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Buntspechte vergehen sich an Radeburger Fassaden

Die Tiere hacken Löcher in die gedämmten Fassaden der Schulen. Das führt zu Schäden. Die Stadtverwaltung sucht nach Hilfe.

Von Kathrin Krüger
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Ein Buntspecht hat ein Loch in die Fassade der Radeburger Schule gehackt. Hier kann später Wasser eindringen.
Ein Buntspecht hat ein Loch in die Fassade der Radeburger Schule gehackt. Hier kann später Wasser eindringen. © SZ-Archiv

Radeburg. "Ja, er ist wieder gesehen worden." Bürgermeisterin Michaela Ritter ist deshalb ratlos: Wieder machen ihr Vögel in der Stadt zu schaffen - und es sind keine Tauben oder Raben. Es sind Buntspechte beim Bau ihrer Behausung. Die sind hartnäckig und vergehen sich speziell an kommunalen Gebäuden: der Grund- und der Oberschule, wie die Stadtchefin im Stadtrat erklärte. "Die Tiere hacken Löcher in die Fassaden, weil Wärmedämmschichten ähnliche Geräusche verursachen wie Bäume." Diese Löcher aber lassen Wasser eindringen und schädigen die Fassade. Michaela Ritter hat sich deshalb an den Planer der Schulen gewandt, um eine Zusammenstellung der Möglichkeiten zu erhalten. Auch die Kommunalversicherung soll ihr erklären, wie vorzugehen ist. Denn schon mal hatte Radeburg diesen Ärger und musste den Hubsteiger zum Löcherverschließen kommen lassen.

Keine Störung beim Brüten

In Radeburg grübelt man nun, wie man den Specht an der Hauswand vertreiben könnte. Denn das Dämmmaterial der Fassade an der Heinrich-Zille-Oberschule in der Schulstraße und der Grundschule am Meißner Berg bleibt ja, wie es ist: und hat etwa die Konsistenz wie weiches, vermodertes Holz. Geeignete Bäume für den Höhlenbau sind in Radeburg offenbar rar. Und Fachleute wissen: Während diese Aktion in einem Baumstamm den Vogel zwei bis drei Wochen kostet, ist die Schlafhöhle an der Fassade in wenigen Tagen bezugsfertig. Buntspechte würden zudem Insekten nicht nur auf und hinter der Rinde von Bäumen suchen, sondern auch an anderen senkrechten Strukturen. In alten Gerüstbohrlöchern, Spalten unter Fensterbrettern oder Putzrissen verstecken sich die Tierchen, die die Spechte herausholen und fressen. Auch Holzverkleidungen an Gebäuden werden von ihnen untersucht und dabei manchmal regelrecht perforiert.

Was also ist gegen die ungebetenen Besucher zu tun, um sie schnell wieder loszuwerden? Auch in Radeburg weiß man: Das ist gar nicht so einfach. "Alle europäischen Vögel stehen unter besonderem Schutz", sagt Marius Adrion vom Naturschutzbund Deutschland (NABU). "Sie dürfen allenfalls verscheucht, aber niemals verletzt oder gar getötet werden." Man dürfe die Schäden an den Häusern auch nicht reparieren, wenn die Vögel ihre Nester bauen und brüten. Das ist bis August der Fall. Denn dabei dürften sie laut Bundesnaturschutzgesetz keinesfalls gestört werden.

Spechte sind nicht dumm

Das Problem: Die Löcher bekommen Nachmieter. Auch Meisen oder Spatzen nutzen sie für ihre Brut, und das bis zu zweimal im Jahr. Die Löcher sind vielleicht den ganzen Sommer über blockiert. "Daher ist es ratsam, sie im Herbst zu verschließen, damit es im folgenden Jahr nicht wieder zu einer Brut kommt", so Experten. Denn ab Februar beginnt alles von vorn: Die Balz der Spechte setzt ein, die durch Klopfen ihr Revier markieren und einen Partner suchen.

In Radeburg will man es jetzt mit Vergrämen und Verscheuchen probieren. Nur wenn das nichts hilft, könnte sich die Zillestadt mit einem Antrag auf Ausnahmegenehmigung an die Naturschutzbehörde wenden. Mit Nistkästen für die Brut könnten die Schulen der gesetzlichen Verpflichtung zum Quartierschutz nachkommen. Wer kann, sollte bei der Gebäudedämmung lieber Baumaterial verwenden, das verhindert, dass der Specht die Hausfassaden überhaupt bearbeiten kann. Dafür eignen sich glatte Fassadenverkleidungen, an denen sich die Spechte nicht festhalten können. Auch besonders dicken Verputz können sie nicht durchdringen.

Der Radeburger Buntspecht ist offenbar ortstreu und hat sich auf bestimmte Gebäudequartiere spezialisiert. Der Fassadenhacker ist programmiert auf Eigenbau und nutzt Nistkästen für sich nur selten. Bei der Vergrämung wird die Stadt eine Regelmäßigkeit vermeiden müssen: Denn Spechte sind nicht dumm. Wenn der Lärm aufhört, kommen sie gern zurück. Gern werden auch Vogelscheuchen benutzt, um die Tiere zu vertreiben. Am Haus angebracht, helfen sie auch gegen Spechte. Bewegung, bewegliche Lichtreflexe und Geräusche stören sie bei ihrem Tun.