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Anklage nach Brand von Stadtkirche Großröhrsdorf

Anfang August 2023 zerstört ein Feuer die Stadtkirche von Großröhrsdorf. Schnell ist klar, es war Brandstiftung. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Bautzen Anklage gegen den Tatverdächtigen erhoben.

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Blick auf die Ruine der Stadtkirche von Großröhrsdorf: Das Gotteshaus war Anfang August komplett ausgebrannt.
Blick auf die Ruine der Stadtkirche von Großröhrsdorf: Das Gotteshaus war Anfang August komplett ausgebrannt. © Archivfoto: dpa/Robert Michael

Großröhrsdorf/Bautzen. Gut vier Monate nach dem verheerenden Brand der barocken Stadtkirche von Großröhrsdorf östlich von Dresden ist deren Ruine nahezu enttrümmert. Die Mauerkrone des Kirchenschiffs und der Turmstumpf sind gesichert, die historischen Glocken längst geborgen. "Sie sind nicht mehr nutzbar und sollen später als Mahnmal vor der Kirche aufgestellt werden", berichtete der Pfarrer der evangelischen Gemeinde, Stefan Schwarzenberg, der Deutschen Presse-Agentur.

Über die Reste des großteils zerstörten Gotteshauses werde ein Notdach gespannt. Die Staatsanwaltschaft Görlitz hat gerade Anklage wegen schwerer Brandstiftung gegen einen 41-Jährigen aus der Region erhoben - der Prozess am Landgericht Görlitz könnte Anfang 2024 beginnen.

Die protestantische Kirche war in der Nacht zum 4. August zum großen Teil ausgebrannt. Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, eine mit Benzin gefüllte Flasche durch ein Fenster geworfen und so das Gotteshaus vorsätzlich angesteckt zu haben. "In der Kirche war er nicht", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Motiv für Brandstiftung weiter unklar

Zum Motiv gebe es bisher nur Mutmaßungen, der Beschuldigte sage dazu nichts. "Was er sich dabei gedacht hat, weiß er nur selbst." Zu den Hintergründen macht die Behörde keine Angaben und verweist auch auf die Gerichtsverhandlung.

Die Flammen vernichteten den Dachstuhl, das Innere des Kirchenschiffs und kappten den einst 50 Meter hohen, weithin sichtbare Glockenturm. Viele historische Kunstschätze sowie Teile der Architektur sind verloren. "Alles aus Holz ist weg", sagt der Pfarrer - Kanzel, Orgel, Emporen, Taufbecken, eine geschnitzte Madonna aus dem 15. Jahrhundert und eine Nachbildung des Altars der Leipziger Thomaskirche.

Die protestantische Kirche war in der Nacht zum 4. August zum großen Teil ausgebrannt.
Die protestantische Kirche war in der Nacht zum 4. August zum großen Teil ausgebrannt. © Archivfoto: Feuerwehr Lichtenberg

Bei der aufwendigen Suche in Mauerresten, verkohlten Holzbalken, Asche und Staub sei in den vergangenen Monaten nichts mehr gefunden worden.

Schon eine Woche nach der Katastrophe war klar, dass das Feuer gelegt wurde. Der Mann aus einem Dorf jenseits der Kleinstadt rund 25 Kilometer östlich von Dresden ist seitdem in Untersuchungshaft. Er hatte die Tat gestanden. Die Kriminalpolizei Görlitz ging von einer persönlich schwierigen Lebenssituation des Familienvaters aus, der zudem auch mit der Kirche im Zwist gelegen haben soll. Der Pfarrer sagte, es war eine Beziehungstat. Wut und Aggression über die Rückkehr der Ex-Frau in die Stadt hätten sich "unverständlicherweise an unserem Gotteshaus" entladen.

Noch im August hatte der Kirchenvorstand entschieden, an gleicher Stelle ein neues Gotteshaus zu errichten. Das Konzept für den Wiederaufbau soll in der Diskussion über Ideen und Vorstellungen der Menschen erarbeitet werden.

Die abgebrannte Kirche soll keine Ruine bleiben - sie wird wieder aufgebaut.
Die abgebrannte Kirche soll keine Ruine bleiben - sie wird wieder aufgebaut. © Matthias Schumann

"Wir bauen es gemeinsam wieder auf", berichtete Schwarzenberg. Die Hoffnung sei, dass das, was die Flammen übrig ließen, einbezogen werden kann. Für eine Kirche des 21. Jahrhunderts brauche es Geld, die Versicherung aber zahle nur den Wiederaufbau. Deshalb werden die Spenden, die seit der Katastrophe bei der Gemeinde eingehen, für Barrierefreiheit, Sanitäranlagen oder ein Kirchencafé eingesetzt.

Überwältigende Spendenbereitschaft nach dem Brand

Die Hilfsbereitschaft ist laut Schwarzenberg ungebrochen. Mit Stand 15. Dezember kamen 392.800 Euro zusammen. Diese Solidarität mache Mut, sagte der Pfarrer. Und auch, weil die Kirchgemeinde seit der "schrecklichen Augustnacht" einige Taufen mehr hat und Menschen eintreten.

Pfarrer Stefan Schwarzenberg sitzt vor dem Taufbaum im Gemeindezentrum.
Pfarrer Stefan Schwarzenberg sitzt vor dem Taufbaum im Gemeindezentrum. © Matthias Schumann

"Das verdeutlicht ein Stück Zukunft, dass es weitergeht." Die Menschen rückten zusammen und setzten darauf, dass es genügend junge Leute gibt, die die Kirche dann nutzen, "wenn wir mal nicht mehr sind".

Die seelische Aufarbeitung des Schocks in Kirchgemeinde und Bevölkerung dauert an und schließt auch die Familie des Mannes ein. Die Kirchgemeinde ihres Ortes stiftete nach einem gemeinsamen Gottesdienst am Buß- und Bettag einen Abendmahlskelch. Der ziere den Altar im Interim, als Zeichen, dass "diese schlimme Tat" nicht am Ende steht, erzählte Schwarzenberg. Verzweiflung und Entsetzen seien aber weiter präsent. "Es braucht noch Zeit zur Heilung." (dpa)