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Von der Praktikantin zur Kulturleiterin: Christiane Böttger verlässt Coswig

Seit über einem Jahrzehnt war die Villa Teresa in Coswig ihr Zuhause. Nun beginnt ein neues Kapitel in ihrem Beruf, aber nicht unbedingt im Leben.

Von Martin Skurt
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15 Jahre lenkte und prägte sie die Kultur in der Villa Teresa: Nun ist es für Christiane Böttger an der Zeit, sich weiterzuentwickeln.
15 Jahre lenkte und prägte sie die Kultur in der Villa Teresa: Nun ist es für Christiane Böttger an der Zeit, sich weiterzuentwickeln. © Arvid Müller

Coswig. In der Villa Teresa trifft man auf offene Arme. Jahrelang war das der Job der Leiterin dieser Kultureinrichtung in Coswig, die als Kulturjuwel gilt. Jetzt beginnt Christiane Böttger ein neues Kapitel. Ab Mai zieht es sie nach Döbeln, wo sie als Amtsleiterin die Kultur der Stadt koordinieren wird. Sie kann es kaum erwarten, loszulegen. Aber Coswig bleibt in ihrem Herzen. Erst diese Woche wurde sie zur zweiten Vorsitzenden des Fördervereins "Die Teresa Carreño und Eugen d'Albert Gesellschaft Coswig" wiedergewählt. "Das ist kein Widerspruch für mich", sagt sie. "Ich freue mich auch schon darauf, das erste Klavierkonzert in der Villa Teresa ganz entspannt mit einem Glas Wein zu genießen."

In den letzten 15 Jahren hat sie kaum eine Veranstaltung selbst erlebt. "Meine Aufgabe war es, dafür zu sorgen, dass alles reibungslos läuft." Sie war selten entspannt, sondern meist angespannt. Sie musste den Zeitplan im Kopf behalten und dafür sorgen, dass sich alle wohlfühlen. Ob durch das reibungslose Servieren von Getränken und Essen oder durch Gespräche mit dem Publikum und den Künstlern. Oder wenn ein Gast sein Weinglas verschüttet. Was banal klingt, stört aber ein ruhiges Zuhören. Das ist für die Besucherinnen und Besucher reserviert.

"Ich habe die Arbeit trotzdem geliebt. Vor allem, weil ich das unmittelbare Feedback der Menschen bekommen habe – ob positiv oder negativ", sagt Christiane Böttger. So konnte sie sofort einschätzen, ob eine Veranstaltung gut oder schlecht ankam. "Das ist einerseits sehr anstrengend, aber andererseits macht es auch unglaublich viel Spaß." Sie kam regelmäßig mit den Leuten ins Gespräch und die Leute verbinden sie fest mit der Villa. "Auch wenn es vermessen klingt: Es gab schon immer eine starke Verbindung zwischen der Leitung und dem Publikum. Ich hoffe, dass die neue Person das auch verkörpert."

"Trauen Sie sich das zu?"

Denn sie ist diejenige, die das komplette Kulturprogramm der Villa Teresa geprägt hat. Weder der Geschäftsführer der Kulturbetriebsgesellschaft Meißner Land, Thomas Kretschmer, noch der Oberbürgermeister Thomas Schubert (parteilos) oder seine Vorgänger haben sich eingemischt. Sie haben Christiane Böttger vertraut. Und das von Anfang an. Denn sie erinnert sich noch daran, wie sie sich völlig grün hinter den Ohren auf die Leitungsposition beworben hatte.

Christiane Böttger hat in den 2000er-Jahren Kulturmanagement im niedersächsischen Hildesheim studiert. Während des Studiums war für sie aber immer eines klar – sie will zurück in die Heimat. Sie ist in der Lommatzscher Pflege groß geworden und lebt derzeit dort wieder. Also bewarb sie sich zunächst für ein Praktikum im Museum der Villa Teresa. In dieser Zeit lernte sie auch den ehemaligen Börsen- und Villa-Teresa-Chef René Schmidt kennen. "Als ich ihn erlebt habe, wusste ich sofort: Das macht mir sicherlich auch Spaß." So hat sie nach dem Praktikum ihre Diplomarbeit neben anderen Kulturhäusern auch über die Villa Teresa geschrieben.

René Schmidt ging 2009 nach Bad Lauchstädt ans Goethe-Theater und Thomas Kretschmer wurde Leiter der Börse und der Meißner Kulturbetriebsgesellschaft. Die Stelle der Villa-Leitung war also weiterhin offen. Darauf bewarb sie sich, frisch von der Uni kommend. "Es war ein Glücksfall für mich, dass es diese Stelle gab. Ich sagte zu mir: Wenn du nichts versuchst, passiert auch nichts." Der Aufsichtsrat der Kulturbetriebsgesellschaft fragte Christiane Böttger nur: "Trauen Sie sich das zu?" Schon hatte sie den Job. Sie war zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Viel Seelenheil und kein Trennungsschmerz

In der Zeit konnte sie vieles bewegen und gemeinsam mit dem Förderverein eigene Ideen umsetzen. Zum Beispiel die seit 2015 stattfindenden "DoReMi-Konzerte" für Kinder im Vor- und Grundschulalter oder eine Kooperation mit dem Gymnasium in Coswig oder auf die ausverkauften "Frühlingserwachen"-Veranstaltungen auf Schloss Scharfenberg.

Auf das ist sie genauso stolz wie generell auf die Zusammenarbeit mit dem Förderverein. Ohne ihn hätte die Villa gar nicht das Klavier-Projekt, also die Restaurierung des Steinway-Flügels von Eugen d'Albert, im vergangenen Jahr umsetzen können. Das zieht nun Künstler an, die sich sonst nicht nach Coswig verirren würden. So spielt am 12. Mai 2024 Caleb Borick in der Villa Teresa. Er ist aktueller Sieger des in der internationalen Klassikszene bedeutenden Beethoven-Wettbewerbs in Bonn. "Ich habe ihm einfach geschrieben, und er kommt." Das Beste ist, dass die Gage für das Kulturhaus bezahlbar ist.

Nike Wagner, Urenkelin Richard Wagners, sagte zu ihr einmal, als sie die Villa Teresa besuchte: "Vergessen Sie nicht, was für einen schönen Ort sie haben." Das hat Christiane Böttger nie. Sie wurde durch die Gäste regelmäßig daran erinnert, die ihr spiegelten, dass die Villa ihnen viel Seelenheil gebracht hat. So eine Rückmeldung ist wunderbar und ihr kamen fast die Tränen. "Ich würde mich auch wieder auf die Stelle bewerben, da der Job toll ist. Aber jetzt ist die Zeit für Veränderung gekommen. Ich verbinde sehr viel mit Coswig und der Villa. Ich bin dankbar, das alles erlebt zu haben."

Trennungsschmerz habe sie nicht, da sie Coswig erhalten bleibt. Sie möchte noch die Jubiläumsveranstaltungen zum 160. Geburtstag von Eugen d'Albert über die Bühne bringen. Danach startet die verheiratete Mutter von drei Kindern ein neues Kapitel in ihrem Leben.