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Radebeul
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Das sind die Ideen junger Radebeuler für ihre Stadt

Ob Techno im Gotteshaus oder mehr Grün an den Straßen, Häuser, die den Gemeinschaftssinn fördern, sowie Spielplätze für die Kleinen - dieses und weit mehr wünscht sich die Radebeuler Jugend.

Von Silvio Kuhnert
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Auf dem Jugendgipfel im Weißen Haus entwickelten die Teilnehmer Ideen für die Stadtplanung und tauschten sich darüber aus, was für Angebote noch fehlen. Hier sprechen Mathilda, Nio, der SPD-Stadtratskandidat Leonhard Weist und Laurenz (v. l. n. r.).
Auf dem Jugendgipfel im Weißen Haus entwickelten die Teilnehmer Ideen für die Stadtplanung und tauschten sich darüber aus, was für Angebote noch fehlen. Hier sprechen Mathilda, Nio, der SPD-Stadtratskandidat Leonhard Weist und Laurenz (v. l. n. r.). © Norbert Millauer

Radebeul. Ein Stadtplan von Radebeul mit zahlreichen bunten Pfeilen ist ein Ergebnis des Jugendgipfels am Dienstagabend im Weißen Haus. Zuvor haben sich junge Leute mit Stadträten und Kandidaten zur Wahl am 9. Juni dieses Jahres intensiv über die weitere Entwicklung der Lößnitzstadt ausgetauscht. Die farbigen Pfeile zeigten nicht nur, wo sich die Jugend trifft oder wo ein Treffpunkt fehlt. Auch Radwege, Standorte für Mülleimer und Spielplätze für die kleinen Radebeuler haben Erstwähler im Blick. Letztgenannte vermissen sie vor allem in den Stadtteilen nördlich der Meißner Straße.

So fachsimpelten zwei junge Kerle beispielsweise mit Stadtrat Martin Oehmichen (Bündnis 90/Die Grünen), Vater von drei Kindern, wie solch ein Spielplatz in den Villenquartieren aussehen könnte. Nur eine Schaukel und ein Sandkasten sind etwas mau. Etwas Besonderes muss der Platz bieten können, zum Beispiel ein Klettergerüst oder eine Seilbahnrutsche. Aber es müssen nicht immer die großen Dinge sein, waren sich die drei einig. Ein Platz zum Manschen mit Wasserpumpe oder ein Gerät, an dem man Kurbeln und Drehen kann, lässt die Herzen kleiner Menschen höher schlagen.

Schalldämmung für die Hausparty

Der Plan zur Stadtentwicklung, der auf einer Tischtennisplatte im Weißen Haus lag, war eine Station an diesem Abend. Es gab weitere, an denen Mädchen und Jungen ihre Ideen für Radebeul sammelten. So war eine Frage, wie sie sich ein neues Haus vorstellen. Schalldämmung, damit Partys im Haus nicht die Nachbarn stören, lautet eine Antwort. Ein Solardach sollte es haben. Bezahlbar müsse die Miete sein. Aber auch Dachgärten für die Hausgemeinschaft, viel Grün mit Bäumen sowie eine Gestaltung des Gebäudes so, dass dieses als sozialer Treffpunkt dient und die Gemeinschaft fördert, sind Wünsche. Ein Standpunkt lässt die Herzen von Radebeuler Bauästheten sicher höher schlagen: "Weniger moderne, viereckige Flachdachhäuser; sondern mehr bei alten stilvollen/kunstvollen Häusern bleiben."

Zum Jugendgipfel im Vorfeld der Stadtratswahl am zweiten Juni-Sonntag hat Leonhard Weist geladen. Der 18 Jahre alte Abiturient kandidiert für die SPD und hat diese Ideenschmiede organisiert. Neben Mitbewerbern um ein Mandat im Stadtparlament von CDU, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und der Freien Wähler waren knapp 40 Jugendliche gekommen. Von dem Interesse war Weist selbst ein wenig überrascht, wie er zu Beginn gestand, aber auch froh und glücklich. Denn so blieb er auf den 30 bestellten Pizzen nicht alleine sitzen, die es zum Abschluss des Jugendgipfels gab.

"Hört uns zu, wir sind die Zukunft"

Zuvor wurde nicht nur über Städte- und Wohnungsbau gesprochen, sondern auch über Kultur- und Bildungsangebote debattiert. So wünschen sich die jungen Leute unter anderem, dass sie in der Stadtgesellschaft mehr gehört werden. Das Thema Jugendparlament tauchte wiederholt auf. "Radebeul braucht eine grundsätzliche institutionalisierte Jugendbeteiligung", lautet das Fazit von Leonhard Weist. Der Jugendgipfel habe bewiesen, dass junge Leute Ideen haben. "Hört uns zu, wir sind die Zukunft Radebeuls!", appelliert Weist. Eine Wiederholung des Jugendgipfels schließt er nicht aus.

Zum Thema Verkehrsplanung waren die Teilnehmer des Gipfels aufgerufen, ihre Wunschstraße zu skizzieren. Viel Grün mit Bäumen und Blumen am Straßenrand wiederholte sich auf den Zeichnungen oft. Eine enthielt einen breiten Fußweg auf der einen, und einen Radweg auf der anderen Seite. Tunnel für Tiere, wie zum Beispiel Frösche, sollte es geben, aber auch beleuchtete Fahrradwege sowie überdachte Sitzmöglichkeiten.

Die Wunschzettel der Jugendlichen beinhalten auch mehr öffentliche Sportplätze, Gemeinschaftsgärten, Gewerbeflächen für kleine Unternehmen und Start-ups, einen Neubau oder die Erneuerung der Schwimmhalle, mehr öffentliche Verkehrsmittel wie Busse und Bahnen, Jugendtreffs, Skaterparks, Sportveranstaltungen, wie zum Beispiel ein Volleyballturnier, gemeinsame Spieleabende und Theatergruppen.

Mehr Essen statt Kultur auf den Festen?

Aber auch die Feste spielten auf dem Radebeuler Jugendgipfel eine Rolle. Hier konnten die Teilnehmer auf Zettel schreiben, was sie an Karl-May-Festtagen, Herbst- und Weinfest, Kasperiade und Weihnachtsmarkt schätzen oder welche Angebote sie sich zusätzlich wünschen. Zu letztgenannten gehören Musik- beziehungsweise Jugendfestivals mit lokalen Acts, Techno in der Lutherkirche oder generell Raves. Auf einer Wortmeldung stand, dass die derzeitigen Feste allgemein überteuert, vor allem für junge Leute zu teuer sind. Bei einem Standpunkt ist nicht ganz eindeutig, ob er als Kritik gedacht oder als Empfehlung eines Feinschmeckers gemeint ist: "Feste hauptsächlich auf Essen basiert, weniger kulturelle Angebote." Auf einer anderen Wortmeldung ist ein Food Festival, ein Festival des Essens, konkret gewünscht.

Themen junger Radebeuler möchte nicht nur Leonhard Weist in den Stadtrat tragen. Für die CDU kandidieren, die 18-jährige Floria Wolf und Maximilian Speidel, 22 Jahre jung. Er ist der Radebeuler Deichläufer und möchte sich unter anderem dafür einsetzen, dass das Elbufer unberührt sowie Treffpunkte und das Weiße Haus erhalten bleiben. Speidel schlug vor, dass die Teilnehmer des Jugendgipfels eine Whatsapp-Gruppe gründen, um auch nach der Wahl im Austausch zu bleiben.

Einwohnerfragestunde nutzen

Für die Freien Wähler gehen Henriette Franzke und Ferdinand Kraske, beide 18 Jahre alt, ins Rennen. Zu seinen Zielen gehören bessere Radwege, den Ausbau öffentlicher Treffpunkte und ein Jugendparlament. Zudem möchte er die Dönerpreise verbessern, was wohl als Scherz gedacht ist. Denn ein Stadtrat kann auf diese Preisentwicklung keinen Einfluss nehmen.

Mit 24 Jahren bewirbt sich Marie Besser von der FDP ebenfalls um ein Stadtratsmandat. "Wichtig ist, dass junge Menschen nach der Schule eine Arbeit in Radebeul finden", sagte sie auf dem Jugendgipfel. Sie möchte sich für die Digitalisierung einsetzen. Zudem rief sie die Jugendlichen auf, sich auch unabhängig von einem eigenen Parlament in die Stadtpolitik einzubringen. Zu Beginn einer jeden Stadtratssitzung gibt es eine Einwohnerfragestunde. "Nutzt diese und stellt Fragen", empfiehlt Besser.