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Camperzoff und erste Lösungsvorschläge

Am Oberen Waldteich in Boxdorf gibt es kein Wasser und keinen Strom - weil der Pächter der Gesamtanlage vor knapp einem Jahr gekündigt hat.

Von Peter Redlich
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Idylle und Ruhe auf dem Campingplatz am Oberen Waldteich in Boxdorf bei Moritzburg. Doch unter den Campern kocht es.
Idylle und Ruhe auf dem Campingplatz am Oberen Waldteich in Boxdorf bei Moritzburg. Doch unter den Campern kocht es. © Norbert Millauer

Moritzburg/Boxdorf. Die Situation ist bezeichnend: stockdunkle Nacht, keine Laterne an und nach Informationen suchende Camper. Auf dem Campingplatz am Oberen Waldteich in Boxdorf - gehört zur Gemeinde Moritzburg - ist eigentlich Erholung in der Idylle und Ruhe möglich. Jetzt herrscht dort Aufregung vor.

Keiner der über 100 Campingfreunde hat noch einen funktionierenden Stromanschluss. Keiner hat Wasser. Die öffentlichen Sanitäranlagen sind abgestellt. Seit fast einem Jahr ist das so. Der bisherige Pächter Steffen Martin hat den Pachtvertrag mit der Gemeinde Moritzburg als Eigentümer des Campingplatzes urplötzlich gekündigt und die Schlüssel zur Anlage abgegeben. Wenig später wurde auch die Energie- und Wasserversorgung abgestellt. Seitdem behelfen sich die Camper mit Chemietoilette, Batterien und Kerzenlicht. "Doch so weitergehen kann es nicht. Wir wollen endlich eine Aussicht, wann wieder Strom und Wasser angestellt werden", sagt Horst Heymann, einer, der sich als Sprecher der Campingfreunde voranstellt.

Am vergangenen Freitagabend haben sich etwa 40 Pächter vom Campingplatz im Froschcafè getroffen, um die Aussichten zu besprechen. Eingeladen waren auch Moritzburgs Bürgermeister Jörg Hänisch (parteilos), die Gemeinderäte und Gundula Bleul, die Geschäftsführerin der Kulturlandschaft Moritzburg GmbH. Letztere betreibt den gut funktionierenden Campingplatz Bad Sonnenland.

Doch sowohl Hänisch als auch Bleul haben sich beim Versammlungsleiter Heymann entschuldigt und ihre Absage mit einem laufenden Gerichtsverfahren begründet. Gemeinde und der bisherige Pächter Martin streiten sich wegen der Kündigung des Pachtvertrages. Hänisch: "Wir haben gerade erst für vier weitere Jahre verlängert. Die Kündigung ist aus unserer Sicht unwirksam."

Und genau daran hängt nicht nur die jährlich an die Gemeinde zu zahlende fünfstellige Pachtsumme, sondern offenbar auch die abzuführenden und zu begleichenden Strom- und Wasserkosten.

Wegen dieses Dilemmas haben die ersten Camper ihre Scholle am Oberen Waldteich auch schon verlassen. Manche ließen die Abrissreste ihrer um den Campingwagen errichteten Dächer und Begrenzungen einfach vorm Ausgangstor liegen, sagt Bürgermeister Hänisch. "Wir haben schon ordentlich Müll beräumt."

Aber die große Mehrzahl will bleiben und vor allem wissen, wie es weitergeht. Einer aus dem Gemeinderat ist dann doch gekommen - Andrè Hettmann (AfD). Ihn löchern die Anwesenden im Froschcafè und wollen Antworten. Doch auch er kann diese nicht befriedigend geben. "Ich möchte mir lediglich ein Bild machen", sagt Hettmann. Und setzt hinzu, dass sich bei seiner Fraktion schon jemand gemeldet hätte mit Interesse, die Gesamtpacht am Oberen Waldteich zu übernehmen.

Allerdings sehe auch er keine Lösung, bevor nicht das Gericht über den nach wie vor gültigen Pachtvertrag mit Steffen Martin entschieden habe. Sonst würde man ja die Kündigung anerkennen und möglicherweise auf den bestehenden Forderungen sitzen bleiben. "Hier hat Bürgermeister Hänisch sicher recht", so Hettmann.

Aus den Reihen der Camper kommen auch Vorschläge, wie aus deren Sicht ein Übergang passieren könnte. Vorschläge lauten so: Die Gemeinde könnte doch Strom und Wasserbeiträge kassieren und abrechnen und so wieder geordnete Verhältnisse einziehen lassen. Auch sei man bereit, bestehende Schwarzbauten um die Campingwagen herum mal zu besprechen. "Bisher habe die Gemeinde allerdings auch nicht kontrolliert", heißt es von den Campern. Oder, so Wortführer Horst Heymann, die Kulturlandschaft Moritzburg GmbH übernimmt den Campingplatz mit. Stellplätze für Camper seien doch gerade nachgefragt wie lange nicht.

Auf die Nachfrage der SZ bei Familie Martin gab es die Antwort, dass Junior Lars Martin durchaus bereit wäre, in den Pachtvertrag einzutreten. Doch auf seinen Vorschlag habe die Gemeinde nicht reagiert.

Die zusammengetragenen Fakten besagen: Die Pacht je Camper beträgt im Jahr für etwa 90 Quadratmeter Stellplatz rund 700 Euro. Für etwa 100 Camper wären das 70.000 Euro - wovon der Gesamtpächter an die Gemeinde seine Pacht bezahlt, mindestens einen Mitarbeiter beschäftigt, Reparaturen und Sanitäranlagenpflege betreiben muss. Beispielsweise ist der Zufahrtsweg nur noch eine gefährliche Schlaglochpiste. Ob die Pachtsumme sowohl der einzelnen Camper als auch eines Betreibers des Campingplatzes dafür künftig ausreichend sind, ist fraglich. Vieles ist noch zu besprechen.

Lösungsvorschläge gab es also am Freitagabend, aber keine Lösung. Manche Camper entwickeln auch die Idee, einen Verein zu gründen und als Pächter gegenüber der Gemeinde aufzutreten. Andere überlegen, sich abzuspalten und als kleinere Gruppe zu agieren. Auch weil, wie einer sagt, nicht mal alle über das aktuelle Geschehen informiert würden. Viel Camperzoff am Oberen Waldteich.