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Weniger arbeiten – so wirkt es sich auf Lohn und Rente aus

Im Alter würden viele Beschäftigte gerne kürzertreten. Das hat nicht nur Folgen fürs Gehalt, sondern auch für Renten und Sozialversicherungen.

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Mehr Zeit fürs Leben.
Mehr Zeit fürs Leben. © Zacharie Scheurer/dpa

Jeder, der mehr als sechs Monate bei einem Arbeitgeber mit mehr als 15 Arbeitnehmern beschäftigt ist, kann verlangen, kürzer zu arbeiten. Dann gibt es natürlich auch weniger Gehalt. Bei einer Halbierung der Arbeitszeit sinkt der Nettolohn meist um 40 bis 45 Prozent.

Gesetzliche Rente sinkt

Kürzere Arbeitszeit bedeutet auch niedrigere Rentenbeiträge. Deshalb sinkt die spätere Rente etwas. Wer zwei Jahre lang mit halber Stundenzahl arbeitet, verliert als Durchschnittsverdiener knapp 40 Euro Monatsrente. Eine Arbeitszeitverkürzung am Ende des Arbeitslebens schadet bei der Rente aber nicht mehr als ein Wechsel in Teilzeit etwa zwischen dem 40. und 45. Geburtstag. In der Rentenversicherung werden die letzten Versicherungsjahre nicht anders bewertet als die Jahre davor.

Ein Beispiel: Wer 1963 geboren wurde und bis zu seinem 60. Geburtstag sozialversicherungspflichtig mit einem durchschnittlichen Einkommen beschäftigt war, hat 40 Rentenpunkte erworben. Wenn er nun bis zu seinem regulären Rentenalter von 66 Jahren und vier Monaten voll weiter arbeiten würde, dann kämen 6,33 Entgeltpunkte dazu – insgesamt sind es also 46,33. Würde er in diesen sechs Jahren und vier Monaten die Arbeitszeit und das Entgelt halbieren, käme er auf zusätzlich 3,17 Entgeltpunkte – insgesamt also nur 43,17. Der Rentenanspruch würde sich gegenüber der Vollzeitbeschäftigung um 3,17 Entgeltpunkte mindern.

Bei einem aktuellen Rentenwert von 37,50 Euro bedeutet das: Ohne Teilzeit läge die Rente im Jahr 2029 bei 1.742 Euro (46,33 x 37,60). Durch die Rentenanpassungen, mit denen bis dahin zu rechnen ist, wären es wohl 15 bis 20 Prozent mehr. Bei einer Halbierung käme man dagegen nur auf rund 1.623 Euro. Das sind immerhin 119 Euro weniger.

Tipp: Um die Rentenminderung durch Teilzeit auszugleichen, können Beschäftigte im Laufe ihres Arbeitslebens Sondereinzahlungen in die Rentenversicherung leisten. Diese Möglichkeit besteht ebenfalls, um Abschläge bei einem frühzeitigen Renteneintritt auszugleichen.

Krankengeld wird angepasst

Wer weniger verdient, zahlt auch geringere Krankenkassenbeiträge. Gerade gesundheitlich angeschlagene Arbeitnehmer sollten wissen, dass das im Krankheitsfall unerwünschte Folgen hat. Denn dann sinkt auch das Krankengeld.

Laut Paragraf 47 Absatz 2 Sozialgesetzbuch V wird das Krankengeld nach dem „letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum“ berechnet. In der Regel ist das das letzte monatliche Arbeitsentgelt. Bei einer Halbierung der Arbeitszeit fällt das Krankengeld für einen Durchschnittsverdiener um rund 40 Prozent niedriger aus.

Tipp: Wenn ein hohes Risiko der Arbeitsunfähigkeit besteht, ist der Wechsel in eine Teilzeitbeschäftigung nicht ratsam. Falls die Erwerbsfähigkeit allerdings erheblich beeinträchtigt ist, kommt unter Umständen die Kombination von Teilzeitbeschäftigung und Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Frage.

Dies gilt dann, wenn jemand aus gesundheitlichen Gründen täglich nur noch zwischen drei und unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann. Diese Rente fällt halb so hoch aus wie die Rente wegen voller Erwerbsminderung. Arbeitseinkommen wird hier nur selten angerechnet. Knapp 3.000 Euro dürfen Beschäftigte monatlich verdienen, ohne dass die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gekürzt wird.

"Teilzeit-Bonus" bei Arbeitslosengeld

Wenn der Job kurz nach der Arbeitszeitverkürzung verloren geht, kann zumindest für einen Zeitraum von knapp drei Jahren gewisse Entwarnung gegeben werden. Denn für diejenigen, die ihre Arbeitszeit um mehr als 20 Prozent verkürzen, gilt eine Art Bestandsschutz.

Geht der Job verloren, steht beschäftigten, die 58 oder älter sind, in der Regel für zwei Jahre Arbeitslosengeld (ALG) zu. Bei der Berechnung gibt es einen „Teilzeit-Bonus“, der in Paragraf 150, Abs. 2 Nr. 5 Sozialgesetzbuch III geregelt ist. Der sorgt dafür, dass eine Arbeitszeitverkürzung in vielen Fällen beim später bezogenen ALG unschädlich ist. Die Höhe des Arbeitslosengeldes richtet sich in den ersten 19 Monaten sogar nach dem früheren Vollzeitlohn – soweit man sich dem Arbeitsmarkt für eine Vollzeitbeschäftigung zur Verfügung stellt.

Ein Beispiel: Ein 63-jähriger Industriemeister hat als Vollzeitbeschäftigter 4.500 Euro brutto verdient. Er vereinbart mit seinem Arbeitgeber, um einer Kündigung zu entgehen, eine auf 18 Monate befristete Teilzeitbeschäftigung mit einer halbierten Arbeitszeit. 2023 verdient er dabei monatlich netto 1.611 Euro statt zuvor 2.852 Euro netto.

Nach Ende des befristeten Vertrags wird er mit 64,5 Jahren arbeitslos. Er stellt sich der Arbeitsvermittlung – das ist wichtig – für eine Vollzeitbeschäftigung zur Verfügung. In dem Fall wird sein ALG auf Basis seines früheren Verdienstes von 4.500 Euro berechnet. Es beträgt 1.890,60 Euro (bei Anspruch auf Kindergeld) – das ist mehr als sein Nettolohn in Teilzeit – und bleibt ihm bis zu seinem regulären Rentenalter erhalten. Da er im Januar 1960 geboren wurde, liegt sein reguläres Rentenalter bei 66 Jahren und vier Monaten. Im April 2026 wird er deshalb letztmals ALG erhalten können – berechnet auf Basis von 4.500 Euro.

Tipp: Für den „Teilzeit-Bonus“ müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein. Die Arbeitszeit muss um mehr als fünf Stunden und um mehr als 20 Prozent verkürzt worden sein. Zudem muss man in den letzten 3,5 Jahren mindestens sechs Monate mit der längeren Arbeitszeit beschäftigt gewesen sein.

Wer einen Anspruch auf Teilzeit hat

  • Rechtslage: Mit dem Teilzeit- und Befristungsgesetz wurde 2001 ein Rechtsanspruch auf Teilzeitbeschäftigung eingeführt. In Paragraf 6 heißt es nur lapidar: „Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmern, auch in leitenden Positionen, Teilzeitarbeit nach Maßgabe dieses Gesetzes zu ermöglichen.“ Allerdings gilt dies nur für diejenigen, die mehr als sechs Monate bei einem Arbeitgeber mit über 15 Arbeitnehmern beschäftigt sind. Und: Der Chef muss nur zuzustimmen, wenn „betriebliche Gründe nicht entgegenstehen“.
  • Antrag: Wer seine Arbeitszeit verkürzen möchte, muss dies drei Monate vorher beantragen. Die Einreichung sollte man sich quittieren lassen. Der Arbeitgeber muss im Regelfall spätestens einen Monat vor Beginn über den Antrag entscheiden. Im Konfliktfall soll eine einvernehmliche Lösung gefunden werden.
  • Ablehnung: Falls der Arbeitgeber „Nein“ sagt, sollten Beschäftigte den Betriebsrat um Unterstützung bitten. Ist dies erfolglos, bleibt der Weg zum Arbeitsgericht.

Sonderregeln bei Betriebsrente

Hier haben ältere Arbeitnehmer unter Umständen das Nachsehen. Denn gegebenenfalls richtet sich die Höhe der Rente allein nach dem niedrigeren Einkommen der letzten Jahre. Es muss aber nicht so sein. Unternehmen haben einen großen Spielraum, viele Details sind nicht gesetzlich, sondern in betrieblichen Versorgungsordnungen geregelt. Im Streitfall entscheiden die Arbeitsgerichte darüber, ob sich die Regeln im Rahmen des Erlaubten bewegen. So hat das Bundesarbeitsgericht am 20. Juni dieses Jahres eine wichtige Entscheidung zu „Endgehaltsbezogene Betriebsrente und Teilzeit“ getroffen.

Es ging um die Betriebsrente einer Arbeitnehmerin, die 20 Jahre in Vollzeit und dann 15 Jahre Teilzeit tätig war. Die betriebliche Versorgungsordnung sah für solche Fälle vor, dass das Gehalt der letzten zehn Jahre für die Höhe der Betriebsrente entscheidend sein sollte. Die Betriebsrente betrug daher nur 99,77 Euro. Wäre auch die Vollzeittätigkeit mit berücksichtigt worden, hätten der Beschäftigten 155,19 Euro zugestanden. Die obersten Arbeitsrichter befanden das jedoch für rechtens (Aktenzeichen: 3 AZR 221/22).

Tipp: Vorab schlau machen, was die betrieblichen Regelungen hergeben. Nachfragen lohnt sich beim Versorgungsträger, Betriebsrat oder bei der Personalabteilung.

Der Autor Rolf Winkel gehört zur Verbraucherredaktion Biallo.
Mit ihrem Online-Rentenrechner lässt sich ermitteln, wann man in Rente gehen kann.