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Industriegewerkschaft in Coswig: "Wir lassen uns nicht auf schmutzige Deals ein"

Die Auma-Drives-Beschäftigten fordern einen Tarifvertrag. Der Arbeitgeber weigert sich aber und will lieber die Löhne ohne erhöhen.

Von Martin Skurt
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Was auf den ersten Blick einer Lagerfeuerromantik gleicht, hat einen ernsten Hintergrund. Die Gewerkschaft IG Metall verlangt einen Tarifvertrag für die Beschäftigten von Auma Drives in Coswig.
Was auf den ersten Blick einer Lagerfeuerromantik gleicht, hat einen ernsten Hintergrund. Die Gewerkschaft IG Metall verlangt einen Tarifvertrag für die Beschäftigten von Auma Drives in Coswig. © Arvid Müller

Coswig. In zwei Feuertonnen lodern Flammen. Sie stehen vor einem etwa zehn Meter langen Zelt bei um die null Grad. Fast alle Menschen davor tragen rote Mützen oder Warnwesten, auf denen jeweils ein Dreieck mit den Buchstaben IGM prangt. Denn die Industriegewerkschaft Metall Dresden und Riesa, kurz IGM, hat am Donnerstag in Coswig zum Warnstreik für vier Stunden aufgerufen. Diesmal ist das Unternehmen Auma Drives im Visier der Gewerkschaft. Zahlreiche Beschäftigte folgen diesem Aufruf und wollen somit den Arbeitgeber an den Verhandlungstisch bewegen.

Seit 2010 haben die Beschäftigten keinen Tarifvertrag mehr. Damals kündigte der Geschäftsführer an, trotzdem die Beschlüsse aus den regelmäßig verhandelten Tarifflächenverträgen der Gewerkschaft einzuhalten. "2014 hat er das erste Mal damit gebrochen", sagt Benedikt Walther, Betriebsratsvorsitzender bei Auma Drives. Immer wieder habe der Geschäftsführer danach versprochen, jedes halbe Jahr den Lohn zu erhöhen. Nur um später wieder dieses Versprechen zu brechen, so Walther.

Arbeitgeber will partout keinen Tarifvertrag

Seiner Meinung nach hätten es die Beschäftigten verdient, dass ihre Arbeit ordentlich entlohnt werde. Gerade während der Lockdowns in der Pandemie haben sich die Beschäftigten so organisiert, dass Arbeiter ihre Kinder mitbetreuen konnten. "Unser Ziel war es dabei auch, die angenommenen Aufträge des Unternehmens zeitgerecht und komplett abzuarbeiten." Trotzdem habe sich gerade in diesen zwei Jahren die Stimmungen in Belegschaft verschlechtert, die nicht mehr so recht an die Versprechungen nach Lohnerhöhung ihres Arbeitgebers glauben wollten.

Die Belegschaft bei Auma Drives in Coswig hat in den vergangenen zwei Wochen bereits drei Mal für jeweils zwei Stunden ihre Arbeit niedergelegt, um ihrer Forderung nach einem Tarifvertrag Nachdruck zu verleihen. Fast alle Arbeiterinnen und Arbeiter haben sich an diesen Warnstreiks in der zweiten Novemberhälfte beteiligt, laut Aussagen der Gewerkschaft.

Die Gewerkschafter überqueren die Straße, um vor dem Unternehmenstor zu streiken.
Die Gewerkschafter überqueren die Straße, um vor dem Unternehmenstor zu streiken. © Arvid Müller

"Mit seiner Blockadehaltung verhindert der Arbeitgeber eine mögliche Einigung", sagt Stefan Ehly, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Dresden und Riesa. "Mit seiner Gesprächsverweigerung wird der Arbeitgeber nichts erreichen. Wenn er sich nicht endlich zeitnah mit uns an den Verhandlungstisch setzt, werden wir den Druck in den kommenden Wochen weiter Schritt für Schritt erhöhen."

Auf Sächsische.de-Anfrage äußert sich das Unternehmen, das in Mühlberg bei Freiburg seinen Hauptsitz hat, bislang nicht. Geschäftsführer Dr. Jörg Hoffmann wäre allerdings, IGM zufolge, am Mittwoch und Donnerstag in Coswig gewesen. Dort hat er noch einmal deutlich gemacht, dass er keinen Tarifvertrag will. Allerdings sei er zu großen Zugeständnissen bereit.

"Wir akzeptieren keine Giftpapiere"

Dem Betriebsrat und Tarifkommission im Coswiger Unternehmen ist das jedoch nicht ausreichend. Stefan Ehly kritisiert deshalb in einer Rede vor dem Werk, dass der Arbeitgeber bislang noch nicht mit der Gewerkschaft telefoniert hat. Er bewertet es generell positiv, dass Hoffmann in Coswig gewesen sei. Aber: "Auf schmutzige Deals lassen wir uns nicht ein, wir akzeptieren keine Giftpapiere."

Der Arbeitgeber könne es sich schließlich leisten, seine Beschäftigten ordentlich zu bezahlen, sagt Ehly. Laut Aussagen der IGM bot Geschäftsführer Hoffmann dem Betriebsrat an, bis 2024 den Lohn auf Tarifniveau zu erhöhen und eine Weihnachtsprämie auszuzahlen. Daraufhin rufen die etwa 100 Streikenden mehrmals: "Tarifvertrag, jetzt!"

Zum Streik stoßen gegen frühen Nachmittag auch noch Beschäftigte aus schon tarifgebundenen Unternehmen der unmittelbaren Umgebung, und zwar der Walzengießerei in Coswig sowie von König und Bauer aus Radebeul. Sie übergaben einen symbolischen Staffelstab an die Auma-Drives-Belegschaft. Daniel Pfeifer, Betriebsratsvorstand bei König und Bauer, fasst seinen Wunsch für das Coswiger Unternehmen so zusammen: "Auf der Straße, die uns verbindet, soll jeder Betrieb sauber sein." Das heißt, einen Tarifvertrag haben.

Die Geschäftsführung werde schließlich den Konflikt nicht aussitzen können, warnt wiederum Stefan Ehly. "Die Kolleginnen und Kollegen stehen geschlossen hinter den Forderungen der IG Metall und haben einen langen Atem", betont er. "Auf Dauer wird der Arbeitgeber sich den berechtigten Interessen der Belegschaft nicht verweigern können." (mit SZ)