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Das große Sylt-Desaster

Das läuft richtig schief: In Krisenzeiten will Sachsens Regierungskoalition sogar die Opposition ersetzen, warnt SZ-Redakteur Gunnar Saft in seiner satirischen Kolumne.

Von Gunnar Saft
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In Krisenzeiten schnell mal nach Sylt flüchten? Das geht jetzt für viele Sachsen nicht mehr. Teure Bahn-Tickets und die Inflation zwingen uns auf die heimische Couch, wo zudem noch schlechte Fernsehnachrichten auf uns warten. Foto: dpa
In Krisenzeiten schnell mal nach Sylt flüchten? Das geht jetzt für viele Sachsen nicht mehr. Teure Bahn-Tickets und die Inflation zwingen uns auf die heimische Couch, wo zudem noch schlechte Fernsehnachrichten auf uns warten. Foto: dpa © dpa

Sie glauben „Zehn Prozent Inflation!“ war die schlimmste Hiobsbotschaft dieser Woche. Weit gefehlt, es geht noch inflationärer. Nehmen wir nur mal das 9-Euro-Ticket, mit dem wir alle diesen Sommer jedes Wochenende nach Sylt hin und zurück gependelt sind, obwohl das gar keinen Spaß machte wegen der überfüllten Züge.

Tatsächlich soll das neue 9-Euro-Ticket künftig satte 49 Euro kosten. Das ist mehr als das Fünffache und damit ist das Teuer-Ticket auch der Hiobsbotschaftssieger der Woche! Da kann sich diese mickrige Inflationsrate ganz weit hinten anstellen. Fakt ist nun, statt für Sylt reicht es ab sofort am Wochenende nur noch für die heimische Couch. Aber aufgepasst, das gute alte Stück sollten wir tunlichst schonen. Eine neue kann sich wegen der zweitplatzierten Inflationsrate auch kein Schwein mehr leisten.

Und wenn Sie künftig jeden Sonnabend und Sonntag vorsichtig auf ihrer Couch liegen, stellen Sie nur nicht die Fernsehnachrichten an: Diese könnten Sie total verwirren! Die größten Kritiker unserer schwarz-grün-roten Staatsregierung kommen nämlich seit einigen Tagen aus dem Regierungslager selbst. Vor allem die SPD, aber auch die Grünen motzten diese Woche im Landtag wegen eines fehlenden sächsischen Hilfspaketes zur Energiekrise derart über ihren Koalitionspartner CDU, dass selbst erfahrene Politikredakteure dachten, sie hätten mindestens zwei Neuwahlen verschlafen. Dem ist aber nicht so: Alle drei Parteien regieren weiterhin gemeinsam den Freistaat, sie mögen sich halt nur nicht mehr. Ältere Ehepaare wissen, was ich meine.

Da wegen der Inflation aber selbst unseren Parteien das Geld fehlt, um nach Sylt zu flüchten, muss im Sachsen-Parlament alles bleiben, wie es ist. Leid tun mir dort nur die Linken und die AfD. Wenn sich die Regierungspartner im Landtag selbst gegenseitig madig machen, wer braucht da noch die Opposition?

Mein Vorschlag: Linke und AfD sprechen mal mit CDU, Grünen und der SPD, ob die sich bitte wieder vertragen. So könnte die Opposition endlich ihre Arbeit machen und andauernd erklären, die drei anderen taugen nicht zum gemeinsamen Regieren, was die Kenia-Koalition dann stets dementiert. Wetten, das wird fast so schön wie im Sommer, als es noch das 9-Euro-Ticket gab.