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Proteste gegen Rechts: So lief der Demo-Sonntag in Sachsen

Auch in Sachsen gehen am Sonntag Zehntausende gegen Rechtsextremismus und für Demokratie auf die Straße. Es kamen deutlich mehr als angemeldet und erwartet. Der Überblick.

Von Dominique Bielmeier & Julia Vollmer & Susanne Sodan & Anja Sohrmann & Andreas Weller & Henriette Kuhn & Sven Heitkamp
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In Dresden demonstrierten am Sonntag tausende Menschen gegen rechte Politik, vor allem gegen AfD und Werteunion.
In Dresden demonstrierten am Sonntag tausende Menschen gegen rechte Politik, vor allem gegen AfD und Werteunion. © SZ/Veit Hengst

In mehreren Städten Sachsens sind am Sonntagnachmittag zehntausende Menschen gegen Rechtsextremismus, Ausländerfeindlichkeit und für Demokratie auf die Straße gegangen. Hier ist die Zusammenfassung aus den sächsischen Städten.

  • In Dresden versammelten sich am Sonntagnachmittag laut Veranstalter 40.000 Menschen auf dem Schlossplatz. Polizeisprecher Marko Laske wollte keine konkreten Zahlen nennen, sprach von "mehreren Tausend Teilnehmern". Die Demonstration wurde unter dem Titel „Demokratie verteidigen – gemeinsam gegen Rechts“ angemeldet. Das Bündnis "Fridays for Future" hatte dazu aufgerufen, unterstützt unter anderen vom Deutschen Gewerkschaftsbund, der Initiative "Herz statt Hetze", der Diakonie, der SPD, Linke, Dresden Nazifrei und den Grünen. Mehr zum Geschehen in Dresden gibt's hier im Newsblog
  • In Leipzig hatten sich am Sonntag nach ersten Polizeiangaben mehr als Zehntausend Menschen versammelt. Der Marktplatz war nach Angaben einer dpa-Reporterin überfüllt, auch in den Seitenstraßen standen die Menschen dicht gedrängt. Der Demonstrationszug zog sich komplett vom Marktplatz über den Innnenstadtring am Hauptbahnhof vorbei bis zum Augustusplatz – während etliche Demonstranten noch auf dem Markt ausharrten, erreichte die Spitze des Zuges bereits den Augustusplatz. Die Veranstalter sprachen erst von etwa 40.000 Teilnehmern, am Abend von mehr als 60.000. "Wir sind nicht damit einverstanden, was die AfD und deren rechte Netzwerke wollen. Nie wieder Faschismus", sagte Irena Rudolph-Kokot vom Aktionsnetzwerk "Leipzig nimmt Platz", das zu der Demonstration aufgerufen hatte.

  • Trotz klirrender Kälte kamen auch in Görlitz viele Mensch zusammen: Laut Polizei versammelten sich auf dem Marienplatz rund 2.000 Menschen. Stadträte aller Fraktionen waren vertreten, ebenso Vertreter zahlreicher Initiativen. Zu den Rednern zählte auch Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer: „Hier wird niemand remigriert“, rief er, weder der Lieblingsitaliener, noch der Görlitzer Oberbürgermeister – Ursu stammt aus Rumänien – noch ein Wissenschaftler. Hier weiterlesen
  • In Pirna hatten die Netzwerke „Zusammen gegen Rechts“ und „Soziale Vernetzung Sachsen“ zur Demonstration im Friedenspark an der Breiten Straße aufgerufen. Laut Polizei 1.000 Menschen folgten am Sonntagnachmittag dem Aufruf unter dem Motto „Zusammen gegen Rechts – Wir sind der Aufschrei der Zivilgesellschaft!“. Hier erfahren Sie mehr über die Demo.

  • In Radeberg versammelten sich ab 15 Uhr etwa 700 Menschen unter dem Slogan "Zusammen gegen Rechts" auf dem Marktplatz, unter ihnen auch Kommunalpolitiker und Unternehmer. Hier weiterlesen

  • Auf dem Obermarkt in Döbeln wurden Zusammenhalt gegen rechts, Grundrechte und Demokratie beschworen. Die etwa 300 Teilnehmer kamen aus allen politischen Lagern und Altersgruppen. Hier weiterlesen

Eindrücke von der Demo in Dresden
Eindrücke von der Demo in Dresden © Veit Hengst
So läuft die Demo in Dresden
So läuft die Demo in Dresden © Veit Hengst
So läuft die Demo in Dresden
So läuft die Demo in Dresden © Veit Hengst
Demoplakat in Dresden
Demoplakat in Dresden © Veit Hengst
Demonstranten ziehen durch die Dresdner Innenstadt.
Demonstranten ziehen durch die Dresdner Innenstadt. © Andreas Weller
Die Demo gegen Rechtsextremismus begann in Görlitz kurz nach 14 Uhr.
Die Demo gegen Rechtsextremismus begann in Görlitz kurz nach 14 Uhr. © undefined
Laut Polizei gab es in Görlitz rund 2.000 Teilnehmende.
Laut Polizei gab es in Görlitz rund 2.000 Teilnehmende. © undefined
Im Friedenspark in Pirna versammelten sich etwa 500 Menschen.
Im Friedenspark in Pirna versammelten sich etwa 500 Menschen. © Jörg Stock
Motto der Demo in Pirna: „Zusammen gegen Rechts – Wir sind der Aufschrei der Zivilgesellschaft!“
Motto der Demo in Pirna: „Zusammen gegen Rechts – Wir sind der Aufschrei der Zivilgesellschaft!“ © Jörg Stock
In Radeberg demonstrierten ca. 700 Menschen gegen rechts.
In Radeberg demonstrierten ca. 700 Menschen gegen rechts. © Verena Belzer/SZ

Die große bisher stille Mitte sei aufgestanden, sagte Sachsens Sozialministerin Petra Köpping, die die Demonstration in Leipzig begleitet hatte. "Sie steht auf, weil sie es nicht länger bieten lässt, wie AfD und andere Rechtsextremisten unser Land in den Untergang treiben wollen, wie sie planen Millionen Menschen zu deportieren, wie sie offen und ungeniert die Jagd auf Demokratie und Demokrat:innen eröffnen", so die SPD-Politikerin in einer Mitteilung.

Am Montag soll es noch zwei weitere Demonstrationen geben. In Zittau soll ab 18 Uhr auf dem Marktplatz demonstriert werden, in Meißen ab 19 Uhr ebenfalls auf dem Marktplatz.

Demos in großen Teilen Deutschlands - Abbruch in München

In München brach der Organisator eine Demonstration gegen rechts mit mindestens 80.000 Menschen wegen Überfüllung ab. Die Sicherheit der Teilnehmer sei nicht mehr zu gewährleisten, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag. Der Veranstalter sprach sogar von 250.000 Demonstrierenden. Zehntausende Menschen gingen auch in vielen anderen Orten auf die Straße, etwa in Köln und Bremen.

Am Samstag hatten Polizei und Veranstalter bereits insgesamt mindestens 300.000 Menschen gezählt. Schwerpunkte waren Hannover, Frankfurt und Stuttgart. Im Osten Deutschlands zählte Halle zu den Orten, in denen sich eine größere Zahl an Demonstranten versammelten. Die Polizei sprach dort von rund 16.000 Teilnehmern.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dankte den Demonstranten für ihren Einsatz für die Demokratie. "Diese Menschen machen uns allen Mut. Sie verteidigen unsere Republik und unser Grundgesetz gegen seine Feinde. Sie verteidigen unsere Menschlichkeit", sagte er am Sonntag in Berlin in einer Videobotschaft. Ganz unterschiedliche Menschen seien auf die Straße gegangen. "Aber sie alle haben eines gemeinsam: Sie stehen jetzt auf gegen Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Sie wollen auch in Zukunft frei und friedlich zusammenleben." Nötig sei jetzt ein Bündnis aller Demokratinnen und Demokraten. "Die Zukunft unserer Demokratie hängt nicht von der Lautstärke ihrer Gegner ab - sondern von der Stärke derer, die die Demokratie verteidigen. Zeigen wir, dass wir gemeinsam stärker sind." Mehr zu den bundesweiten Demos lesen Sie hier.

Correctiv-Recherche zu Geheimtreffen in Potdam

Das Medienhaus Correctiv hatte vorige Woche über ein bis dahin nicht bekanntes Treffen in Potsdam im November berichtet, an dem neben rechten Aktivisten auch Politiker der AfD und der CDU teilgenommen hatten. Der Verein Werteunion bestätigte am Mittwoch erstmals offiziell, dass auch zwei seiner Mitglieder dabei waren. Bei der Zusammenkunft hatte der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, nach eigenen Angaben über das Konzept der sogenannten Remigration gesprochen.

Der Bericht von Correctiv hatte sehr große Aufmerksamkeit erregt. AfD-Chefin Weidel hatte sich nach dem ersten Bericht von ihrem Mitarbeiter Roland Hartwig getrennt, der beim Potsdamer Treffen war. Infolge der Correctiv-Recherche nahm auch die Debatte über ein mögliches AfD-Verbot wieder Fahrt auf.

Debatte über Entzug von Grundrechten

Neben einem möglichen Verbotsantrag wird auch über einen Antrag auf Entzug von Grundrechten für herausragende Verfassungsfeinde diskutiert. Bis Donnerstagvormittag verzeichnete eine Unterschriftensammlung, die sich gegen den Thüringer AfD-Partei- und Fraktionschef Björn Höcke richtet, mehr als 1,3 Millionen Unterschriften. Der Thüringer AfD-Landesverband wird vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft. (mit dpa)