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Radebeuler Stromversorger darf keine E-Tankstellen betreiben

Die Stadtwerke Elbtal möchten gern ihr Ladenetz für E-Autos in Radebeul und Coswig ausbauen. Doch ein Gesetz zwingt den Energieversorger zu einer entgegensetzten Entwicklung.

Von Silvio Kuhnert
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Als die Stadtwerke ihre Ladestation am Schloss Wackerbarth im Jahr 2020 in Betrieb nahmen, war die Welt noch in Ordnung. Sie konnten das Netz selbst betreiben und den Strom dafür liefern. Doch eine neue Gesetzesregelung verlangt, beides zu trennen.
Als die Stadtwerke ihre Ladestation am Schloss Wackerbarth im Jahr 2020 in Betrieb nahmen, war die Welt noch in Ordnung. Sie konnten das Netz selbst betreiben und den Strom dafür liefern. Doch eine neue Gesetzesregelung verlangt, beides zu trennen. © Arvid Müller

Radebeul. Es ist bald neun Jahre her, dass die erste Elektrotankstelle in Radebeul in Betrieb ging. Seit Frühjahr 2015 können Elektrofahrzeuge am Bahnhof in Ost Strom tanken. Die Anzahl der Stromtankstellen ist seitdem in der Lößnitzstadt und in der Nachbarstadt Coswig auf insgesamt 16 gestiegen. Sechs davon betreiben die Stadtwerke Elbtal.

Die Nachfrage hielt sich zunächst stark in Grenzen. Als die Elbtalwerke 2018 ihre zweite Ladestation in Coswig ans Netz nahmen, teilten sie mit, dass im Vorjahr insgesamt nur 15 Ladevorgänge registriert wurden. Das Geschäft war zunächst nicht rentabel. Doch das hat sich geändert. "Wir haben die ersten Jahre nur rote Zahlen geschrieben. Jetzt kommen wir in die schwarze Null", sagte Annett Müller-Bühren, Kaufmännische Geschäftsführerin der Stadtwerke Elbtal, als jüngst Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) die Geschäftszentrale in Radebeul besuchte.

Fünfstelliger Betrag investiert

"Wir haben im vergangenen Jahr über 400.000 Kilowattstunden an den Ladepunkten Strom abgesetzt. Das ist eine Steigerung von 100 Prozent gegenüber dem Jahr 2022", führt Müller-Bühren fort. Gern würde sie das Ladenetz weiter ausbauen. So fehlt beispielsweise eine E-Tankstelle noch auf dem Dorfanger Altkötzschenbroda. Dagegen sind die meisten entlang der Meißner Straße zu finden, bei Autohäusern am Lidl-Supermarkt oder auf dem Parkplatz von Schloss Wackerbarth. Nicht alle betreiben die Stadtwerke. Von den 16 Standorten mit öffentlichen Ladesäulen befinden sich sieben an der Hauptverkehrsader der Lößnitzstadt. Insgesamt zwölf sind auf Radebeuler, vier auf Coswiger Flur anzutreffen.

Bis jetzt haben die Stadtwerke Elbtal einen fünfstelligen Betrag investiert. Allein rund 15.000 Euro hat der Energieversorger für die Ladestation am Schloss Wackerbarth ausgegeben. Diese ist mit zwei Ladepunkten ausgestattet und können gleichzeitig mit einer Ladeleistung von jeweils bis zu 22 Kilowatt genutzt werden. Der Anschluss zwischen der Ladestation und dem E-Fahrzeug erfolgt mit dem gängigen Typ-2-Stecker.

Wider den Intensionen des Unternehmens

Müller-Bühren würde gern weiter in den Ausbau des Netzes investieren. Doch anstatt zu überlegen, wo sich außer auf dem Dorfanger der Aufbau einer E-Tanksäule noch lohnt, muss sich die Stadtwerke-Chefin nun den Kopf darüber zerbrechen, wie es für das Tochterunternehmen von Coswig und Radebeul überhaupt auf dem Gebiet der Elektromobilität weitergeht. Denn nach derzeitigem Stand müssen die Elbtalwerke zum Ende dieses Jahres ihre Stromzapfsäulen aufgeben.

"Gesetzliche Änderungen zwingen die Stadtwerke Elbtal, die Ladestationen abzugeben", informiert Müller-Bühren und betont: "Das entspricht nicht den Intentionen des Unternehmens." Als Damoklesschwert schwebt Paragraf 7c des Energiewirtschaftsgesetzes über dem Unternehmen. In der Regelung heißt es, dass Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen weder Eigentümer von Ladepunkten für Elektromobile sein noch diese Ladepunkte entwickeln, verwalten oder betreiben dürfen. "Stadtwerke dürfen keine Ladesäuleninfrastruktur unterhalten", bringt Müller-Bühren die neue Regel auf den Punkt.

Keine Ausnahme für kleine Stadtwerke

Mit der neuen Regelung setzt die Bundesrepublik Vorgaben der Europäischen Union um. Große Energieversorger splitten ihre Unternehmen auf. So gibt es unter dem Dach eine Gesellschaft, die sich um den Stromfluss kümmert, und eine weitere, die das Leitungsnetz betreibt. Die Sachsen-Energie macht das beispielsweise so.

Die Stadtwerke Elbtal gelten dagegen als ein De-Minimis-Unternehmen, weil sie weniger als 100.000 Kunden haben. Als kleiner Stromversorger sind sie von gewissen gesetzlichen Verpflichtungen ausgenommen, wie das Gründen einer selbstständigen Netzgesellschaft. "Das heißt, der Netzbetrieb bleibt in einer Gesellschaft mit dem Liefergeschäft", so Müller-Bühren.

Offene Zukunft

Beim Betrieb der Ladesäulen wird das den Stadtwerken nun zum Verhängnis. Der Paragraf 7 des Energiewirtschaftsgesetzes nimmt kleine Stromversorger, die De-Minimis-Unternehmen, nicht aus. Der Gesetzgeber habe in einem weiteren Paragrafen des Energiewirtschaftsgesetzes bestimmt, "dass Betreiber von Energieverteilernetzen, die unter die De-Minimis-Ausnahme fallen, bis zum 31. Dezember 2024 die Tätigkeit einzustellen haben", berichtet Müller-Bühren.

Die Stadtwerkechefin steht jetzt vor der bangen Frage, wie es Ende dieses Jahres mit ihrem Netz an E-Ladestationen weitergeht. Gespräche über die weitere Zukunft laufen mit den Gesellschaftern der Elbtalwerke und der Sachsen-Energie. Verschiedene Optionen liegen auf dem Tisch. Sie reichen von Verkaufen bis hin zu neuen Kooperationsmodellen. "Die Planung und Errichtung von Ladeinfrastruktur sollte aus unserer Sicht vor Ort bleiben und die Belange von Bürgern und Kommune berücksichtigen. Dabei wollen wir nicht nur den Status Quo erhalten, sondern eine Perspektive erarbeiten, damit langfristig das Angebot an Ladepunkten dem Zuwachs der E-Autos entspricht", teilt Müller-Bühren mit.