SZ + Riesa
Merken

Frei.Wild in Riesa: "Im Osten geht die Post ein bisschen mehr ab"

Die Deutschrocker von Frei.Wild starten ihre neue Tour in der Sachsenarena. Frontmann Philipp Burger erzählt, warum er nicht nur für Konzerte in die Stadt kommt.

Von Sarie Teichfischer
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Die Deutsch-Rocker von Freiwild in der Riesaer Arena. Von links nach rechts: Schlagzeuger Christian "Föhre" Forer, Bassist Jochen "Zegga" Gargitter, Gitarrist und Sänger Philipp Burger sowie Gitarrist Jonas Notdurfter.
Die Deutsch-Rocker von Freiwild in der Riesaer Arena. Von links nach rechts: Schlagzeuger Christian "Föhre" Forer, Bassist Jochen "Zegga" Gargitter, Gitarrist und Sänger Philipp Burger sowie Gitarrist Jonas Notdurfter. © Sebastian Schultz

Riesa. Als sie Ende 2019 das letzte Mal da waren, platzte die Sachsenarena aus allen Nähten. Nun ist die Deutschrock-Band wieder zurück: Am Mittwoch spielt das Quartett den Auftakt seiner Jubiläumstournee "Wir schaffen Deutsch.Land", die um zwei Jahre verschoben werden musste.

Sächsische.de hat die Band am Tag vor dem Tourstart während der Proben getroffen und mit Frontmann Philipp Burger gesprochen.

Wie kommt es, dass ihr eure Deutschland-Tour in Riesa beginnt?

Das passiert jetzt zum ersten Mal, weil uns hier sehr entgegengekommen wird und wir den Tag vorher noch zum Proben nutzen können. Die Gegend hier ist für uns eine gute Ecke. Unsere allerersten Deutschland-Konzerte haben wir in Torgau gespielt. Wir haben in ganz Deutschland große Fankreise – Gott sei's gedankt. Aber im Osten geht die Post schon noch mal ein bisschen mehr ab, finde ich. Es gibt Gegenden, in denen man merkt, dass die Leute etwas verhaltener sind; unsere Heimat Südtirol gehört dazu. Die kann von der Stimmung nie mithalten mit Riesa. Die Leute hier feiern sehr ausgelassen. Und für eine Band ist es natürlich das schönste Geschenk, wenn man von der ersten bis zur letzten Minute das Gefühl hat, dass die Leute voll mitgehen. Ich persönlich war übrigens schon öfter in Riesa als nur zu den Konzerten.

Ach so? Wie kommt's?

Von 2001 bis 2008 hatte ich eine eigene Zimmerei. Wir hatten damals das große Glück, auf gute Fachkräfte aus Riesa und der Umgebung zurückgreifen zu können, weil es Ende der 90er hier in der Region wohl wenig Arbeit gab und die Leute zu uns kamen. Die damals entstandenen Freundschaften pflegen wir bis heute und treffen uns ein, zweimal im Jahr für ein paar Tage zum Grillen und Fischen oder auf einen Ausflug.

Freiwild spielt seit mehr als 20 Jahren in der gleichen Besetzung. Wie habt ihr das geschafft?

Na ja, wir sind immer respektvoll miteinander umgegangen. Ich kann mich zum Beispiel nicht daran erinnern, dass einer von uns jemals einen anderen beschimpft hätte. Ich glaube, das ist wie in einer guten Ehe: Gewisse Türen sollten einfach nicht aufgestoßen werden. Bei uns sind sie immer zu geblieben, deshalb sitzt diese Band jetzt noch hier in einem Raum. (lacht)

Wir haben die Band nur zum Spaß gegründet und hatten nie große Ambitionen. Was bei uns von Anfang an gut funktioniert hat, war die Abstimmung untereinander, was die Arbeit als Band angeht.

Hinter der Arena stehen fünf Tour-Busse. Hat jeder von euch seinen eigenen?

Nee, nee! (lacht) Wir sind auf Tournee insgesamt 60 bis 70 Leute. Auf jeden Bus kommen 16 Leute. Außer bei uns Bandmitgliedern: Wir teilen uns zu viert einen Bus mit unserem Manager. Der hat übrigens das einzige Doppelbett! Er sagt, dass er anders nicht schlafen kann. (lacht) Wir schlafen in Kojen – ich nenne sie Särge –, damit unser Manager in der Suite wohnen kann! (lacht) Das hat es weltweit noch nie gegeben, das sagt dir jeder Busfahrer! Dazu muss man wissen, dass wir die Busse für die Tour mieten, die Fahrer kennen also auch andere Bands und wie es bei denen zugeht.

Die Band am Doppelbett des Managers in der Suite im Tourbus.
Die Band am Doppelbett des Managers in der Suite im Tourbus. © Sebastian Schultz
In solchen Kojen schlafen die Bandmitglieder.
In solchen Kojen schlafen die Bandmitglieder. © Sebastian Schultz
Spaß gehört dazu: Die Bandmitglieder auf ihren Karts, die ihnen von einer befreundeten Brauerei zur Verfügung gestellt werden. Damit wollen sie bei den Konzerten mit ihren Fans um die Wette fahren.
Spaß gehört dazu: Die Bandmitglieder auf ihren Karts, die ihnen von einer befreundeten Brauerei zur Verfügung gestellt werden. Damit wollen sie bei den Konzerten mit ihren Fans um die Wette fahren. © Sebastian Schultz

Eure Tour führt euch in drei Wochen in 13 Städte. Wie sieht der Tour-Alltag aus?

Also, ich mache täglich meinen Sport. Wir probieren auch immer, uns die Städte anzuschauen. Ich habe so ein Elektro-Skateboard, das ich nur auf Tour nutze. Damit fahre ich jeden Tag in die jeweilige Stadt und schaue mich um. In Riesa haben wir nach unserem Konzert 2016 ein Video für unser Tour-Tagebuch aufgenommen. Das werden wir diesmal wieder tun.

Auf Tour ist man frei von alltäglichen Verpflichtungen wie Müll raustragen und Spülmaschine ausräumen. Dadurch ist Unterwegssein auf eine Weise auch erholsam. Und es ist ja nur für eine begrenzte Zeit. Ein halbes Jahr Tour würde ich für kein Geld der Welt machen, dafür haben wir einfach zu viel gehört und gesehen. Und wir kennen uns mittlerweile auch gut genug, um zu wissen, dass wir psychisch vor die Hunde gehen würden, wenn wir so lange unterwegs wären.

Für jemanden, der noch nie Drogen konsumiert hat, ist es für mich verständlich, dass es da ab einem gewissen Zeitraum "Behelfsmittel" brauchen könnte. Du bist vollgepeitscht mit Licht und Lärm und Gefühlen und musst da irgendwie runterkommen, um am nächsten Tag weitermachen zu können. Sogar meine Mutter hat gesagt, dass sie jetzt versteht, warum wir abends immer Bier trinken. Wir sind auf Tour übrigens relativ zeitig im Bett – zwischen halb zwei und halb vier. Nach dem Konzert sitzen wir immer noch zusammen und sprechen die guten Dinge durch. Die schlechten passieren ja auch, aber die gehen wir erst am nächsten Tag im Soundcheck durch. Abends wollen wir einfach mit guten Emotionen den Bus besteigen.