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Wie die Bauernschänke Röhrsdorf zwischen Dresden und Pirna um Gäste kämpft

Vater und Sohn bewirtschaften die Gaststätte seit zwölf Jahren. Die Vorgänger scheiterten trotz "Kochprofis". Jetzt gibt es Sorgen, bei denen kein Fernsehen hilft.

Von Heike Sabel
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Jürgen Przybyl zapft das Bier in der Bauernschänke Röhrsdorf, während sein Sohn in der Küche steht.
Jürgen Przybyl zapft das Bier in der Bauernschänke Röhrsdorf, während sein Sohn in der Küche steht. © Norbert Millauer

Jürgen Przybyl zählt all seine Gastronomen-Stationen auf. Lauchhammer, Oybin, Hohnstein, Großröhrsdorf, Pirna, Königstein, Dresden. Immer musste er nach ein paar Jahren wieder wechseln. Mal wegen Baufälligkeit des Gebäudes, mal wegen unklaren Haus-Eigentumsverhältnissen, mehrfach wegen Hochwasser. Immer war was Schlimmes. In der Bauernschänke Röhrsdorf ist er nun so lange wie noch nirgends. Seit 2011. Was Schlimmes ist hier bisher nicht passiert. Aber gut ist es trotzdem auch nicht.

Przybyl bewirtschaftet die Bauernschänke nach dem Tod seiner Frau mit seinem Sohn Nico allein, ab und zu haben sie Verstärkung im Service. Der Standort auf dem Bauernmarkt ist eigentlich nicht schlecht. Dennoch hatten die Vorgänger so ihre Probleme. 2010 hatten sie versucht, mithilfe der "Kochprofis" aus dem Fernsehen neuen Schwung in Küche und Gaststätte zu bringen. So gut gemeint das war, das Angebot passte nicht zu einer Bauernschänke auf einem Bauernmarkt. Doch was passt? Das ist die Frage, die sich Vater und Sohn Przybyl inzwischen täglich stellen.

Nichts aus der Tüte

Wie bei so vielen kam der Einbruch mit bzw. nach Corona. Bis dahin sei man gut um die Runden gekommen. Dann durften sie erst nicht mehr, dann hatte sich das Verhalten der Gäste verändert. Das hält bis heute an. Dazu kam voriges Jahr eine Erhöhung der Pacht. In schlechten Monaten arbeiten Vater und Sohn bis fast die Hälfte des Monats für die Pacht. "Das macht uns kaputt", sagt Przybyl. Der Dezember 2022 war der schlimmste Monat bisher. Nach zwei Jahren Zwangspause haben die Leute ihr Geld lieber wieder auf den Weihnachtsmärkten ausgegeben und wegen der Energie- und sonstigen Preise den Rest zusammengehalten.

Sein Sohn Nico fasst es so zusammen: Viele Gäste wollen so viel wie möglich für so wenig wie möglich Geld. Statt eines Biers wird nur ein Wasser getrunken, statt eines Hauptgerichts wird nur eine Soljanka gegessen und was Neues wird kaum probiert. Das "Geeiste Apfelsüppchen" wollte im Sommer keiner, dafür sind Flecke der Renner, doch das Eisbein für 18,60 Euro ist zu teuer. "Bei uns wird alles frisch zubereitet, da gibt es nichts aus der Tüte, natürlich dauert es da auch mal länger", sagt Nico Przybyl. Wer ein Schnitzel bestellt, hört, wie der Koch es in der Küche klopft.

Was die Beiden finanziell durchhalten lässt, sind die Feiern. Kräftemäßig gehen sie da schon an ihre Grenzen. Da rotieren sie und fühlen sie trotzdem wohl, weil gebraucht und gefordert. Die Gäste können fürs Büfett unter anderem aus vier Suppen, vier Vorspeisen, kalten, warmen und Fischplatten, sieben Salaten und sechs Desserts wählen.

Die Preise und der Idealismus

Vater Jürgen Przybyl ist schon immer Kneipier, sagt er. In DDR-Zeiten begann er in Lauchhammer. Sein Sohn Nico wollte eigentlich Tierarzt werden und hat deshalb Abitur gemacht. Er lernte dann Koch bei den Eltern und arbeitete bis auf einen Abstecher in Österreich immer mit den Eltern.

Die Preise sind immer Thema. Schon in Pirna und Dresden bezahlen die Leute zum Teil noch mehr. Doch Röhrsdorf ist eben weder Pirna noch Dresden. Billiger verkaufen bedeutet Minus; teurer, dass niemand mehr kommt. "Wer heute in der Gastronomie arbeitet, braucht mehr als vorher ein großes Stück Idealismus. Doch die Leute machen ihn immer öfter kaputt", sagt Nico Przybyl. Es klingt etwas resigniert.

Auf dem Bauernmarkt herrscht an diesem späten Nachmittag reger Betrieb. Die Gaststätte aber ist leer. Nachmittags zu schließen, lohnt sich nicht, weil beide in Hohnstein wohnen. In zwei Jahren wird Nico Przybyl 50. Dann will er entscheiden, wie es weitergeht. Seit Vater ist dann 71.

Öffnungszeiten: Mittwoch und Donnerstag, 11 bis 18 Uhr, Freitag bis Sonntag, 11 bis 20 Uhr (bei Feiern länger).