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Viele Brände und Verletzte zu Silvester in Sachsen - 17-Jähriger stirbt beim Böllern

Silvester ist es wieder zu schweren Unfällen mit Feuerwerk gekommen. Bei Leipzig stirbt dabei ein Jugendlicher. Auch von Ausschreitungen berichtet die Polizei. Und die Feuerwehren waren vielerorts in Sachsen im Dauersatz.

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Zu Beginn des Jahres ist es im Leipziger Viertel Connewitz nach Angaben der Polizei vergleichsweise ruhig geblieben. Es kam zu kleineren Ausschreitungen, bei denen die Beamten mit Flaschen und Pyrotechnik beworfen worden seien.
Zu Beginn des Jahres ist es im Leipziger Viertel Connewitz nach Angaben der Polizei vergleichsweise ruhig geblieben. Es kam zu kleineren Ausschreitungen, bei denen die Beamten mit Flaschen und Pyrotechnik beworfen worden seien. © Sebastian Willnow/dpa

Nach zwei coronabedingt eher ruhigen Silvesternächten haben die Menschen in Sachsen den Jahreswechsel in diesem Jahr ausgiebig gefeiert. Rettungskräfte und Polizei waren dementsprechend rund um die Uhr wegen zumeist unsachgemäßem Gebrauch von Feuerwerkskörpern im Einsatz. Landesweit wurden mehr als hundert Brände durch Böller und zahlreiche Körperverletzungen registriert, wie die Polizeidirektionen am Sonntag mitteilten.

In Otterwisch (Landkreis Leipzig) starb ein 17-Jähriger, der am Silvesterabend auf einem Feld vermutlich nicht zugelassene Pyrotechnik gezündet hatte. Der schwer verletzte Jugendliche war in ein Leipziger Krankenhaus gebracht worden, wo er seinen Verletzungen erlag. Die Familienangehörigen und Freunde wurden durch ein Kriseninterventionsteam betreut. Die Polizei leitete ein Todesermittlungsverfahren ein.

Alleine in der Messestadt registrierte die Polizei in der Silvesternacht 39 Straftaten. Meist sei es um unerlaubtes Feuerwerk, aber auch um Sachbeschädigung, Körperverletzung und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz gegangen, teilte die Polizei am Sonntag mit. Es sei jedoch niemand festgenommen worden, und es habe keine verletzten Beamten gegeben.

Im Leipziger Viertel Connewitz blieb es nach Polizeiangaben verhältnismäßig ruhig. Es kam zu kleineren Ausschreitungen, bei denen die Beamten mit Flaschen und Pyrotechnik beworfen wurden. Dabei wurden Dienstfahrzeuge beschädigt, Verletzte gab es aber nicht. Wasserwerfer, die vorsorglich bereit standen, wurden in einigen Fällen zum Löschen kleinerer Brände auf der Straße eingesetzt. Vor drei Jahren hatte es in Connewitz schwerere Ausschreitungen gegeben.

Eine Barrikade brennt auf einer Kreuzung in Connewitz.
Eine Barrikade brennt auf einer Kreuzung in Connewitz. © Sebastian Willnow/dpa

Die Dresdner Polizei registrierte in der Silvesternacht insgesamt 326 Einsätze. So wurden der Polizei 25 Körperverletzungsdelikte, 25 Sachbeschädigungen sowie 53 Brände, die überwiegend durch unsachgemäßen Gebrauch von Pyrotechnik entstanden waren, gemeldet. Etwa ein Dutzend Autos waren in Brand geraten, mehrere Zigarettenautomaten und eine Telefonzelle waren durch Böller gesprengt worden. Menschen waren dabei aber nicht verletzt worden.

Nach einem Heckenbrand war eine Chemnitzer Gaststätte in der Silvesternacht vorübergehend evakuiert worden. Das Feuer sei vermutlich durch Böllerreste ausgelöst worden, wie eine Sprecherin der Polizei am Sonntag mitteilte. Die Flammen griffen dann auf Bäume in unmittelbarer Nähe der Gaststätte über. Vorsichtshalber mussten die etwa 50 feiernden Gäste das Gebäude verlassen. Verletzt wurde nach ersten Angaben aber niemand.

Insgesamt wurden im Bereich der Polizeidirektion Chemnitz zum Jahreswechsel fast 50 Brände registriert. "Das ist im Vergleich zu den Vorjahren schon eine erhebliche Steigerung", sagte die Sprecherin. Der starke Wind und die Trockenheit habe das Entfachen der Brände sicherlich begünstigt. Schwerwiegende Einsätze blieben aber aus.

26 Brände im Bereich Görlitz - Bautzner Spreebrücke wegen Menschenandrang gesperrt

Zahlreiche Brände und handfeste Streitigkeiten haben zudem die Polizei im Bereich Görlitz in der Silvesternacht in Atem gehalten. Insgesamt registrierten die Einsatzkräfte zum Jahreswechsel 26 Brände, wie die Polizei am Sonntag mitteilte. Zumeist habe der unsachgemäße Gebrauch von Feuerwerkskörpern die Brände an Hecken, Mülltonnen und Fahrzeugen ausgelöst, betonte ein Sprecher. Schwerwiegende Verletzungen blieben nach ersten Angaben jedoch aus.

In Görlitz wurden außerdem zwei Polizisten von drei Menschen mit Böllern attackiert. Die Beamten wurden den Angaben zufolge leicht verletzt, sind aber weiter dienstfähig. Zwei Tatverdächtige verbrachten die Nacht im Polizeigewahrsam.

Zahlreiche Einsätze verzeichneten zudem die Rettungskräfte in der Region Döbeln in der Silvesternacht. Ab 20 Uhr am Silvestertag bis in die frühen Morgenstunden ist die Döbelner Gemeindewehr beinahe ununterbrochen im Einsatz gewesen.

In Bautzen musste in der Nacht außerdem die Friedensbrücke gesperrt werden. Rund 1.300 Schaulustige hatten sich auf der Brücke das Feuerwerk zum Jahreswechsel anschauen wollen, weshalb die die Polizei die Brücke für Autos für 90 Minuten dichtmachte.

Schwere Böller-Unfälle auch in Thüringen und Sachsen-Anhalt

In Thüringen zogen sich zwei Männer während der Silvesternacht durch Feuerwerkskörper schwere Verletzungen zu. Ein 42-Jähriger wurde bei Gotha beim Hantieren mit online bestellten Böllern so schwer verletzt, dass ihm beide Unterarme amputiert werden müssen, wie die Polizei sagte. In Schleiz verlor ein 21-Jähriger bei einem Unfall mit einem Sprengkörper eine Hand. Die illegale Kugelbombe sei direkt beim Entzünden explodiert.

Ein Mann aus Weißenfels in Sachsen-Anhalt zog sich schwere Verletzungen zu. Er habe sich "die linke Hand komplett weggesprengt, da war nichts mehr zu retten", sagte Cord Corterier von der Spezialklinik für Handchirurgie in Halle. Außerdem sei der Mann an der rechten Hand verletzt und habe ein Auge verloren.

Bei einem Unfall mit Feuerwerk verlor ein Mann in Jülich an Silvester zwei Finger. Laut Polizei hatte der 27-Jährige mehrere zugelassene Knallkörper miteinander verklebt. Bei der Zündung explodierte das selbstgebastelte Bündel in seiner Hand.

Beim Anzünden von Feuerwerkskörpern auf der Straße wurde ein Fußgänger in Sachsen-Anhalt von einem Auto erfasst und tödlich verletzt. Der 42-Jährige wurde durch die Wucht des Aufpralls am frühen Sonntagmorgen mehrere Meter weit über die Fahrbahn geschleudert, wie die Polizei mitteilte. Er starb noch am Unfallort in Schönebeck (Elbe). Der 61 Jahre alte Autofahrer beging nach dem Unfall Fahrerflucht. Ein Zeuge folgte ihm und konnte ihn laut Polizei zum Umkehren bewegen. Danach wurden bei dem 61-Jährigen 1,86 Promille gemessen. Ihm wurden eine Blutprobe und der Führerschein abgenommen.

Böller-Angriffe auf Berliner Feuerwehrleute und Polizisten

In Berlin wurden Polizisten und Feuerwehrleute beim Löschen eines brennenden Autos "massiv mit Böllern angegriffen", wie die Polizei twitterte. Im Stadtteil Lichtenrade versuchten laut Polizei 60 bis 80 Menschen, ein Fahrzeug mit Feuerwerk anzuzünden. Ebenfalls in Berlin wurden die Scheiben eines Ladens "weggeböllert". Kollegen seien "sprichwörtlich unter Beschuss genommen" worden, twitterte die Polizei, ein Beamter habe Verletzungen erlitten.

Am Vorabend von Silvester warfen junge Leute in Schöneberg Böller auf die Straße und auf Polizisten. Es wurden fünf Beteiligte vorübergehend festgenommen. Ein Polizist sei leicht verletzt worden, aber im Dienst geblieben, sagte eine Sprecherin. Schon am Donnerstagabend hatten etwa 150 Menschen in dem Viertel illegal Knaller und Raketen gezündet und einen Polizeieinsatz ausgelöst.

Ein Polizeiauto fährt vor dem Brandenburger Tor mit Blaulicht durch die Menschenmenge.
Ein Polizeiauto fährt vor dem Brandenburger Tor mit Blaulicht durch die Menschenmenge. © Christophe Gateau/dpa

Die Feuerwehr in der Hauptstadt meldete insgesamt mehr als 1.700 Einsätze, fast 700 mehr als vor einem Jahr während der Corona-Beschränkungen. Von Knallern und Raketen wurden demnach 22 Menschen verletzt. In 38 Fällen seien Einsatzkräfte angegriffen worden, einer der verletzten Retter musste ins Krankenhaus. "Dieses Verhalten ist durch nichts zu rechtfertigen, und ich kann es nur auf das Schärfste verurteilen", sagte Landesbranddirektor Karsten Homrighausen. "Selbst erfahrene Einsatzkräfte waren über die Aggressivität und Gewaltbereitschaft durch zum Teil vermummte Gruppen geschockt", twitterte die Feuerwehr. "Allen 15 verletzten Einsatzkräften Gute Besserung."

Bereits am Silvestertag gab es in einem Wohnhaus im brandenburgischen Teupitz eine Explosion mit zwei Verletzten. Nach Polizeiangaben brach in dem Haus anschließend ein Feuer aus. Ein Großaufgebot der Feuerwehr löschte den Brand. Ein schwer verletzter 24-Jähriger wurde mit einem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus geflogen. Die Polizei ging nach ersten Erkenntnissen davon aus, dass die Explosion durch einen Unfall mit Feuerwerk ausgelöst wurde, mindestens zwei Männer hätten im Keller mit Pyrotechnik hantiert. Beim Löschen des Brandes seien zudem zwei Pistolen entdeckt worden. Ob es sich dabei um Schreckschusspistolen oder andere Waffen handelt, werde noch untersucht. Das Haus war nicht mehr bewohnbar.

Gewerkschaft der Polizei fordert Böllerverbot

Als Reaktion auf die Angriffe mit Böllern und Raketen auf Polizisten und Feuerwehrleute verlangt die Gewerkschaft der Polizei Berlin, mit einem weitgehenden Böllerverbot Ernst zu machen. "Wir haben deutschlandweit gesehen, dass Pyrotechnik ganz gezielt als Waffe gegen Menschen eingesetzt wird", kritisierte GdP-Landeschef Stephan Weh am Neujahrsmorgen. Das müsse ein Ende haben.

Ein Verbot sei aber nur realistisch, wenn nicht erst im Dezember wieder darüber diskutiert werde. Es brauche ein Verkaufsverbot für alle, die nicht beruflich mit Pyrotechnik hantierten. "Viele Baumärkte haben in diesem Jahr bereits klar Stellung bezogen, und auch die Bevölkerung ist dahingehend viel weiter, als man denkt."

In Österreich kam in der Silvesternacht ein 18-Jähriger bei der Explosion eines Feuerwerkskörpers ums Leben. Der Mann hantierte in St. Johann am Steinfelde rund 100 Kilometer südwestlich von Wien nach Polizeiangaben mit einer sogenannten Kugelbombe, die zu früh gezündet habe. Drei weitere Personen seien verletzt worden, eine davon schwer. Der genaue Unfallhergang sei noch unklar, so die Polizei. Kugelbomben werden aus einem Abschussrohr gefeuert.

Beim Karbidschießen zu Silvester kam in den Niederlanden ein 23 Jahre alter Mann ums Leben. Der junge Mann sei nach dem Unfall bei Eindhoven am Samstagnachmittag in eine Klinik geflogen worden, wo er an seinen schweren Verletzungen starb, berichtete die Nachrichtenagentur ANP. Rund 40 Menschen wurden Augenzeugen des Unglücks. Beim Karbidschießen werden Karbidsteinchen in eine Milchkanne oder ein Güllefass gelegt und nass gemacht, so dass sich Gas bildet. Die mit einem Plastikball verschlossene Kanne wird dann über ein Zündloch angezündet, wobei der Ball Dutzende Meter weit geschossen wird und es einen dröhnenden Knall gibt. Das Karbidschießen gehört in den Niederlanden zum immateriellen Kulturerbe, die Tradition stammt von den Germanen.

Krawalle überschatten Silvesternacht in Belgien

In Belgien sind die Neujahrsfeierlichkeiten von Krawallen überschattet worden. Allein in der Hauptstadtregion Brüssel nahm die Polizei in der Silvesternacht rund 160 Personen fest, wie die belgische Nachrichtenagentur berichtete. In Antwerpen gab es demnach ebenfalls mehrere Dutzend Festnahmen.

Hintergrund des Einschreitens Polizei waren den Angaben zufolge unter anderem Angriffe mit Feuerwerkskörpern auf Rettungs- und Sicherheitskräfte. In einem Fall sollen Sanitäter sogar gezwungen gewesen sein, sich von einer Unglücksstelle zurückzuziehen. Sie waren demnach in der Brüsseler Gemeinde Saint-Gilles mit Feuerwerkskörpern attackiert worden, nachdem sie erfolglos versucht hatten, eine aus einem Fenster gestürzte Person wiederzulebeleben.

Nach Angaben der Feuerwehr in Brüssel wurden an verschiedenen Orten der Stadt auch mutwillig Autos, Elektroroller und Müllcontainer in Brand gesteckt. Nach einer vorläufigen Bilanz waren unter anderen 26 Fahrzeuge und rund zwanzig Roller betroffen. (SZ/mit dpa)