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Coswig hat einen neuen Klimaschutzmanager

Bis 2045 soll die Stadt klimaneutral werden. Jürgen Wellerdt hat ambitionierte Pläne. Eine seiner ersten Amtshandlung ist eine Klimaschutzsprechstunde.

Von Martin Skurt
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Jürgen Wellerdt ist der neue Klimaschutzmanager in Coswig. Er ist einer von 21 in ganz Sachen. In Coswig steht er auf dem Rathausdach, wo im kommenden Jahr eine Photovoltaik-Anlage errichtet wird.
Jürgen Wellerdt ist der neue Klimaschutzmanager in Coswig. Er ist einer von 21 in ganz Sachen. In Coswig steht er auf dem Rathausdach, wo im kommenden Jahr eine Photovoltaik-Anlage errichtet wird. © Arvid Müller

Coswig. Seit September hat Coswig wieder einen Klimaschutzmanager. Nachdem die Stelle längere Zeit vakant war, zieht mit Jürgen Wellerdt ein Fachmann für Klimathemen ins Coswiger Rathaus. Seine Stelle ist auf drei Jahre befristet. Wellerdt hat an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg Umweltingenieurwesen studiert. Danach arbeitete er viele Jahre freiberuflich als Baubiologe und Energieberater in Dresden und Umgebung. Jetzt setzt er sich dafür ein, dass die Stadt ihre selbst gesteckten Klimaziele erreicht, die im Integrierten Klimaschutzkonzept seines Vorgängers Sebastian Leinhos vom März 2023 festgeschrieben sind.

Die 18 Maßnahmen aus dem Konzept will Jürgen Wellerdt nun umsetzen. Dazu gehören das kommunale Energiemanagement, eine Solarstromoffensive oder die Förderung des Austauschs klimafreundlicher Antriebstechniken. Wichtig sind auch die Förderung des Radverkehrs und eine gute ÖPNV-Anbindung der Stadt. Neben den Klimaschutzmaßnahmen sollen auch Maßnahmen zur Klimaanpassung, wie die Begrünung von Gebäuden und ein nachhaltiges Regenwassermanagement, umgesetzt werden.

Treibhausgasneutralität bis 2045

Eine wichtige Aufgabe sieht Jürgen Wellerdt im Wissenstransfer – er versteht sich als Vermittler zwischen den verschiedenen Akteuren und als Ansprechpartner für die Bürger in allen Fragen des Klimaschutzes. "Das Erreichen der Klimaschutzziele ist eine schwierige, aber unumgängliche Herausforderung. Gemeinsam schaffen wir das", ist sich Jürgen Wellerdt sicher.

Und der 50-Jährige setzt sich nicht nur ins gemachte Nest seines Vorgängers, sondern will auch eigene Ideen verwirklichen, zum Beispiel eine klimaneutrale Mobilität. Erste Gespräche mit dem Verkehrsverbund Oberelbe haben bereits stattgefunden. "Ich will in Coswig ein Bike-Sharing-Programm umsetzen, das sich an dem in Dresden orientiert." Auch Carsharing sei denkbar, aber noch nicht spruchreif.

Das Coswiger Klimaschutzkonzept hängt im Büro von Jürgen Wellerdt. Der Fahrplan seines Vorgängers erinnert ihn somit täglich an seine Aufgaben.
Das Coswiger Klimaschutzkonzept hängt im Büro von Jürgen Wellerdt. Der Fahrplan seines Vorgängers erinnert ihn somit täglich an seine Aufgaben. © Arvid Müller

Ein weiteres Projekt ist die Möglichkeit für die Coswigerinnen und Coswiger, ihn persönlich kennenzulernen. "Ich möchte eine Klimaschutzsprechstunde anbieten, die sich an Mieter oder Hausbesitzer richtet." Als Energieberater könne er Tipps zum Stromsparen geben oder zu einer energetischen Sanierung raten. "Wichtig ist mir aber, dass ich nur eine Einstiegsberatung anbiete. Das heißt, ich ersetze keinen Energieberater. Ich kann aber vermitteln, informieren und Fördermöglichkeiten aufzeigen." Ein ähnliches Angebot wird es auch für Unternehmen in Coswig geben. Hier ist er noch dabei, Kontakte zu knüpfen.

Zunächst begleitet er die kommunale Wärmeplanung in Coswig und steht dafür im regelmäßigen Austausch mit den Technischen Werken Coswig (TWC). So hat er den Überblick über die Daten und schaut, wo Einsparungen möglich sind, wo neue Energieformen eingesetzt werden können. "Treibhausgasneutralität bis 2045 zu erreichen, das ist mein oberstes Ziel", sagt er. Denn das ist die Vorgabe der Bundesregierung. Das könne man zum Beispiel erreichen, indem man einen Gaskessel durch eine Solarthermieanlage ersetzt. In jedem Fall müsse er die Gegebenheiten der Kommune berücksichtigen und fragen: Was ist überhaupt möglich?

Dekarbonisierung ist möglich

Die vollständige Dekarbonisierung der Fernwärme ist dabei ein schwieriges Unterfangen. Das bedeutet, dass fossile Brennstoffe durch erneuerbare Energieträger ersetzt werden, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren oder ganz zu vermeiden. Das geht nicht von heute auf morgen und ist ein langwieriger Prozess. Die TWC strebt beispielsweise an, Erdgas mittelfristig durch erneuerbare Energien zu ersetzen. Sie planen den Bau einer Solarkollektoranlage, um aus Sonnenstrahlung Wärme zu gewinnen.

Als Jürgen Wellerdt sein Studium begann, sprach man davon, dass maximal fünf Prozent des Stromverbrauchs durch erneuerbare Energien ersetzt werden könnten. "Heute liegen wir beim Zehnfachen", sagt er. Das stimmt ihn positiv und zeigt andererseits auch, wie sehr die Dekarbonisierung vom Fortschritt abhängt. Die neue Aufgabe ist für ihn ein großes Geschenk. Zum einen arbeitet er nicht mehr allein, zum anderen ist seine Perspektive jetzt viel weiter als zuvor. In Coswig findet er dafür beste Voraussetzungen: Hier verbrauchen die Menschen nur 5,6 Tonnen CO₂-Äquivalente (Stand 2019). In ganz Deutschland sind es 9,1 Tonnen (Stand 2021).

  • Energie- und Klimasprechstunde: Terminvereinbarung unter Tel. 03523/66616 oder [email protected].