SZ + Riesa
Merken

Peter-Sodann-Bibliothek bald auf Wikipedia

Die umfangreiche Sammlung ehemaliger DDR-Literatur soll einen Eintrag im Internetlexikon Wikipedia erhalten. Seit 2012 befindet sie sich in Staucha.

Von Jörg Richter
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Andreas Wagner (links) und seine Gabriele Mayer (hinter ihm) zeigen Bernd Pawlowski und Hansi-Christiane Merkel vom Förderverein den Inhalt der Wikipedia-Seite über die Peter-Sodann-Bibliothek.
Andreas Wagner (links) und seine Gabriele Mayer (hinter ihm) zeigen Bernd Pawlowski und Hansi-Christiane Merkel vom Förderverein den Inhalt der Wikipedia-Seite über die Peter-Sodann-Bibliothek. © Foto:Lutz Weidler

Staucha. Berühmte Menschen haben einen Wikipedia-Eintrag. Manchmal auch Menschen, die kaum einer kennt. Bei Peter Sodann wundert es niemanden, dass er ebenfalls im Internet-Lexikon Wikipedia aufgeführt ist. Schließlich war der gebürtige Meißner seit den 1960er Jahren ein bekannter Schauspieler, später Theaterintendant und nach der Wende auch der erste ostdeutsche Tatort-Kommissar im Fernsehen. Auch als Kandidat der Partei die Linke für das Amt des Bundespräsidenten machte er 2009 von sich reden.

Peter Sodann ist kein Niemand und hat seinen Wikipedia-Eintrag mehr als verdient. Bald soll auch die nach ihm benannte Bibliothek ins weltweite Wikipedia-Universum aufgenommen werden. Der ehrenamtliche Autor Andreas Wagner hat eine entsprechende Internetseite vorbereitet und sie am Dienstag den Mitarbeitern der Peter-Sodann-Bibliothek in Staucha vorgestellt. Er will den Inhalt mit ihnen abklären, um sicher zu gehen, dass auch alles stimmt. Noch vor Ostern soll der Wikipedia-Eintrag über die Peter-Sodann-Bibliothek freigeschaltet werden.

Bei einem Abstecher entdeckt

Die Idee dazu kam Wagner im vergangenen Oktober. Da machten Teilnehmer eines Wikisource-Treffens in Dresden einen Abstecher ins Elbland und besuchten die Bibliothek.

Wikisource ist ein Ableger von Wikipedia. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Bibliothek, allerdings um eine frei zugängliche Internet-Bibliothek. Für sie werden Bücher digitalisiert. Aber nur Bücher, deren Autoren mindestens 70 Jahre tot sind, um nicht in Konflikt mit dem Urheberrecht zu geraten.

Zwar ist die DDR seit fast 35 Jahren Geschichte, aber die Zeit des Schaffens ihrer zahlreichen Schriftsteller noch keine sieben Jahrzehnte vorüber. "Theoretisch sind die Bücher bis 1953 für uns interessant", sagt Wagners Ehefrau Gabriele Mayer, die ihren Mann von Bayern nach Sachsen begleitet hat. Sie zählt zu den ehrenamtlichen Helfern, die sich in ihrer Freizeit die Mühe machen, Bücher und Dokumente Seite für Seite einzuscannen, um sie für Internetnutzer zugänglich zu machen.

Schmale Kinderbücher schaffe sie in einer Stunde, sagt Gabriele Mayer. Für dicke Wälzer braucht sie länger. Große Stadt-Bibliotheken hätten dafür Mitarbeiter, die nichts anderes tun. Sie müssten auch nicht jede einzelnen Seite extra einlesen, sondern hätten vollautomatische Scanner, die selbst umblättern können.

In der Peter-Sodann-Bibliothek ist an die Anschaffung eines solchen Spezialscanners nicht zu denken. Die rund zehn Mitarbeiter, die hier als Minijobber oder ehrenamtlich tätig sind, haben genug zu tun, die Bücher, die von 1945 bis 1990 zuerst in der sowjetischen Besatzungszone und später in der DDR erschienen sind, zu erfassen.

2,5 Millionen DDR-Bücher gesammelt

Nach eigenen Angaben sind es rund zweieinhalb Millionen Bücher und Zeitschriften, die bisher zusammengetragen wurden. Peter Sodann hatte 1990 angefangen sie zu sammeln. Prägend für ihn war ein Erlebnis, als vor dem Gewerkschaftshaus in Halle tausende Bücher ehemaliger DDR-Verlage auf einen Lkw geworfen wurden, um sie zu vernichten.

Im Laufe der Zeit gewann Sodann Mitstreiter, die die DDR-Bücher als Teil der gesamtdeutschen Literatur erhalten möchten. 2007 gründete sich ein Förderverein in Merseburg, wo die Bücher bis 2012 aufbewahrt wurden. Danach zogen sie peu à peu in ein Seitengebäude des ehemaligen Ritterguts in Staucha um. Der damalige Bürgermeister Peter Geißler hatte Sodann, das leer stehende Gebäude angeboten. Heute sind die beiden oberen Etagen voll mit Regalen und Büchern, die nach Verlagen und Autoren geordnet sind. Auch Bücher als anderen ehemaligen sozialistischen Ländern, die in der DDR auf Deutsch erschienen sind, kann man hier finden.