch mit einer halbseitigen Sperrung ausgeführt werden könnten? Immerhin sind es nur 1,2 Kilometer."

Michael Tegethoff, Chef der Eisdiele Giovanni in Ottendorf-Okrilla, würde gerne mehr Eis verkaufen, doch die Kunden bleiben aus.
Michael Tegethoff, Chef der Eisdiele Giovanni in Ottendorf-Okrilla, würde gerne mehr Eis verkaufen, doch die Kunden bleiben aus. © Marion Doering

Seine vier festangestellten Mitarbeiter in Ottendorf müssten nun weniger arbeiten oder in Moritzburg aushelfen. Zudem würde auf Bestellung auch eine mobile Eisdiele durch das Umland fahren, in der die Mitarbeiter jetzt eingesetzt werden.

Vor Beginn der Bauarbeiten an der S177 war das Café an jedem Wochentag von 12 bis 18 Uhr geöffnet, nun prangt ein Schild an der Eingangstür: "Wegen der Straßensperrung in Medingen müssen wir leider unsere Öffnungszeiten anpassen. Donnerstag und Freitag von 15 bis 18 Uhr und Samstag und Sonntag von 13 bis 18 Uhr", ist dort zu lesen.

Innerhalb der Woche sei ein Umsatzrückgang von 70 Prozent zu sehen, sagt der Geschäftsführer, und am Wochenende habe er Umsatzeinbußen in Höhe von rund 50 Prozent beobachtet. Das kühle und verregnete Sommerwetter sei daran aber nicht Schuld, so Michael Tegethoff. "In Moritzburg habe ich keine Einbußen."

Amt: Halbseitige Sperrung der S177 ist nicht möglich

Noch bis November 2024 sollen die Arbeiten an der S177 zwischen Ottendorf-Okrilla und Medingen andauern. Der 1,2 Kilometer lange Abschnitt wird auf eine Fahrbahnbreite von 7,50 Metern ausgebaut, auch ein fahrbahnbegleitender Rad- und Gehweg soll in den kommenden Monaten entstehen. Das bedeutet für diejenigen, die von der Sperrung betroffen sind - also Einwohner, Pendler und Gewerbetreibende - vor allem eines: Geduld zu haben. Die offizielle, recht weitläufige Umleitungsstrecke, führt über Radeburg, Tauscha, Lausnitz nach Ottendorf-Okrilla. Rund 30 Kilometer sind das.

Wie das Landesamt für Straßenbau und Verkehr Dresden (Lasuv) auf Anfrage mitteilt, sei eine halbseitige Bauweise nicht möglich gewesen.

Wenige Meter hinter der Eisdiele in Ottendorf-Okrilla beginnt die Baustelle. Die S177 ist voll gesperrt. Anwohner müssen rund 30 Kilometer auf der Umleitungsstrecke fahren.
Wenige Meter hinter der Eisdiele in Ottendorf-Okrilla beginnt die Baustelle. Die S177 ist voll gesperrt. Anwohner müssen rund 30 Kilometer auf der Umleitungsstrecke fahren. © Marion Doering

Bei diesem grundhaften Ausbau werde die Straßenachse der S177 in Lage- und Höhenniveau geändert, sodass die baulichen Eingriffe in die Bestandsfahrbahn eine Aufrechterhaltung der Verkehrsführung nicht zulassen, sagt Lasuv-Sprecherin Rosalie Stephan. "Im Rahmen des Bauvorhabens wird das Brückenbauwerk im Zuge der Rödertalstraße abgerissen und durch einen Neubau an nebenliegender Stelle ersetzt. Zur Herstellung der Brückenwiderlager ist die Vollsperrung der S177 notwendig, da ein Spundwandkasten zwischen der Großen Röder und der S177 errichtet werden muss. Das dazu notwendige Gerät steht bei der Herstellung der Baugrubenumschließung auf der S177", erklärt sie weiter.

Zudem werde der Radweg nicht lage- und höhengleich neben der Fahrbahn hergestellt. Deshalb sei die Möglichkeit einer nebenliegenden, provisorischen Umfahrungsmöglichkeit nicht gegeben. Der Radweg wird auf einer Länge von rund 80 Meter zudem auf einer sogenannten Kragplatte geführt, da die Querschnittsgegebenheiten aufgrund der parallel verlaufenden Röder die Anordnung des Radweges neben der S177 sonst nicht zuließe.

In Ottendorf-Okrilla wird außerdem ein neuer Regenwasserkanal errichtet, gleichzeitig werden die Einbauteile der Trinkwasserleitung und die Hausanschlüsse der Gasleitungen erneuert. "Da sich die Leitungen in der Fahrbahn befinden, kann keine provisorische Befahrbarkeit ermöglicht werden", berichtet Stephan.

Entschädigungen werden im Einzelfall geprüft

Michael Tegethoff hat nach eigenen Angaben sowohl telefoniosch als auch per E-Mail beim Landesbauamt nachgefragt, ob es für die Umsatzeinbußen durch die Baustelle eine Entschädigungszahlung geben würde. Bislang habe er keine Antworten erhalten.

Lasuv-Sprecherin Rosalie Stephan erklärt dazu, dass die Frage, ob ein Gewerbebetrieb aufgrund von Baumaßnahmen eine Entschädigung verlangen kann, nicht pauschal zu beantworten sei. Dies hänge "maßgeblich vom Einzelfall ab und müsse jeweils gesondert geprüft werden".

Die Voraussetzungen für eine Entschädigungszahlung würden durch das Sächsische Straßengesetz und die Rechtsprechung festgelegt. "Die Entschädigung ist bei dem für die Bauarbeiten verantwortlichen Straßenbaulastträger, hier also dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr, geltend zu machen", sagt sie. Dafür seien entsprechende Nachweise für den Umsatzverlust vorzulegen. Dann werde geprüft, ob ein Anspruch auf Entschädigungszahlung besteht oder ob Entlastungen im Rahmen des Bauablaufs möglich sind.

Das heißt für den Eiscafe-Betreiber abzuwarten, was die Prüfung ergibt. Immerhin sollen die Bauarbeiten an der S177 im Winter ruhen. Von Dezember 2023 bis voraussichtlich März 2024 soll die S177 für den Verkehr freigegeben werden. Dann kann Michael Tegethoff Waffeln, selbstgemachten Eierpunsch, Glühwein und Bratwürste anbieten. Für die Winter-Kundschaft werde derzeit auch der Sitzbereich im Außengelände überdacht, erklärt er.

Haben Sie Anregungen, Wünsche oder Themen, die Sie bewegen? Dann kontaktieren Sie uns gerne per E-Mail [email protected].