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Riesa: Mit dem Wirtschaftsminister am Küchentisch

Anderthalb Stunden lang diskutieren Riesaer Bürger mit Martin Dulig (SPD). Es geht nicht nur um Fachkräftemangel und Verkehr.

Von Stefan Lehmann
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Besuch in Riesa-Gröba: Martin Dulig (SPD, r.) sprach am mitgebrachten Küchentisch mit Menschen aus der Region.
Besuch in Riesa-Gröba: Martin Dulig (SPD, r.) sprach am mitgebrachten Küchentisch mit Menschen aus der Region. © Foto: SZ/Eric Weser

Riesa. Es bleiben noch einige Plätze frei, als Martin Dulig (SPD) am Montagabend in die Gröbaer Schlossremise lädt. Rund 20 Gäste sind gekommen, um mit dem sächsischen Wirtschaftsminister über Themen zu sprechen, die sie bewegen. Es sind viele bekannte Gesichter darunter: Kommunalpolitiker und andere Ehrenamtliche, Vertreter aus der Sozialarbeit. Mit am "Küchentisch" sitzt der SPD-Ortsvorsitzende Andreas Näther.

Zum Einstieg geht es noch um die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus in Dresden und anderswo, um die negative Stimmung in Sachsen. "Die Lage ist besser als die Stimmung", sagt Dulig - und schiebt hinterher: "Aber man kann nicht an der Stimmung vorbei Politik machen."

Die Gäste in der Schlossremise interessiert vor allem ein Thema. Gleich mehrfach geht es um den Fachkräftemangel und - in dem Zusammenhang - auch um Bildungspolitik. Der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Jens-Torsten Jacob kritisiert Defizite bei der Berufsschulplanung und fragt nach der Gemeinschaftsschule. "Das diskutieren wir schon seit 20 Jahren." Wird sie Teil des Wahlprogramms sein? Dulig pflichtet ihm bei, dass in Sachsen zu zeitig die Weichen für die weiterführenden Schulen gestellt werden. Er verweist auf bisherige Erfolge: Die Gemeinschaftsschule stehe im Schulgesetz. Den Weg müsse man nun seiner Ansicht nach weitergehen.

Berufsorientierung, ÖPNV, Straßenbau

Jacob vermisst auch eine bessere Berufsorientierung. Von 160 Maurer-Lehrlingen hätten es nur 80 bis zur Prüfung geschafft, und davon wiederum sei die Hälfte durchgefallen. 25 Prozent Abschlussquote, nach drei Jahren - das sei einfach viel zu wenig.

Geringfügige Hoffnung macht Dulig der Region beim Thema Verkehrsverbünde. Da habe er sich die Zähne ausgebissen, sagt Martin Dulig. Er plädiert für einen einzelnen Verkehrsverbund für ganz Sachsen. Das sei in den Koalitionsverhandlungen an den Landräten und den Grünen gescheitert. Die Landkreise müssten sich einigen. Wenn das passiert sei, "dann können sie zu mir kommen und reden".

Von Stadtrat Markus Mütsch gibt es Lob für Duligs klare Haltung zum Ukraine-Krieg - und eine Frage zur B169: ob man sich für den letzten, vierten Bauabschnitt nicht den Ausbau sparen und stattdessen lediglich Linksabbieger-Spuren einrichten könne? Der Wirtschaftsminister spricht von einer "spannenden Frage", die man aber fachlich prüfen müsse. "Wenn ich in der Region war, haben vor allem die Unternehmen gesagt: Wir brauchen diese Infrastruktur für uns."

Auch Sven Wendisch spricht ein Verkehrsthema an: Die starke Wirtschaftskraft führe zu hohem Lkw-Aufkommen - und damit zu Schäden. "Die Stadt hat kaum noch die Kraft, das zu kompensieren." Dulig attestiert in dem Punkt vielen Kommunen großen Nachholbedarf - obwohl sich die Zuweisungen für kommunalen Straßenbau verdoppelt haben. "Ich bin generell der Meinung, dass die Kommunen mehr Pauschalen brauchen." Sie könnten das Geld dann vor Ort deutlich gezielter einsetzen.

"Der Landkreis wird von den Investitionen profitieren"

Eine Reihe von Fragen dreht sich um die Ansiedlungen von TSMC und Infineon in Dresden. Warum man so viel Geld in die Hand nehme für einige Tausend Arbeitsplätze, möchte einer wissen. "Wir kaufen keine Arbeitsplätze, wir kaufen Unabhängigkeit", so Dulig. Chips seien das Erdöl der Zukunft, und man habe durch die Lieferprobleme während der Pandemie gesehen, was es heißt, wenn Produktionsstandorte nur noch im Ausland liegen.

Warum denn solche Ansiedlungen und Investitionen nicht auch im ländlichen Raum möglich seien, wollte Thomas Margenberg wissen. Größte Hürde sind laut dem Wirtschaftsminister die verfügbaren Flächen. Früher seien für so eine Ansiedlung vier bis sechs Hektar angefragt worden. "Intel wollte 600 Hektar." Solche Flächen seien rar. In Riesa aber stimme die Infrastruktur. "Die S-Bahn Riesa ist notwendig", so Dulig. Aber die Grundvoraussetzungen seien vor Ort nicht schlecht.

Den ganzen Abend über ist Dulig darum bemüht, Optimismus zu verbreiten. Auch beim Thema Infineon und TSMC. "Der Landkreis Meißen wird zu den Gewinnern gehören", sagt er gleich mehrfach. Damit davon auch etwas in Riesa ankomme, brauche es aber auch ein Image und ein positives Selbstbild. "Keiner wird in eine Region investieren, die nicht selbst an ihre Stärken glaubt!"