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Angebliche Mordpläne gegen Kretschmer: Ermittlungen eingestellt

Der Verdacht, radikale Impfgegner hätten ein Attentat auf den sächsischen Ministerpräsidenten geplant, hat sich nicht bestätigt. Trotzdem bleibt ein schwerer Vorwurf übrig.

Von Karin Schlottmann
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Im Haus eines der Beschuldigten suchte die Polizei während einer großangelegten Razzia im Dezember vor zwei Jahren nach Beweisen für die Mordpläne. Foto: Tobias Wolf
Im Haus eines der Beschuldigten suchte die Polizei während einer großangelegten Razzia im Dezember vor zwei Jahren nach Beweisen für die Mordpläne. Foto: Tobias Wolf © Tobias Wolf

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat die Ermittlungen wegen angeblicher Mordpläne gegen Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) eingestellt. Der Verdacht, zehn Männer im Alter zwischen 34 und 66 Jahren hätten eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, habe sich nicht bestätigt, teilte Behördensprecher Patrick Pintaske auf Anfrage mit.

Nach einem TV-Bericht im Dezember 2021 über eine Chatgruppe radikaler Impfgegner hatte das Landeskriminalamt mit 140 Beamten Wohnungen in Dresden und Umgebung durchsucht. Mehrere Kisten Beweismaterial wurden sichergestellt, Haftbefehle gab es nicht.

Einer der zehn Beschuldigten muss sich nun wegen des Vorwurfs eines Verbrechens nach dem Betäubungsmittelgesetz und Verstößen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz demnächst vor dem Schöffengericht verantworten. Bei ihm seien zwei verbotene und drei erlaubnispflichtige Waffen, 500 Gramm einer schwarzpulverartigen Mischung, 47 nicht zugelassene Blitzknallkörper sowie mehr als 700 Gramm selbstangebautes Cannabiskraut sichergestellt worden.

Schussfähiger Revolver

Gegen einen zweiten Mann will die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Erlass eines Strafbefehls wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz einreichen. In seiner Wohnung sei ein schussfähiger Revolver gefunden worden, sagte ein Sprecher.

Das ZDF hatte im Dezember 2021 in der Sendung „Frontal 21“ über eine Chatgruppe aus dem Raum Dresden berichtet, die angeblich einen Mordanschlag auf Kretschmer plante. Als Beleg veröffentlichte der Sender Zitatschnipsel aus einer Telegram-Chatgruppe sowie eine kurze Filmaufnahme eines Treffens in der Dresdner Heide.

Die Generalstaatsanwaltschaft kam nach Auswertung des Chats, der sich an verschiedenen Abenden jeweils über Stunden hinzog, zu dem Schluss, dass die Verdächtigen tatsächlich weit davon entfernt waren, Gewalttaten zu planen. Die geäußerten Ideen seien realitätsfern und unkonkret gewesen. Obwohl sich die Chatgruppe unbeobachtet fühlte, sei die Schwelle zu einem Tatentschluss zu keinem Zeitpunkt überschritten worden.

Angst vor Zwangsimpfungen

Die Gespräche drehten sich überwiegend um die Corona-Pandemie und die Impfkampagne der Regierung. Die Aufnahmen der Debatten, die der Sender inzwischen auf Youtube veröffentlicht hat, legen nahe, dass die Chat-Gruppe offenbar geglaubt hatte, Impfteams würden von Tür und Tür gehen und die Bürger gegen ihren Willen impfen.

Die Drohung, „da sollen sie mal kommen, ich nehm da vorher noch einen mit“, richteten sich wohl gegen diese Impfteams, die es aber nur in der Fantasie der Chat-Teilnehmer gab. Immer wieder kreisten die Äußerungen um Verschwörungstheorien, Corona und den Staat.

Aussagen über Gewalttaten und Waffen wurden, so das Fazit der Ermittler, gleich relativiert und von den Chatteilnehmern selbst in Zweifel gezogen. Dass die sichergestellten Waffen tatsächlich für eine schwere staatsgefährdende Gewalttat verschafft und verwahrt worden seien, lasse sich nicht nachweisen. Auch eine Vernetzung der Dresdner Gruppe mit dem rechtsextremen Nachrichtennetzwerk „MzW-News“ habe es nicht gegeben.