Tiflis. Die Fassade bröckelt, bunte Kleider leuchten durch rostige Stäbe. Ilona Imerlishvili hat die Szene fotografiert: ihre Kinder hinter dem Eingangsgitter der neuen Wohnung in der georgischen Hauptstadt Tiflis. Drei Zimmer ohne Balkon und ohne Möbel, ein Luftmatratzen-Lager. Nur Lika Imerlishvili ist auf dem Foto nicht zu sehen. Die Elfjährige geht kaum noch raus.
Acht Jahre hat sie mit ihrer Familie in Pirna gelebt. Vor einem Monat haben sächsische Behörden sie abgeschoben. „Je mehr Tage ich hier bin, desto schlimmer werden meine Gedanken“, sagt ihre Mutter im Videogespräch. „Aber ich verliere die Hoffnung nicht.“ Bei Verwandten kann die Familie nicht wohnen, zu wenig Platz. Die Wohnung mit den Gitterstäben hat sie für zwei Monate gemietet.
Mit den jüngeren Kindern gehen die Eltern oft raus. Die Älteren gucken Videos und sprechen mit Freunden. Nikolos käme bald in die erste Klasse. Sein Ranzen mit passender Sporttasche ist in Pirna geblieben. „Sein Freund hat ihm erzählt, dass sie in der Kita Zuckerfest gefeiert haben“, sagt seine Mutter. „Er musste den ganzen Tag weinen.“ Die meisten Kinder sprechen die Sprache nicht, Lika versteht einige Brocken, aber die Schriftzeichen sind ihr fremd. In Pirna besucht sie die fünfte Klasse des Gymnasiums. In Georgien müsste sie in die erste Klasse.