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Der Streiter für Baukultur in Radebeul

Jörg Müller ist in Radebeul seit über zwei Jahrzehnten als Baubürgermeister bekannt. Am 18. Dezember begeht er einen runden Ehrentag.

Von Silvio Kuhnert
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Ob er seine Fliege auch in der Nacht beim Schlafen um den Kragen trägt, entzieht sich der Kenntnis. Doch ohne Propeller wurde Baubürgermeister Jörg Müller noch nie gesehen.
Ob er seine Fliege auch in der Nacht beim Schlafen um den Kragen trägt, entzieht sich der Kenntnis. Doch ohne Propeller wurde Baubürgermeister Jörg Müller noch nie gesehen. © Norbert Millauer

Radebeul. Nach 22 Jahren in Amt hinterlässt man Spuren, vor allem als Baubürgermeister. Über zwei Jahrzehnte hat diese Position Jörg Müller (parteilos) in Radebeul inne. Im Jahr 2001 trat er seinen Dienst im Rathaus an und hat nicht nur für sanierte Straßen wie Garten- und Forststraße in Ost oder Kottenleite und Kötzschenbrodaer Straße in West gesorgt. Seit seiner Ägide über Hoch- und Tiefbauamt, Bauaufsicht, Stadtentwicklung und Stadtgrün kam auch so manches neue Bauwerk hinzu.

Baukultur hat sich der Zweifach-Diplomingenieur - sowohl in Stadtplanung als auch in Architektur - auf die Fahnen geschrieben. Um diese bei Neubauten zu gewährleisten, setzt er auf ein besonderes Mittel - Architekturwettbewerbe. Zusammen mit dem ebenfalls von Müller initiierten Moritz-Ziller-Preis, der sich an Nachwuchsarchitekten und junge Stadtplaner richtet, gab es seit 2003 bereits 15 Auslobungen, bei denen Kollegen ihre Köpfe für Radebeul rauchen ließen.

Ausnahme für eine Stadt dieser Größenklasse

Den Auftakt machten der Umbau und das Erweitern des Weinberghauses des Gymnasiums Luisenstift. Es folgten die Feuerwache in Kötzschenbroda, der Hort der Grundschule Niederlößnitz sowie die Weiterentwicklung des Zentrums Radebeul-Ost mit Rathausareal, Bahnhofsgelände und Robert-Werner-Platz. Die Liste lässt sich fortsetzen. Das jüngste Bauwerk, das auf einen Architektenwettstreit fußt und fertiggestellt worden ist, ist der Schiller-Hort an der Ecke Pestalozzi-, Schildenstraße. Die Bauarbeiten für die Feuerwache in Ost nehmen jetzt Fahrt auf. Das neue Hortgebäude in Oberlößnitz sowie der Neubau der Oberschule Kötzschenbroda stehen in den Startlöchern - können gebaut werden, sobald die notwendigen Fördermittel fließen.

Architekturwettbewerbe zählen nicht nur zu einem Markenzeichen von Baubürgermeister Müller, weshalb ihn Architektenkammern zu Vorträgen einladen. Sie gelten auch als ein Alleinstellungsmerkmal der Lößnitzstadt. "Denn für eine Stadt in unserer Größenklasse sind sie eine Ausnahme", sagt Müller. Er entscheidet sich regelmäßig für dieses Instrument, "um Baukultur zu leben", wie er fortführt. Denn bei einem Wettbewerb dürfen die Teilnehmer ihre Ideen für Radebeul sprühen lassen. Eine Fachjury wählt den ihres Erachtens besten Entwurf aus.

Leitlinien und Gestaltungsforum

Das Votum der Experten hat bisher noch nie zu einem Aufschrei geführt oder für ein Entsetzen gesorgt. Ohne Architekturwettbewerb kommt es bei einem Bauprojekt heutzutage zu einer europaweiten Ausschreibung, in der die Stadt ihr Vorhaben skizziert, worauf sich Planer bewerben. Für einen muss sie sich entscheiden, bevor er überhaupt einen Strich für einen Entwurf zu Papier bringt. "Wir wissen nicht, ob er geeignet ist", sagt Müller.

Kritik aus der Bürgerschaft hagelte es dagegen wiederholt an der Architektur manch eines privaten Bauvorhabens. Aber auch hier hat Müller reagiert. Um die Baukultur zu fördern, entstand unter seiner Federführung ein Grundsatzpapier zur Sicherung der städtebaulichen Qualität in Radebeul. Zudem wurde ein Gestaltungsforum einberufen und über Gespräche wird versucht, Einfluss auf private Projekte zu nehmen. Wenn die Besprechungskünste beim Bauherren nicht zielführend sind, scheut sich Müller nicht, die Daumenschrauben anzuziehen und ein Bebauungsplanverfahren einzuleiten. Mittels diesem legen Verwaltung und Stadtrat Bauregeln für ein bestimmtes Gebiet fest.

Leidenschaftlicher Sänger

Als Baubürgermeister hat er nicht nur Häuser und Straßen im Kopf. In seiner Freizeit ist Müller ein leidenschaftlicher Sänger. Seinen Bass bringt er im Extra-Chor der Semperoper Dresden zum Klingen. Ob die 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, zu denen neben dem Team im Technischen Rathaus auch rund 20 Hausmeister gehören, heute ein Lied intonieren, entzieht sich der Kenntnis. Doch ein Ständchen hat sich Müller an seinem Ehrentag verdient. An diesem Montag feiert er seinen 60. Geburtstag.

Auf seiner Wunschliste steht ganz oben Gesundheit. Denn das sei das Wichtigste, wie er sagt. Gesundheit sei die Grundvoraussetzung, jeden Tag frisch ans Werk zu gehen. Dafür wünscht Sächsische.de ihm heute alles Gute und für die Zukunft ganz viel Kraft.