Sachsen
Merken

Podcast zu Protesten gegen Rechts: "Wir sehen hier eine Bewegung der Vielen"

Im Podcast "Thema in Sachsen" berichtet eine Schülerin, wie sie die Großdemonstration gegen Rechtsextremismus in Dresden mit geplant hat. Ein Protestforscher analysiert die Folgen der Demo-Welle.

Von Fabian Deicke
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Am 21. Januar demonstrieren schätzungsweise mehr als 100.000 Menschen gegen Rechtsextremismus in Sachsen. Auch in Dresden gibt es eine große Demo.
Am 21. Januar demonstrieren schätzungsweise mehr als 100.000 Menschen gegen Rechtsextremismus in Sachsen. Auch in Dresden gibt es eine große Demo. © Veit Hengst/Sächsische.de

Dresden/Leipzig. Die Mehrheit schweigt nicht mehr. Diesen Eindruck erwecken die überall in Deutschland gegenwärtig stattfindenden Demonstrationen gegen Rechtsextremismus. Auch in Sachsen treibt es Menschen auf die Straße, die es sonst für gewöhnlich wohl eher nicht machen. So wie in den vergangenen Tagen in Bautzen, Borna, Hoyerswerda, Döbeln und an vielen weiteren Orten. Der Podcast "Thema in Sachsen" nimmt die Protestwelle, die sich gerade in Gang setzt, einmal genauer unter die Lupe.

Besonders einprägsam waren die Bilder der womöglich größten Demonstrationen zu diesem Thema, die es in Sachsen jemals gab. Am 21. Januar versammelten sich im gesamten Freistaat schätzungsweise deutlich mehr als 100.000 Menschen. Die größten Demos gab es in Leipzig und Dresden. Im Podcast berichtet die 17-jährige Ella, die Mitglied der Klima-Bewegung Fridays for Future ist und bei der Planung der Großdemonstration in Dresden mitgewirkt hat, über das Zustandekommen dieses außergewöhnlichen Ereignisses.

"Wir haben überhaupt nicht damit gerechnet, dass 40.000 Menschen kommen würden. Das war wirklich ein tolles Gefühl", beschreibt die Schülerin rückblickend. Ella erzählt, wieso sie und ihre meist ähnlich jungen Mitstreiter die Aktion überhaupt organisiert haben. "Die Berichte von Correctiv waren ein Weckruf für die breite Gesellschaft und dem wollten wir uns anschließen." Das Recherche-Kollektiv hatte enthüllt, dass sich Rechtsextreme mit AfD-Vertretern bei einem Geheimtreffen über einen "Masterplan" zur massenhaften Ausweisung von Menschen aus Deutschland beraten haben sollen.

Alexander Leistner, Soziologe und Protestforscher an der Universität Leipzig, sieht in diesem Weckruf-Effekt die Stärke der Protestwelle. Er ist ebenfalls zu Gast im Podcast und sagt: "Das Teilnehmerfeld ist wirklich eine überraschende Mischung, es bietet eine große Vielfalt. Weswegen ich schon sagen würde, es ist eine Bewegung der Vielen, die wir im Moment beobachten."

Leistner hat am 21. Januar die Großdemonstration in Leipzig beobachtet. Dort sollen nach Veranstalterangaben bis zu 60.000 Menschen zusammengekommen sein. "Ich glaube, 1991 war das letzte Mal, dass es in Leipzig so eine große Demonstration gab, damals noch im Zuge der Proteste gegen die Treuhand", sagt der Wissenschaftler und hebt damit die historische Besonderheit der Demo hervor.

Welche Folgen haben die Proteste für die AfD?

Die große Frage, die mit den Protesten mitschwingt, ist, ob diese Auswirkungen auf die Wahlen im Osten haben werden. In Sachsen, Thüringen und Brandenburg stehen Landtagswahlen an. Die AfD, gegen die sich die Aufstände richten, befindet sich in allen drei Bundesländern im Umfragehoch, in Sachsen stand sie in der Sonntagsfrage von Sächsische.de Anfang des Jahres bei 37 Prozent.

Mehrere Zehntausend Menschen folgten am 21. Januar dem Aufruf zu einer Demo gegen Rechts und gegen die AfD in die Dresdner Innenstadt.
Mehrere Zehntausend Menschen folgten am 21. Januar dem Aufruf zu einer Demo gegen Rechts und gegen die AfD in die Dresdner Innenstadt. © Foto: SZ/Veit Hengst

"Man muss vorsichtig sein mit Prognosen", sagt Leistner. Aber weil die AfD gemeinhin von vielen ihrer Kernwähler als Protestpartei wahrgenommen werde, könne bei manchen jetzt ein Perspektivwechsel einsetzen. "Das klingt vielleicht erst mal paradox, aber vielleicht führt das dazu, dass Protestwähler damit aus der Fixierung auf die AfD rauskommen."

Dass die Proteste jetzt immer so weitergehen, daran glaubt der Protestforscher nicht. "Zumindest nicht in dieser Intensität." Die 17-jährige Ella plant mit Fridays for Future und dem neu entstandenen überparteilichen Bündnis "Wir sind die Brandmauer" in Dresden am 3. Februar allerdings schon die nächste Großdemonstration. Aber sie stellt auch klar: "Das starke Zeichen hat Mut und Hoffnung gemacht. Aber man muss dann eben auch wählen gehen und sich weiter beteiligen."

Gäste in dieser Folge

Ella ist 17 Jahre alt, besucht ein Dresdner Gymnasium und ist Mitglied der Klima- und Umweltbewegung Fridays for Future. Dass die von ihr und ihren Mitstreitern organisierte Demonstration gegen Rechtsextremismus am 21. Januar so große Resonanz hatte, überraschte auch sie. Im Podcast erzählt sie, wie es jetzt weitergeht.

Die 17-jährige Schülerin Ella blickt auf Dresden. Dass sich in der Stadt am 21. Januar so viele dem auch von ihr organisierten Protest angeschlossen haben, mache ihr Mut, sagt sie im Podcast bei Sächsische.de.
Die 17-jährige Schülerin Ella blickt auf Dresden. Dass sich in der Stadt am 21. Januar so viele dem auch von ihr organisierten Protest angeschlossen haben, mache ihr Mut, sagt sie im Podcast bei Sächsische.de. © Fabian Deicke

Alexander Leistner ist Protestforscher und Soziologe an der Universität Leipzig und dort mitverantwortlich für den Projektverbund "Das umstrittene Erbe von 1989", kurz Erbe89. Vorher war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Jugendinstitut sowie im Sächsischen Landtag tätig. Für seine Dissertation mit dem Titel "Zur Entstehung und Stabilisierung sozialer Bewegungen. Eine historische Soziologie der unabhängigen Friedensbewegung in der DDR" erhielt er im Jahr 2016 den "Max Weber Preis für Nachwuchsforschung".

Alexander Leistner, Protestforscher und Soziologe an der Universität Leipzig sowie Forscher im Projektverbund "Erbe89".
Alexander Leistner, Protestforscher und Soziologe an der Universität Leipzig sowie Forscher im Projektverbund "Erbe89". © Universität Leipzig / Swen Reichhold

So können Sie den Podcast hören und abonnieren

🎙 auf Spotify hören
🎙 mit Amazon Music hören
🎙 mit Apple Podcast hören
🎙 auf Deezer hören
🎙 mit Google Podcast hören

🎙 alle Folgen auf Sächsische.de