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Wettiner baut energieeffizienten Forstbetriebshof in Radebeul

Trockenheit, Sturm und Borkenkäfer stellen Forstwirte vor große Herausforderungen. Daniel von Sachsen reagiert mit einer millionenschweren Investition.

Von Silvio Kuhnert
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Prinz Daniel von Sachsen steht vor einem Teil seines neuen Forstbetriebshofs in Radebeul-Lindenau. Zum Trocknen von Holz, für das Sägen sowie die Metzgerei für Wildfleisch wird der Strom vor Ort produziert.
Prinz Daniel von Sachsen steht vor einem Teil seines neuen Forstbetriebshofs in Radebeul-Lindenau. Zum Trocknen von Holz, für das Sägen sowie die Metzgerei für Wildfleisch wird der Strom vor Ort produziert. © Norbert Millauer

Radebeul. Eine Geheimdienst- oder Abhörzentrale ist das neue Gebäude beim Bestattungswald im Friedewald nicht, auch wenn dies die vielen antennenartigen Stangen auf dem Dach manch einen das vermuten lassen. "Das sind alles Blitzableiter", klärt Daniel von Sachsen von der Wettinischen Forstverwaltung auf. Diese sind notwendig, weil in der u-förmigen Forstbetriebsstätte viel brennbares Material lagert, und zwar Holz und dies in verschiedenen Formen, vom Balken übers Brett bis hin zu Brennholz und Hackschnitzel. Das Gebäude mit der 2.000 Quadratmeter großen Dachfläche ist die Antwort des Försters auf die Herausforderungen durch Sturmschäden, Trockenheit und Schädlingsbefall.

Von diesen aktuellen Plagen der Forstwirtschaft bleibt auch Daniel von Sachsen mit seiner insgesamt 1.150 Hektar großen Waldfläche nicht verschont, auch wenn er im Gegensatz zu anderen Kollegen nicht den Verlust von größeren zusammenhängenden Arealen zu beklagen hat. Die vielen umgeknickten Gehölze durch Stürme in den vergangenen Jahren sowie Totholz durch Dürre und Borkenkäferbefall haben zu einer Schwemme auf dem Holzmarkt geführt. Die Preise sanken. Das Schlagen von Bäumen für Industrieholz zur Herstellung von Spanplatten oder Laminat sei nicht mehr kostendeckend, informiert Daniel von Sachsen.

Mehr Holz den Wäldern entnommen, als nachwächst

Die Forstwirte kommen zudem mit dem Wiederaufforsten nicht hinterher. Durch die bereits erwähnten Plagen sind große Waldflächen schlagartig verloren gegangen. Das Kontingent an Jungbäumen, was Baumschulen pro Jahr liefern können, ist begrenzt und kann den Bedarf in der Forstwirtschaft nicht decken. In staubtrockene Böden braucht man bei der anhaltenden Trockenheit auch nicht zu pflanzen. "Die Jungbäume gehen ein", sagt Daniel von Sachsen. Selbst Arten, die mit Dürrephasen gut zurechtkommen, haben momentan Schwierigkeiten anzuwachsen und zu gedeihen.

Das führt zu einer Übernutzung des Waldes. In den vergangenen fünf Jahren ist diese um 100 Prozent gestiegen. "Wenn in diesem Zeitraum im Schnitt 2.000 Festmeter Holz aus einem Waldstück herausgeholt wurden, wuchsen nur 1.000 Festmeter nach", nennt Daniel von Sachsen als Beispiel. Von einer nachhaltigen Forstwirtschaft ist nicht mehr zu sprechen. Und so stand und steht er vor der Frage, wie er seine Forstwirtschaft zukunftsfähig machen kann.

Zurück in heimische Kreisläufe

Bislang hat er seine gefällten Bäume an Holzwerke in der Region verkauft. Und was diese damit machen, darauf hat er keinen Einfluss mehr. Beispielsweise, wenn der Transportweg erst etliche Kilometer weit zur Trocknung führt, dann wieder viele Kilometer bis zum Sägewerk und anschließend zur Weiterverarbeitung nach Tschechien oder Polen gefahren wird. "So haben Holzbretter bereits 5.000 Kilometer hinter sich, bevor sie beim Kunden ankommen", sagt Daniel von Sachsen. Wenn sie überhaupt ankommen und nicht in den Export in die USA und nach China gehen, wie jüngst, als diese beiden Länder Holz groß in Deutschland eingekauft haben und auf den Baustellen hierzulande dieses Baumaterial knapp wurde.

"Die Holzwirtschaft muss umdenken", sagt Daniel von Sachsen. Und wie er dies machen möchte, dafür hat er in den vergangenen fünf Jahren ein Konzept entwickelt und ist seit anderthalb Jahren dabei, dieses auf Radebeuler Flur an der Stadtgrenze zu Coswig umzusetzen. Stichworte sind Ressourcen schonen, verschiedene Produktionsprozesse vor Ort vereinen und auf energetische Effizienz achten. "Von den großen industriellen Strukturen weg und zurück in heimische Kreisläufe" will Daniel von Sachsen sein Holz bringen und mit diesem regional Kunden in Dresden, Radebeul, Coswig oder Meißen beliefern.

Neuer Forstbetriebshof auf einer früheren Gärtnerei

Der neue Forstbetrieb entsteht auf dem rund fünf Hektar großen Areal einer ehemaligen Gärtnerei. Diese wurde in den 1950er-Jahren für die Lebensmittelproduktion gegründet. Später bis zur Wende diente das Grundstück zur Zwiebelzucht von Tulpen und Narzissen. Doch dieser Markt brach mit der Öffnung der Grenzen zwischen Ost und West zusammen. Nach der Wiedervereinigung wurde im kleiner werdenden Maßstab noch Gartenbau betrieben. "Vor fünf Jahren habe ich das Grundstück gekauft", sagt Daniel von Sachsen.

Für seinen Forstbetrieb nutzt er die vorhandenen Gebäude und hat das u-förmige Hallengebäude neu errichtet. Hier wird er künftig das Holz aus seinen Forstbeständen im Friedewald, bei Moritzburg und Thiendorf verarbeiten. Das Trocknen der Stämme an der Luft dauert zwei bis drei Jahre. Mit der neu errichteten Trocknungsmaschine wird dieser Prozess mehr als verkürzt. Nadelholz ist nach drei bis vier Tagen oder Laubholz nach zwei Wochen schon zur Weiterverarbeitung bereit. Mit warmer Luft aus dem Fußboden werden Hackschnitzel getrocknet.

Feuerlöschteich für den Friedewald

Diese gehen nicht nur in den Verkauf. Ein Teil benötigt Daniel von Sachsen selbst. Denn mit Holz betreibt er ein Blockheizkraftwerk. Die damit gewonnene Energie bringt einerseits seine Maschinen wie Trockner und Sägen zum Laufen. Andererseits dient diese als Wärmeproduzent für die Holztrocknung. Hierfür wird zudem die Abwärme der Kühlschränke in der Metzgerei genutzt. Denn in der neuen Betriebsstätte lässt Daniel von Sachsen künftig auch Wildtiere schlachten. Die gesamte Energieversorgung funktioniert autark. Von einem Pilotprojekt eines energetischen Kreislaufes mit Holz spricht der Forstwirt.

Selbst Regenwasser bleibt nicht ungenutzt. Das, was bei Schauern auf die große Dachfläche prasselt, läuft in einen Feuerlöschteich. Dieser ist momentan noch sehr klein. Seine Wasserfläche wird um 1.500 auf 1.750 Quadratmeter erweitert. Gespeist wird der Feuerlöschteich nicht nur aus Regenwasser, sondern auch durchs Rote Bächel, was an dem Grundstück vorbeifließt. Der Feuerlöschteich ist nicht nur für den Brandfall im Forstbetrieb gedacht. Auch bei Waldbränden dient er als Wasserreservoir. Viermal hat es in diesem Jahr im Friedewald bereits gebrannt. Und wenn der Forst auf der Bergkuppe der Waldfläche in Flammen steht, müssen die Kameraden der Feuerwehr bislang kilometerlange Schlauchstrecken von Hydranten in Radebeul oder vom Ilschenteich in der Nähe der Staatsstraße 81 legen. Der Feuerlöschteich verkürzt künftig deutlich die Löschwasserversorgung von Radebeuler Flur aus.

Rund zwei Millionen Euro investiert Daniel von Sachsen in die neue Betriebsstätte. Mit ihm zählt die Wettinische Forstverwaltung zwölf Mitarbeiter. Durch die Investition entstehen am Radebeuler Standort drei neue Arbeitsplätze. Im Herbst sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein. Mit Beginn der Herbstjagd will er in der Metzgerei den Betrieb aufnehmen.