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Werden Graffiti in Radebeul zu einem wachsenden Problem?

Eine Stadtratsfraktion wünscht jedenfalls einen Aktionsplan von der Stadt, wie mit Sprayern und ihren illegalen Werken künftig umgegangen werden soll.

Von Silvio Kuhnert
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Bereits ein "normaler" Anblick: Immer wieder verewigen sich Sprayer auf Schaltschränken im Stadtgebiet, wie auf dem Foto an der Straßenbahnhaltestelle Borstraße an der Meißner Straße.
Bereits ein "normaler" Anblick: Immer wieder verewigen sich Sprayer auf Schaltschränken im Stadtgebiet, wie auf dem Foto an der Straßenbahnhaltestelle Borstraße an der Meißner Straße. © Norbert Millauer

Radebeul. Ob Mauern oder Hauswände, Schaltschränke oder Wartehäuschen, Verkehrszeichen oder Bahnunterführungen. Es gibt wohl kaum einen Ort, der von Graffiti verschont wird. Gefühlt betätigen sich Sprayer an jeder Ecke. Ihre Werke reichen von kunstvollen Wandbildern, über Schriftzüge bis hin zu belanglosen Kritzeleien und Schmierereien.

Die AfD will das Thema schon seit einiger Zeit auf die Tagesordnung des Stadtrates heben. Nun gibt es einen neuen Versuch. Anlass sind unter anderem zwei Sprühaktionen im Radebeuler Stadtgebiet. Ermittler des Staatsschutzes haben sich der Sache angenommen. Am Weihnachtswochenende vergangenen Jahres wurde das Straßenschild der Mohrenstraße sowie eine Mauer an der Ecke zu Altfriedstein mit schwarzer Farbe besprüht. Der entstandene Sachschaden betrug rund 2.200 Euro. Rund einen Monat später "zierte" ein Schriftzug eine Mauer an der Winzerstraße, mit der alle AfD-Wähler als "Hurensöhne" beleidigt wurden. In beiden Fällen geht die Polizei von politisch motivierten Taten aus.

Radebeul für DVB kein Vandalismus-Schwerpunkt

Doch werden Graffiti ein zunehmendes Problem im Radebeuler Stadtgebiet? Relativ frisch haben sich Sprayer an der Straßenbahnhaltestelle Borstraße an Schaltschrank und Wartehäuschen verewigt. Bei den Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB) nachgefragt, wie oft solche Graffiti auftauchen und entfernt werden müssen, heißt es, dass darüber keine Statistiken geführt werden. "Für Dresden haben wir einen Jahresvertrag mit Firmen, die Schmierereien an unseren Fahrzeugen und Einrichtungen recht schnell beseitigen", informiert DVB-Sprecher Falk Lösch. Radebeul bildet dagegen keinen Schwerpunkt in Bezug auf Vandalismus.

Der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) hat zusammen mit der Deutschen Bahn im vorigen Jahr das Anti-Graffiti-Programm um drei Jahre verlängert. Mit dem sogenannten Anti-Graffiti-Mobil steuert eine Einsatzgruppe regelmäßig S-Bahn-Stationen an, um dort Kritzeleien zu beseitigen. 65 Verkehrsstationen stehen insgesamt auf dem Tourenplan. Darunter waren bereits alle Haltepunkte der Linie S1 im Radebeuler Stadtgebiet. Neu dabei ist nun auch der Bahnhalt in Naundorf. Detaillierte Zahlen über Sachschäden durch Sprayer liegen dem VVO konkret für die Lößnitzstadt nicht vor. Jedoch hat er gemeinsam mit der Deutschen Bahn im vorigen Jahr insgesamt rund 210.000 Euro in die Hand genommen, um Schäden und Verunreinigungen an Bahnstationen im gesamten Verbundgebiet zu beseitigen.

Schäden zwischen 300 und 5.000 Euro im Jahr bei der Stadt

Sachschäden durch Graffiti erfasst die Stadtverwaltung Radebeul nicht einzeln. Wenn Mitarbeiter beispielsweise einen Malerauftrag für eine Gebäudefassade auslösen, wird der Grund bei der Abrechnung nicht vermerkt. So lässt sich nicht mehr für die vergangenen Jahre aufschlüsseln, ob und wann Malermeister und Hausmeisterdienstleister Graffiti-Spuren überstrichen haben oder einfach nur einer Wand einen frischen Anstrich gaben. Der nachvollziehbare Sachschaden durch Graffiti ist sehr unterschiedlich. Mal liegt er nur bei 300 Euro im Jahr, in einem anderen kann er rund 5.000 Euro betragen.

Auch das Wartehäuschen am Haltepunkt Borstraße wurde von "Schmierfinken" nicht verschont.
Auch das Wartehäuschen am Haltepunkt Borstraße wurde von "Schmierfinken" nicht verschont. © Norbert Millauer

Konkret gegen Graffiti an kommunalen Einrichtungen hat die Stadt nach Auskunft von Daniela Bollmann, Amtsleiterin Zentrale Leitstelle, folgendes unternommen: Im Jahr 2018 ließ sie einen Graffitischutz an den Wänden der Bahnunterführung Neue Straße, Hainstraße für rund 1.350 Euro auftragen. 2019 wurde an einer Bahnunterführung Graffiti entfernt und anschließend der Schutz aufgebracht für reichlich 1.860 Euro durch die Projekt- und Investorenleitstelle. Über das Budget der Stadtteilkultur wurde im selben Jahr das Wartehäuschen in Radebeul-Wahnsdorf mit Graffitischutz versehen - Kostenpunkt: 290 Euro. "2021 wurde Graffiti am WC in Altkötzschenbroda für circa 380 Euro und an der Oberschule Kötzschenbroda für circa 755 Euro entfernt", informiert Bollmann. Wenn die Stadt an ihren Einrichtungen und Objekten ein Graffito entdeckt, stellt sie Anzeige bei der Polizei.

49 Anzeigen im vorigen Jahr

Die Gesetzeshüter können konkrete Zahlen zu Graffitistraftaten in Radebeul liefern. So wurden im Jahr 2018 insgesamt 57 Fälle im Stadtgebiet erfasst. Von ihnen wurden zehn aufgeklärt und 19 Tatverdächtige ermittelt. "Die erhöhte Anzahl der ermittelten Täter im Gegensatz zu den aufgeklärten Fällen erklärt sich damit, dass teilweise mehrere Täter zu einem Graffiti ermittelt wurden", informiert Polizeisprecher Lukas Reumund.

In den beiden Folgejahren scheint die Anzahl der Graffiti zurückzugehen. So wurden 2019 insgesamt 45 Anzeigen gestellt, vier Fälle aufgeklärt und sechs Täter überführt. Die gleiche Anzahl an illegalen Sprayern konnte die Polizei ebenfalls 2020 ermitteln. Auch da wurden vier Fälle aufgeklärt. Es gab damals "nur" 34 Anzeigen. Im vergangenen Jahr wurden dagegen 49 Graffiti von Polizeibeamten erfasst, fünf Fälle aufgeklärt und vier Täter geschnappt. "Die Zahlen für das laufende Jahr liegen noch nicht vor. Auch kann keine Schadenssumme angegeben werden", informiert Reumund. Denn nicht bei jeder Anzeige wurde den Beamten die Höhe des entstandenen Sachschadens gemeldet.

Die AfD-Stadtratsfraktion möchte jedenfalls das Thema gern im Stadtparlament besprechen. Sie wünscht, dass die Mandatsträger einen Aktionsplan verabschieden, wie sie mit Graffiti künftig im Stadtbild umgehen wollen. Soll Radebeul, quasi dem Laissez-faire-Prinzip folgend, die Sprayer einfach gewähren lassen? "Oder wird der Wildwuchs hart geahndet?", fragte AfD-Stadtrat Johannes Albert. Gleichzeitig sollte überlegt werden, wie sich gegebenenfalls legale Angebote für Sprayer schaffen lassen, mit Malwänden beispielsweise am Jugend- und Freizeitzentrum Weißes Haus. Das Graffiti-Thema wollen die Räte in den Ausschüssen weiter beraten.