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Auf Wolfs-Wanderung durch die Gohrischheide

Naturführer Olaf Kaube lädt zum ersten Mal zu einer speziellen Tour auf den Spuren des Zeithainer Rudels ein. Sächsische.de war bei der Premiere dabei.

Von Stefan Lehmann
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Wölfe in der Gohrischheide. Die Aufnahme stammt aus einer der Wildkameras, die Olaf Kaube im Gebiet aufgestellt hat.
Wölfe in der Gohrischheide. Die Aufnahme stammt aus einer der Wildkameras, die Olaf Kaube im Gebiet aufgestellt hat. © SZ/Stefan Lehmann

Zeithain. Wenn so ein Vierbeiner, laut kläffend und knurrend, auf einen zustürmt, kann es einem schon bang werden. Auch dem Wolfsführer Olaf Kaube, gibt der später zu und scherzt: "Das war der gefährlichste Teil der Wanderung." Was er meint, ist nicht etwa die Begegnung mit dem Wolf. Sondern mit den Herdenschutzhunden, die die Schafe in der Gohrischheide vor Angriffen schützen sollen. Die beiden Tiere mit dem etwas zottigen, weißen Fell, machen ihre Sache gut: Die achtköpfige Gruppe, die den Weg am Elektrozaun entlangläuft, wird jedenfalls auf der gesamten Strecke begleitet. Erst, als die Koppel endet, beschäftigen sich die Hunde wieder miteinander, gehen fast nahtlos ins Spiel über.

Viele Spaziergänger dürften die Hunde eigentlich nicht zu Gesicht bekommen. In den Bereich der Heide, durch den Olaf Kaube die Gruppe heute führt, geht es sonst nur mit Sondergenehmigung. Kaube hat eine, Touristen darf er aber lediglich im Winterhalbjahr ab Oktober durchs Gelände führen. Danach soll die Tierwelt, vor allem die Brutvögel, wieder ihre Ruhe haben.

Im Auftrag von Sachsenforst hat Olaf Kaube in diesem Jahr erstmals eine Wolfsführung ins Angebot genommen. Gerade in einer Zeit, in der das Raubtier stark in den Fokus rückt und Abschüsse ernsthaft diskutiert werden, auch im Kreistag Meißen.

Natur- und Landschaftsführer Olaf Kaube in der Gohrischheide. Im Hintergrund sind noch Spuren des jüngsten Brandes zu sehen.
Natur- und Landschaftsführer Olaf Kaube in der Gohrischheide. Im Hintergrund sind noch Spuren des jüngsten Brandes zu sehen. © SZ/Stefan Lehmann

Dem Ruf gefolgt sind am Ende keine Politiker, sondern gut eine Handvoll Tagesausflügler. Es sind Herbstferien, eine Frau aus der Region hat ihre erwachsene Tochter samt Familie mitgenommen, als sie von dem Angebot erfuhr. Am Morgen hat es noch geregnet, ein Paar hat kurzfristig abgesagt. Kaube zuckt mit den Schultern. "Ich musste noch nie eine Führung wegen des Wetters absagen." Und dann fügt er noch hinzu: "So viel kann ich sagen: Einen Wolf werden wir wohl heute nicht zu Gesicht bekommen."

Das dürfte aber nicht am Wetter liegen. Selbst Kaube, der ständig in der Heide unterwegs ist, bekam ihn nur einmal zu Gesicht. Glaubt er jedenfalls. Anders als während der Führung hatte er das Fernglas nicht zur Hand, und das Tier war viel zu weit weg. Zuletzt hätten sich die Tiere weiter nach Norden zurückgezogen. Das könnte an den Heidebränden in diesem und dem Vorjahr liegen. Die Spuren sind auch heute noch sichtbar, auch wenn sich am Boden schon wieder neues Grün Bahn bricht.

Unterwegs sind die Wölfe in der Heide aber sehr wohl, auch tagsüber. Und sie nutzen dabei gerne die Wege durch das ehemalige Militärgelände. "Wölfe sind bequem", sagt Kaube dazu, "sie suchen sich den leichtesten Weg." Warum durchs Dickicht schlagen, wenn es die Schneisen in der Landschaft gibt? "Blick Richtung Boden", das sei das Motto.

Rund um Nochten in der Oberlausitz findet man immer wieder mal eine charakteristische Wolfsspur. "Der Boden dort ist sehr sandig." Nördlich von Zeithain ist das Gegenteil der Fall. Die Erde ist hier derart verdichtet, da scheint die Suche nach Spuren fast hoffnungslos. Der Wolfsführer zückt das mitgebrachte Tablet - und zeigt am Bildschirm, wie so eine Wolfsfährte aussehen kann - je nach Tempo. Die Aufnahmen stammen aus dem Februar, als die Gohrischheide schneebedeckt war.

Neben den Fotos kann Olaf Kaube auch mit Dutzenden Videoaufnahmen aufwarten. Wildkameras hat er in den vergangenen Jahren an einigen vielversprechenden Stellen versteckt. Badendes Rotwild sieht man da, eine Rotte Wildschweine samt Frischlingen, den Wiedehopf - und jede Menge Aufnahmen von Wölfen, die durchs Bild ziehen. Selbst ein jagendes Tier ist Kaube schon vor die Kamera gelaufen. Einzelne Aufnahmen zeigen um die sechs, sieben Tiere, die nacheinander durchs trockene Gras schnüren. Wohl das komplette Rudel.

Befürchtungen, irgendwann werde es gewaltige Rudel von 50 oder mehr Wölfen in der Heide geben, das sei Quatsch, betont Kaube. Realistisch seien sechs bis zehn Tiere. "Ein Rudel besteht aus den Alttieren, dem Wurf des Vorjahres und dem aktuellen Wurf." Danach werden die ausgewachsenen Tiere von ihren Eltern vertrieben und müssen sich ein eigenes Revier suchen.

Eine mehrere Wochen alte Wolfslosung. Charakteristisch sind die Härchen im Kot.
Eine mehrere Wochen alte Wolfslosung. Charakteristisch sind die Härchen im Kot. © SZ/Stefan Lehmann

Nach einer guten Stunde Wanderung durch die Heide bleibt Olaf Kaube unvermittelt stehen - und deutet auf den Weg. Vertrocknete Kotreste liegen da; das war definitiv kein Marder oder Fuchs. Die vielen Haare in der zwei, drei Wochen alten Losung verraten den Wolf. "Er frisst seine Beute mit Haut und Haar."

Fünf Kilogramm Fleisch braucht ein Wolf am Tag, sagt Kaube. Er springe nicht gern, grabe eher unter Zäunen durch. Und, auch wenn die eingangs erwähnten Hunde ihr Geld wert seien: Absoluten Schutz bieten sie nicht. 2022 habe es im Gehege Risse gegeben. Wahrscheinlich hatte aufgeschrecktes Wild den Elektrozaun beschädigt. Der Wolf drang ein und tötete mehrere Schafe.

Wäre die Losung noch recht frisch, würde Olaf Kaube nun ein Foto machen und eine Probe nehmen. Die geht dann wiederum ans Wolfsmonitoring. Anhand der DNA lassen sich die einzelnen Tiere identifizieren - und beispielsweise Wanderbewegungen nachvollziehen.

  • Am 22. Oktober ist noch eine weitere Führung geplant. Die Teilnahme ist kostenlos. Anmeldungen an Landschaftsführer Olaf Kaube, [email protected] oder Tel. 015225620516