Stauchitz. Eine Kettensäge knattert und röhrt, kalter Wind pfeift über den Acker. Zwei Frauen schnappen sich jeweils ein Bündel junger Pflanzen, die aufgereiht nebeneinander am Feldrand liegen. Damit stapfen sie in Richtung der Gerätschaft, die etwa 50 Meter entfernt steht. Eine Pflanzmaschine sei das, sagt Bauleiter Christian Siegel von der Landschaftsbaufirma Schrader aus Waldheim. Sie erleichtere die Arbeit für die rund zehn Beschäftigen auf dem Feld deutlich. „Wir reden ja von 30.000 Pflanzen, die auf die Fläche sollen.“
Was hier am Rand des Stauchitzer Ortsteils Hahnefeld läuft, wird mancher vielleicht nicht gerade mit einem Bundesstraßen-Bau in Verbindung bringen. Doch die Aufforstung mit Tausenden jungen Eichen-, Erlen- und Ahornbäumen ist genau das: eine Vorbereitung für den Bau der neuen, fast acht Kilometer langen B169 zwischen Seerhausen und Salbitz. Viele Jahre ist an dem dritten Bauabschnitt des A14-Zubringers geplant, darüber geredet, geschrieben und auch gestritten worden. Nachdem das Baurecht im Sommer vorigen Jahres höchstrichterlich bestätigt wurde, konnte die Umsetzung des Vorhabens starten.
Bis der tatsächliche Straßenbau im engeren Sinne kommt, wird es allerdings noch dauern. Erst einmal sind Vorarbeiten dran, erläutert Markus Heier, Chef der für die Planung und Umsetzung des Projekts zuständigen Leipziger Niederlassung vom Landesamt für Straßenbau und Verkehr.
Größtes Projekt der Behörde
Der Planer ist erfahren, steht seit zehn Jahren an der Spitze der Leipziger Lasuv-Niederlassung, kann auf viele Vorhaben zurückblicken. Darunter eine Handvoll Ortsumgehungsstraßen wie im nahen Wermsdorf. Der B169-Bau an der Kreisgrenze zwischen Nordsachsen und Meißen ist aber das bisher größte Vorhaben für ihn und sein Haus.
Bereits jetzt bindet es einiges an personellen Ressourcen in der Leipziger Behörde; etwa ein Dutzend der insgesamt 100 Mitarbeiter gehört zur Planungsgruppe. Hinzu kämen externe Dienstleister – von Planern bis hin zu den Firmen, die jetzt bereits vor Ort die Vorarbeiten erledigen. In den ersten zwei Jahren seien landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen und Projekte zum Artenschutz zu erledigen, sagt Markus Heier.
Laut dem Behördenchef liegt das Projekt gut im Zeitplan, was diese Arbeiten angeht. Im Vorjahr seien erste Drainagen auf den Feldern rund um die künftige Trasse gesucht, gefunden und umgebunden worden. Die Feldentwässerung sicherzustellen sei wichtig, damit das Straßenbauvorhaben samt ökologischer Begleitprojekte keine Vernässung auf den angrenzenden Ackerflächen hinterlasse.
Neun Hektar neuer Wald
Ein solches ökologisches Begleitprojekt ist auch die aktuelle Pflanzung auf der Fläche am Hahnefelder Kirschberg. Wenn sie in wenigen Tagen erledigt ist, soll es auf einer anderen Fläche am Rande des Hahnefelder Speichers weitergehen. Neun Hektar Wald sollen so insgesamt entstehen.
Am Kirschberg soll unterhalb der Pflanzung außerdem noch ein Waldmantel und Saumstreifen angelegt werden, als Brutplatz für Neuntöter. Der etwa 15 Zentimeter große Vogel ist bekannt dafür, seine Beutetiere auf Dornen aufzuspießen. Deshalb soll es im Waldstreifen auch dornenreiches Strauchwerk geben, sagt Hannah Franke vom Lasuv, die als Bauleiterin die Umsetzung der Pflanz- und Artenschutzmaßnahmen überwacht. Auch Nistkästen für Vögel und Fledermäuse sollen noch aufgehängt werden. Rund zwei Millionen Euro kosten die Drainage-, Landschaftsbau- und Artenschutzarbeiten, die derzeit laufen, laut Markus Heier.
Im vorigen Herbst hatte der Lasuv-Niederlassungschef für dieses Frühjahr auch den Start der archäologischen Arbeiten in Aussicht gestellt. Auch die sind unabdingbare Voraussetzung für den Straßenbau. Doch bis die Archäologen aus dem sächsischen Landesamt anrücken, wird es noch etwas dauern. Es brauche zunächst grünes Licht vom Bund, damit das notwendige Los für die Erdbauarbeiten mit einem Volumen von etwa einer Million Euro ausgeschrieben werden kann. Die Geldfreigabe lässt nach dem Hin und Her um den Bundesetat für dieses Jahr aktuell noch auf sich warten.
Wenn das Geld kommt und die Ausschreibung erledigt ist, könnte es im Sommer mit der Archäologie losgehen, hofft Markus Heier. Durch den Erdaushub werde sich auch der Verlauf der künftigen B169-Trasse, der bisher nur auf dem Papier existiert, erstmals auf den Feldern abzeichnen.
Archäologie als große Unbekannte
Wie lange die Archäologen für ihre Arbeit brauchen? Schwierig zu sagen. Wegen der Trassenlänge sind die Grabungen ohnehin zweigeteilt: Zunächst soll die nordöstliche Hälfte der Trasse dran sein, ab nächstem Jahr die südwestliche. Dass früher Menschen in der Gegend gesiedelt haben und Funde zu erwarten sind, sei bereits angekündigt, so Markus Heier. Und schon beim Bau eines Wildzauns, der Rehe vom Anknabbern der neu gepflanzten Jungbäume am Rande von Hahnfeld abhalten soll, seien erste archäologische Funde gemacht worden.
Wenn die Archäologie und auch die Höhersetzung der 380-Kilovolt-Leitung bei Salbitz, die im nächsten Frühjahr beginnen soll, erledigt sind, kann es für das Straßenbauprojekt in die weitere Umsetzung gehen. Im Hintergrund wird daran schon parallel gearbeitet: Um etwa Detailplanungen für die Brücken und Ingenieurbauwerke auszuarbeiten, seien mehrere Planungsbüros gebunden worden, sagt Markus Heier.
Um diesen Fachplanern nötige Daten an die Hand zu geben, gibt es seit dem vorigen Jahr auch detailliertere Bodenuntersuchungen entlang der künftigen Trasse. Teils sind die abgeschlossen, teils laufen sie aber noch – wie in dieser Woche auf einem Feld bei Ragewitz, wo eine Geotechnik-Firma aus Glauchau mit einem Bohrgerät unterwegs war. Mit knatterndem Motor und bei pfeifendem kalten Wind.